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Stirb

Stirb

Titel: Stirb
Autoren: Hanna Winter
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abgestoßen, dich nackt zu sehen … dich zu berühren … Nichts als Hass habe ich empfunden, und einzig die Vorfreude auf den Tag, an dem ich dich töten würde, half mir, die Fassade aufrechtzuerhalten. Natürlich hätte ich dich schon lange vorher umbringen können, doch es wäre nicht das Gleiche gewesen. Zum einen war am siebenundzwanzigsten Mai der Todestag meiner geliebten Eltern, zum anderen musste ich mich an die Absprache mit Arne halten, um dieser kleinen Erpressung ein Ende zu machen.«
    »Du dachtest allen Ernstes, er überlässt dir die gesamten Sicherungsdateien?« Plötzlich breitete sich ein spöttisches Grinsen auf Laras mittlerweile blutüberströmtem Gesicht aus. »Du hast keine Chance – Arne hat dir niemals alle Dateien überlassen!«
    »Red keinen Scheiß, bis eben hast du ja nicht mal von der Existenz dieser Dateien gewusst!«
    »Allerdings habe ich mit eigenen Augen gesehen, wie Arne vor seinem Laptop gesessen hat und eine Sicherungs-CD nach der anderen gebrannt hat.« Sie sah aus dem Fenster. »Aber sicherlich ging es dabei bloß um andere sehr wichtige Daten …«
    »Halt’s Maul, Fotze!« Kleine Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn, während er vom Hals an rot wurde. »Du bluffst doch!«
    »Er ist allein zweimal losgegangen, um neue Rohlinge zu besorgen«, machte Lara weiter und sah, wie es in Frank arbeitete. »Zufälligerweise habe ich gesehen, wo er diese Päckchen verstaut hat …« Wenn sie es schaffen würde, Frank zu verunsichern, würde er vielleicht noch einmal umkehren, um die vermeintlichen Päckchen zu entsorgen. Zeit zu schinden schien ihr im Moment das einzig Sinnvolle zu sein, wenigstens so lange, bis sie einen besseren Plan hatte.
    »Halt’s Maul, hab ich gesagt!« Er fuchtelte mit dem Messer vor ihrem Gesicht herum. Ein mörderisches Leuchten trat in seine Augen. »Ich werde dich umbringen, Lara Simons …«
    »Das wirst du nicht!«, ertönte es plötzlich wie aus heiterem Himmel vom Rücksitz.
    Emma fuhr hoch und presste Frank den Elektroschocker, der unter dem Sitz nach hinten gerutscht war, mit einem aufgestauten schrillen Schrei und voller Wucht in den Nacken. »Deinen blöden Tee habe ich nie getrunken!« Der Stromstoß von einhunderttausend Volt ließ Frank sekundenlang erzittern. Er verlor die Kontrolle über den Wagen, in dem sich der Geruch von verbranntem Fleisch ausbreitete. Frank sackte aufs Lenkrad, und ein nicht enden wollendes Hupen ertönte, während der Saab scharf nach rechts zog.
    »Die Klippen!«, schrie Emma, als der Wagen geradewegs auf den Abgrund zusteuerte. Gemeinsam versuchten sie, Frank vom Steuer zu zerren, um die Kontrolle über den Wagen zu erlangen. Doch Franks Fuß hatte sich unter den Pedalen verheddert und der Wagen beschleunigte sogar noch.
    »Halt dich fest!«, brüllte Lara und zog reflexartig die Handbremse an.
    Die Räder blockierten, und der Wagen machte eine Vollbremsung. Lara schlug mit dem Kopf gegen das Beifahrerfenster. Staub wirbelte auf, als der Saab mit quietschenden Reifen quer über die Fahrbahn in Richtung Klippen schlitterte, bevor er nach einer drei viertel Umdrehung am steilen Abhang zum Stillstand kam. Die Vorderräder ragten bereits über den Abgrund, und der Wagen wippte bedrohlich vor und zurück.
    Eine Sekunde lang herrschte Totenstille.
    Lara sah sich nach ihrer Tochter um.
    »Bist du okay?« Zaghaft nickte Emma und traute sich kaum mehr zu atmen, als plötzlich ein scharrendes Geräusch laut wurde, das nichts Gutes verhieß.
    »Raus hier!«, schrie Lara. »Schnell!« Der Wagen schwankte gefährlich, als Lara auf die Rückbank kletterte und hinter Emma aus dem Wagen krabbelte.
    Kaum hatten sie wieder festen Boden unter den Füßen, wischte Lara sich das Blut aus dem Gesicht und drückte Emma erleichtert an sich.
    Dann tippte sie mit zittrigen Fingern die 110 in ihr Telefon. »Ein Notfall! Unser Wagen – er stürzt von den Klippen!«, stieß sie hervor und vergaß in der ganzen Aufregung, ihren Namen zu nennen.
    »Ja, nein, ich glaube, irgendwo an der Küstenstraße am oberen Streckenabschnitt der B 96«, gab sie der Stimme am anderen Ende der Leitung hastig zur Antwort. Plötzlich hielt sie inne, als sie von ferne einen herannahenden Hubschrauber hörte.
    Lara ließ die Hand mit dem Blackberry sinken und schaute gen Himmel, als ein Polizeihubschrauber über die mächtige Kreidefelswand geflogen kam. Lara und Emma winkten mit beiden Armen, bevor der Helikopter gut dreißig Meter hinter ihnen
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