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Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Stiller Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: Roger Smith
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drei Dimensionen dreht, Texture Maps aus seinen blutigen Referenzfotos entwickelt, formt, korrigiert, diesen groben Rohling zwingt, sich Vernon Saul anzugleichen.
    Exley kämpft gegen die Uhr, ja, aber er kämpft zudem gegen etwas anderes: die Angst, dass er das hier zu gut hinbekommen könnte, das perverse Schwein vielleicht zu lebensecht macht und dadurch irgendwie in die dunkle Seite hinübergreift und ihn zurückholt, mit seinen Killeraugen und dem verkümmerten Bein, Blut und Salzwasser hinter sich herziehend.
    Exley modifiziert das Gratismodell eines US-Marine, das er onlinein einer Public-Domain-Datenbank gefunden hat, weil er nicht das Risiko eingehen wollte, seine Kreditkarte zu benutzen, um bei irgendeiner Special-Effects-Firma in Hollywood ein ausgereifteres Modell zu kaufen. Das Teil, mit dem er jetzt arbeitet, ist unpräzise, und die Hände sind plumpe Pranken, aber nachdem er den behelmten Kopf abgeschnitten und durch Vernons ersetzt hat, bleibt ihm ein kräftiger brauner Mann, der eine Uniform mit Stiefeln und kugelsicherer Weste trägt.
    Exley nimmt sich das linke Bein vor und schrumpft es mit ein paar Mausklicks entlang der Längsachse, bis es Vernons verkümmerter Gliedmaße ähnelt. Wenn die Figur sich bewegt, wird der Hosenstoff um das dürre Bein nicht flattern wie im wirklichen Leben. Die Zeit sitzt Exley im Nacken, und solche Spielereien kann er sich nicht leisten.
    Er ruft die MoCap-Daten von Vernons Aufnahme nach Sunnys Beerdigung auf und loopt eine Sequenz von ihm, in der er geht, vervielfacht perfekt dieses Stapfen und Nachziehen. Exley verbindet die MoCap-Daten mit dem 3D-Modell, positioniert die virtuelle Kamera so, dass sie wie aus dem Blickwinkel der Überwachungskameras auf Vernon herabblickt, und setzt die Figur in Bewegung. Und da ist er, Vernon Saul, mit seinen Rausschmeißerschultern und seinem schlingernden Gang.
    Plötzlich liegt der schwere Geruch von billigem Haargel und Schweiß in der Luft, und Exley sieht den Toten tief unter Wasser, dicht über dem Meeresgrund schweben, sieht, wie die Arme vom Körper wegtreiben, das Haar sich in der Strömung wellt, der fleckige Verband von seinem Arm davonschwimmt. Dann geht ein Ruck durch Vernons Körper, wie nach dem Schockstoß eines Defibrillators, und die Augen flattern und die Finger krümmen sich und die Beine beginnen zu treten, das gesunde mit kraftvollen Bewegungen, das verkümmerte strampelnd daneben, und er stößt durchs Wasser nach oben, durchbricht die Oberfläche, saugt Luft ein, hält Ausschau nach Land.
    »Mein Gott«, sagt Dawn, »das ist er.«
    Exley hat nicht gehört, dass die Schiebetür aufgegangen ist, und er lässt erschreckt die Maus los, ehe er sieht, dass Vernon noch immer sicher im Monitor gefangen ist.
    Dawn, das Gesicht abgespannt und eingefallen – große Augen und vor Erschöpfung hohle Wangen –, blickt vom Bildschirm zu Exley. »Hey, alles okay, Nick?«
    »Ja, mir geht’s gut«, sagt er.
    Dawn stellt eine Cola neben die Tastatur, geht rückwärts aus dem Raum und sagt: »Scheiße, echt gruselig, Nick. Wow«, und er weiß nicht, ob sie ihn damit meint oder den animierten Vernon, der auf einem Laufband humpelt.
    Exley drückt die Pausetaste, stemmt sich aus dem Sessel, nimmt die Cola und geht aus dem Studio, sieht das erste schwach bläuliche Morgenlicht den Himmel draußen über dem Ozean verfärben. Der Wind heult noch immer, peitscht Gischt und Schaum Richtung Haus.
    Das Wohnzimmer ist blendend sauber, die Fliesen reflektieren das harte Licht der Halogenspots. Dawn ist in der Nähe der Küche, füllt einen Müllsack mit Papiertüchern und schmutzigen Lappen.
    »Hast du ein bisschen geschlafen?«, fragt Exley.
    »Mach ich jetzt.«
    »Ich komm nach, sobald ich fertig bin.« Er tritt auf sie zu, umarmt sie unbeholfen und verlegen, spürt die verspannten Stränge in ihrem Hals und den Schultern. Er streift mit trockenen Lippen ihre Stirn – ihr Haar riecht stark nach Reinigungsmitteln – und verschwindet zurück ins Studio.
    Exley überträgt das gerenderte Modell auf seine Compositing-Software. Passt die Kamerawinkel an. Schwächt die Farbe des digitalen Vernon ab, passt sie dem beinahe monochromen Überwachungsvideo an. Legt einen Spezialeffekt auf das Modell, der die ruckartigen Stakkatobewegungen des Videos erzeugt. Schrumpft den gehenden Vernon, um die Perspektive der Kameras zu kopieren.
    Schließlich legt er einen Geräuschnebel über das Ganze, digitalesRauschen, Wabern, Überlappen, sodass es
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