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Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Stiller Tod: Thriller (German Edition)

Titel: Stiller Tod: Thriller (German Edition)
Autoren: Roger Smith
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Karton auf, der an der Wand des mit Teppichboden ausgelegten Flurs lehnte, und ging zu Sunnys Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen. Sunny lag auf dem Bauch, umgeben von einem Haufen Spielsachen. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, und sie lächelte zu ihm hoch, die Augen noch geschlossen.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sunny«, sagte Exley. Das Geschenkpapier knisterte, als er sich aufs Bett setzte.
    »Was ist das?« Sie schlug die verschlafenen Augen auf und wollte nach dem Paket greifen.
    Er hielt es knapp außerhalb ihrer Reichweite. »Wirst du schon noch sehen. Zuerst haben wir was zu erledigen.«
    »Was denn, Daddy?«
    »Was wir immer machen, Schätzchen. Was wir immer machen.«
    Exley hob Sunny aus dem Bett, ihr Körper warm und duftend unter dem Schlafanzug, und trug sie zusammen mit dem Geschenk die Treppe hinunter in sein Studio, das er über die Jahre hinweg trotz aller Umzüge beibehalten hatte, weil er von seiner Arbeit zu besessen war, um ohne sie auszukommen.
    Er schob die getönte Glastür hinter ihnen zu. Das Murmeln des Ozeans wurde vom Rauschen der Klimaanlage übertönt. Bildschirme starrten ihn blind an, und das glänzende Gehäuse einer Workstation schimmerte im Lichtschein der versteckten Spotlights. Er fuhr den Computer hoch, hörte das statische Knistern, als die Monitore erwachten.
    Exley zog seine Tochter aus und zwang ihren zappelnden Körper in ein hautenges, schwarzes Outfit – den ersten Motion-Capture-Anzug, den er für sie hatte maßanfertigen lassen. Die Lieferung war tags zuvor erst gekommen.
    Als sie ein Jahr alt geworden war, in Paris, war es ein Strampler mit vielen eingenähten Sensoren gewesen, der ihre tollpatschigen, wackeligen Gehversuche für alle Zeit aufgezeichnet hatte. Ein Donald-Duck-Schlafanzug hatte diese Aufgabe an ihrem zweiten Geburtstag übernommen, der in einem Stadthaus in Santa Monica gefeiert worden war, und an ihrem dritten war es ein enges T-Shirt mit Leggings gewesen, als sie in ihrer Londoner Wohnung Fiona aus Shrek nachgeahmt hatte.
    Unverändert war stets das Gitterwerk aus winzigen, schwerelosen digitalen Markern geblieben, die auf ihrem Körper verteilt waren, das Nervensystem der Motion-Capture-Erfindung, die ihn zu einem reichen Mann gemacht hatte (massenhaft an Trickzeichner verkauft, an Special-Effects-Firmen und Computerspiele-Entwickler) und ihn für drei Monate hierher nach Kapstadt gebracht hatte.
    Diese Sensoren, die auf die kleinste Bewegung reagierten, übertrugen die Essenz von Sunny in Tausende digitale Impulse, die wiederum in den Computer eingespeist wurden, der sanft im Hintergrund summte. Die Monitore lieferten die Echtzeitdarstellung einer skelettartigen Drahtgitterfigur, die sich ebenso bewegte wie Exleys Tochter. Später würde er das Drahtgitter durch das 3D-Modell ersetzen, das er gerade von ihr baute, realistisch und perfekt bis hin zu den kleinsten Haarfollikeln und Hautporen ihres makellosen Kinderkörpers.
    Exley setzte sich an den Computer, das digitalisierte Bild von Sunny spiegelte sich in seiner Brille, seine Hände glitten mit müheloser Routine über die Tastatur, und leise Mausklicks übertönten das Surren der Geräte.
    »Tanz mir was vor, Schätzchen«, sagte er und justierte den Zustrom der optischen Impulse, optimierte die Qualität der Aufnahme, während seine Tochter – mit herzzerreißender Ernsthaftigkeit – zur linkischen Ballerina wurde, sich auf Zehenspitzen drehte, die Arme gehoben.
    Sunny mochte den Ablauf, der ihr so vertraut war wie die Gutenachtgeschichten, die Exley ihr abends vorlas. Solche Bewegungsaufzeichnungen waren nicht nur auf Sunnys Geburtstage beschränkt, obwohl Carolines Einwände (die, so Exleys Überzeugung, aus krankhafter Eifersucht rührten, einer Nebenwirkung ihrer Krankheit) ihm den Zugang immer mehr beschränkt hatten. In letzter Zeit hatte er verstärkt den Eindruck, eine Art Zeremonie zu vollführen, die vergangene Zeit festzuhalten. So wie andere Väter ihre Kinder an eine Wand oder einen Türrahmen stellten und mit einem Bleistift die Körpergröße markierten, um jedes Jahr zu sehen, wie viel sie gewachsen waren, dokumentierte Exley die zunehmende Körperkoordination, Geschmeidigkeit und Kraft seiner Tochter.
    Er hatte das schon Tausende Male gemacht, mit zahllosen Personen, und obwohl Exley ein überzeugter Atheist war, wurde er das Gefühl nicht los, dass hier etwas Metaphysisches am Werk war, dass erda etwas aufzeichnete, was seine Mutter – die in dem
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