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Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Titel: Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
Autoren: emons Verlag
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EINS
    Frode Hansen stand ein wenig abseits auf dem neu
angelegten Rasen und beobachtete belustigt das muntere Treiben der anderen. Er
kratzte sich an seinem gepflegten Dreitagebart im wettergegerbten Gesicht. Ein
grauer Haarkranz umrankte seine Glatze und mündete in einen mit einer Schleife
gehaltenen Zopf.
    »Es schadet dir nicht, wenn du einmal aus deinem Garten
herauskommst«, hatte ihn der Propst gelockt. »Ich bin leider verhindert. Es
wäre mir lieb, Frode, wenn du mich vertreten würdest.«
    »Ich liebe meinen Garten. Außerdem fürchte ich, dass es bei dieser
Veranstaltung nicht um das Seelenheil irgendwelcher Christenmenschen geht.«
    »Liegen dir nur Christen am Herzen?«, hatte der Propst gespottet.
    »Du solltest auf ein Glas Wein nach Bredstedt kommen. Dann können
wir uns unter den Apfelbaum setzen und theologische Grundsatzdiskussionen
führen.«
    »Das würde ich gern, mein lieber Frode. Aber die Zeit … Und da
wir schon beim Gebot der Nächstenliebe sind … Ich danke dir für deine
Hilfe. Du nimmst also den Termin wahr?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, hatte Hansen erwidert, aber sein
Widerstand war ungehört geblieben. »Um was geht es dort letztlich?«, hatte er
mit einem Seufzer resigniert. Es ärgerte ihn ein wenig, dass er den Propst am
anderen Ende der Leitung im Stillen frohlocken hörte.
    »In den Reußenkögen wird eine neue Kurklinik eingeweiht.«
    »Aha! Und da ist geistlicher Beistand vonnöten.«
    »Kann ich einmal ohne Unterbrechung reden?«, hatte der Propst
gefragt und dabei gelacht. »Also! Die Klinik wurde von der Sanitas Klinik GmbH
gebaut. Und daran sind wir, das heißt die Nordelbische Kirche, indirekt
beteiligt. Mehrheitsgesellschafter ist die Caritas über eine
Tochtergesellschaft. Du siehst, Frode, es handelt sich um ein ökumenisches
Projekt.«
    »Wohl eher ökonomisch«, hatte Frode Hansen gebrummt und sich Ort und
Datum nennen lassen. Jetzt stand er auf dem Rasen der neuen Klinik und musterte
die anderen Gäste, die zur feierlichen Eröffnung geladen waren.
    Vor dem an einer Seite aufgeschlagenen Zelt mit dem vom
Küchenpersonal der Klinik hergerichteten kalten Büfett stand inmitten einer
Gruppe Monsignore Gotthold Kuslmair, der mit einem schwarzen Audi A8 aus
Hildesheim angereist war. Der Geschäftsführer der Trägergesellschaft, die die
neue Klinik betreiben sollte, war ein hochgewachsener schlanker Mann mit einem
scharf geschnittenen Raubvogelgesicht. Insgesamt wirkte der Mann asketisch.
Dazu trugen sicher auch der elegante dunkelgraue Anzug und der weiße Kragen des
katholischen Geistlichen bei.
    Kuslmair übte wichtige Funktionen im Bistum Hildesheim aus. Man
sagte ihm nach, so hatte der Propst Frode Hansen informiert, dass der
Monsignore ein ebenso erfahrener wie gewiefter Finanzmanager war und mit großem
Geschick die wirtschaftlichen Interessen des Bistums managte. Dazu gehörte auch
die Sanitas Klinik GmbH. Natürlich hatte Kuslmair promoviert: Dr. phil.
Gotthold Kuslmair.
    Um den Monsignore hatte sich eine kleine Gruppe von Männern
geschart, die jetzt pflichtschuldig lachte, weil der Geistliche offenbar etwas
Heiteres zum Besten gegeben hatte.
    Am schrillsten klang die Stimme eines kleinen untersetzten Mannes
mit spärlichem Haarwuchs herüber. Der Mann mit dem runden Vollmondgesicht trug
eine beige Cordjacke und eine Jeans. Das schwarz-weiß karierte Hemd passte
ebenso wenig zur übrigen Kleidung wie die braunen Schuhe. Hansen verstand
nicht, was Addi Blödorn, wie er sich vorgestellt hatte, als Repräsentanten des Kreises
qualifizierte. Blödorn hatte es vermieden, seine Funktion innerhalb der
Kreisverwaltung zu nennen, sondern lediglich berichtet, dass Landrat und
Kreispräsident verhindert seien. In deren Namen hatte Blödorn mit seiner
quiekenden Stimme eine Grußbotschaft von einem zerknitterten Zettel abgelesen.
    Da war die Rede des Monsignore, ohne Manuskript mit einem
unverkennbar bayerischen Dialekt frei vorgetragen, ein ganz anderes Kaliber
gewesen. Kuslmair hatte von christlicher Verantwortung und vom sozialen Engagement
der Caritas gesprochen und nur in einem Halbsatz erwähnt, dass beide großen
christlichen Kirchen hinter diesem Neubauvorhaben standen.
    Die wartenden Gäste hatten noch die Worte des Verwaltungsleiters
erdulden müssen. Willi Zehntgraf hatte sich auf Zahlen und Fakten beschränkt.
Mit achtzig Plätzen war die Klinik nicht sehr groß, bot aber in der
strukturschwachen Region ein paar Dutzend zusätzliche Arbeitsplätze.
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