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Hochzeit in Glenrae

Hochzeit in Glenrae

Titel: Hochzeit in Glenrae
Autoren: Shirley Kemp
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1. KAPITEL
    Jenna riss das Lenkrad herum, um dem Felsblock auszuweichen, der plötzlich in der letzten Biegung der Doppelkurve auf der Straße vor ihr auftauchte. Zu spät. Der Wagen traf mit der Fahrerseite krachend auf den Steinbrocken, schlitterte an den Straßenrand und blieb stehen.
    Der Lärm, den der Zusammenstoß verursacht hatte, hallte im Tal wider.
    Suzie war nach vorn geschleudert und durch den Aufprall wach geworden. Mit ihren großen blauen Augen blickte sie ihre Schwester entsetzt an.
    “Oh Gott, Jenna! Was ist passiert?”
    “Es lag nur ein Stein auf der Fahrbahn, Liebes”, sprach Jenna beruhigend auf das kleine Mädchen ein. “Kein Grund zur Aufregung. Bist du verletzt?”
    “Das weiß ich nicht. Mein Kopf tut weh.”
    “Wo?” Die Ruhe bewahren, ermahnte Jenna sich, als sie die Schwellung an Suzies Schläfe sah. “Tut es sehr weh?” Vorsichtig legte Jenna den Finger auf die Beule, die sich vor ihren Augen zu vergrößern schien.
    Suzie zuckte zusammen. “Ein bisschen. Mein Kopf fühlt sich so komisch an.”
    “Komisch? Fühlst du dich schläfrig?”
    “Ja.” Prompt begannen Suzie die Augen zuzufallen.
    “Nicht einschlafen.” Jenna versuchte, sich das Wenige in Erinnerung zu rufen, das sie über Erste Hilfe wusste. Musste man bei Gehirnerschütterung nicht darauf achten, den Verletzten wach zu halten? “Bist du sonst noch irgendwo verletzt?”
    “Weiß nicht.”
    Jenna beugte sich über das Kind, um es zu untersuchen, und verspürte einen stechenden Schmerz im linken Handgelenk. Ihre Finger waren taub und ließen sich nicht bewegen. Entsetzt stöhnte sie auf. Ein gebrochenes Handgelenk fehlte ihr gerade noch!
    Im Moment galt ihre Hauptsorge jedoch der kleinen Schwester.
    “Tut dir sonst noch etwas weh?” Mit der gesunden Hand tastete Jenna die schmale Gestalt des Mädchens ab. Als Suzie schläfrig sagte: “Nein, nur mein Kopf”, atmete Jenna auf.
    “Gib dir Mühe, wach zu bleiben, Liebes. Jetzt müssen wir überlegen, was als Nächstes zu tun ist.”
    Vorsichtig bewegte sie ihre Gliedmaßen. Bis auf das schmerzende Handgelenk schien alles in Ordnung zu sein. Sie versuchte, die Wagentür zu öffnen, doch die ging nur einen Spaltbreit auf, und neben der Tür auf der Beifahrerseite gähnte ein Abgrund.
    Jenna ließ sich niedergeschlagen auf dem Sitz zurücksinken.
    Suzie und sie saßen ganz schön in der Patsche. Die letzte Stunde Fahrt über die Landstraßen war ein Albtraum gewesen. Sie waren schmal, steinig und von tiefen Schlaglöchern durchzogen. Letztere stammten vermutlich von den Wassermassen, die als Folge der starken Regenfälle der letzten Tage von den steil aufragenden Felshängen heruntergebraust sein mussten. Vermutlich ist der Felsbrocken, der uns zum Schicksal geworden ist, durch den letzten schweren Regenguss losgeschwemmt worden, dachte Jenna. Schaudernd wurde ihr bewusst, dass sie in das unter ihnen liegende Tal gestürzt wären, wenn der Wagen noch etwas weiter nach rechts geschlittert wäre.
    Sie schaute sich genauer um. Die Gegend wirkte trostlos, besonders jetzt, im Nieselregen. Das leicht überhängende Felsmassiv linker Hand verdunkelte die Fahrbahn, deren Außensenkung zwangsläufig den Wagen in Richtung Abgrund hatte rutschen lassen. Die Landschaft unterhalb zog sich kilometerweit öde und einförmig dahin, und die Aussicht, dass ein anderer Wagen über diese abgelegene Straße kam, schien äußerst gering zu sein.
    Jenna seufzte schwer und versuchte, das Seitenfenster herunterzukurbeln. Sie musste sich unbedingt den Schaden ansehen. Vielleicht gelang es ihr, durch das offene Fenster ins Freie zu kommen, dann irgendwo im Tal ein Haus zu entdecken …
    “Alles in Ordnung?”
    Der Klang der tiefen Stimme und der Anblick der dunklen Gestalt, die unvermittelt neben der Fahrerseite des Autos aufgetaucht war, ließen Jenna zusammenzucken.
    “Wie … wo …” Sie räusperte sich. “Was hat Sie denn hergetrieben?”
    “Ich hörte es krachen.” Der Mann keuchte, als sei er eine ziemlich lange Strecke gerannt. “Ist jemand verletzt?”
    “Meine Schwester Suzie hat eine Beule am Kopf, aber ich hoffe, es ist nichts Ernstes.” Schwach vor Erleichterung über die unerwartete Hilfe, fuhr Jenna fort: “Und mein Handgelenk hat etwas abbekommen. Sonst scheint uns nichts passiert zu sein.”
    “Gott sei Dank.”
    Sie blickte den Fremden forschend an. Sein Gesicht war zum Teil durch den hochgeschlagenen Jackenkragen verdeckt, dennoch sah sie, dass der Mann bleich
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