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1287 - Wiedersehen im Jenseits

1287 - Wiedersehen im Jenseits

Titel: 1287 - Wiedersehen im Jenseits
Autoren: Jason Dark
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Der alte Friedhof, der an manchen Stellen dicht wie ein Dschungel bewachsen war, machte ihr das Leben schwer. Sie wäre auch mit beiden Beinen in die Hölle gesprungen, wenn sie damit einen Erfolg erreicht hätte. Aber die Hölle war für sie auf der Erde, und sie war dunkel, denn bisher hatte Sheila sich nicht an einem Lichtflecken einer Laterne orientieren können.
    Bevor sie auf das Gelände gelaufen war, hatte sie Bills Porsche gesehen. Es war für sie der endgültige Beweis gewesen, dass sie ihren Mann hier finden würde. Er hatte den Lockungen der schönen Helena nicht widerstehen können, ebenso wenig wie es die anderen Männer geschafft hatten, die sich dann selbst umgebracht hatten.
    Sheila kannte die genauen Zusammenhänge nicht, und das war auch nicht wichtig für sie. Es ging ihr darum, Bill lebend zu finden, und dafür würde sie ihr eigenes Leben einsetzen.
    Schon bei Tageslicht hätte sie ein Problem gehabt, sich auf dem großen Gelände zurechtzufinden, in der Dunkelheit war es noch schlimmer. Sheila war noch nie auf diesem Friedhof gewesen, und die Finsternis machte vieles gleich. Hohe Bäume hatten ihr Kleid aus Laub nicht verloren. Die Kronen standen hoch über ihr wie unterschiedlich große Dächer, in denen es kaum Lücken gab, sodass der Himmel und der volle Mond mit seinem harten Licht nur äußerst selten zu sehen waren.
    Aber sie ließ sich nicht aufhalten. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel.
    Wege, Gräber, Buschwerk, Sträucher - das gehörte zu diesem Gelände dazu. Aber es gab für Sheila kaum erkennbare Lücken, und so war es nicht verwunderlich, dass sie über Gräber lief, durch Büsche brach, sich oft auch frei kämpfen musste, aber niemals daran dachte, aufzugeben. Sie wollte und sie würde Bill finden.
    Manchmal hatte sie sich vorgestellt, wie sie reagieren würde, wenn sie plötzlich vor seiner Leiche stand. Wenn sie sehen musste, dass sich Bill das Leben genommen hatte wie die vier anderen Männer, die hier auf dem Friedhof gestorben waren. Freiwillig unfreiwillig, denn da gab es jemanden, der sie dazu gezwungen hatte.
    Wie konnte diese Person das schaffen? Welche Macht besaß sie, dass normale Menschen so reagierten?
    Sheila wusste darauf keine Antwort. Noch nicht. Aber sie hoffte, diese verfluchte Frau zu finden. Sie war ein Geschöpf mit dem Namen Helena. Für Sheila eine Geisterfrau, die alles unter ihrer Kontrolle hielt und sich durch nichts von ihrem blutigen Weg abbringen ließ.
    Sheila kämpfte sich weiter vor. Gräber mit mächtigen Steinen oder hohen Steinfiguren versperrten ihr des Öfteren den Weg. Hin und wieder erschienen die dunklen Figuren so plötzlich, dass sich Sheila erschreckte, weil sie im ersten Augenblick daran dachte, einen Menschen vor sich zu sehen, aber es waren nur die steinernen Aufpasser, die über die Totenruhe wachten.
    Sie hatte sich auch nicht zuvor erkundigt oder nachgeschaut, wie groß das Gelände war. So konnte sie keinem Plan nachgehen. Sie musste kreuz und quer durch das Gelände irren und auch auf ihr Glück hoffen. Je mehr Zeit verging, desto mehr verließ sie das Glück und auch der Mut. Schließlich wurden ihre Beine schwer. Sie konnte einfach nicht mehr und schleppte sich durch das Dunkel. Stiche in der Brust und an den Seiten. Es war kein normales Atmen mehr, das aus ihrem Mund drang, sondern nur ein lautes Keuchen.
    Dann konnte sie nicht mehr. Sheila kroch noch über das Fußende eines Grabs hinweg. Aus ihrem Mund floss ein langes Stöhnen. Ihre Brust brannte. Das Herz schlug noch immer so übernatürlich schnell, dann brach sie zusammen und blieb auf dem Bauch liegen.
    Schleusen öffneten sich, und Tränen rannen aus ihren Augen. Sie musste einfach weinen.
    Bill war nicht da! Bill würde auch nicht kommen! Bill konnte nicht kommen! Möglicherweise deshalb nicht, weil er als Toter nicht mehr in der Lage war. Ihm war es nicht anders ergangen als den vier Männern vor ihm, die sich wegen einer verfluchten Frau das Leben genommen hatten. Das wollte Sheila nicht begreifen. Sie war nicht in der Lage, auch nur so etwas wie eine Erklärung zu finden. Sie lag auf dem Boden und zitterte weiter, wobei sie Stiche nicht nur in der Brust, sondern in ihrem gesamten Körper spürte.
    Das Gefühl der Angst hatte sich wie der Riemen einer Peitsche um ihre Kehle gewickelt. Durch die Nase konnte sie nicht mehr atmen. Sie musste schon den Mund weit öffnen, um Luft zu bekommen.
    Bill! Bitte, wo bist du! Bill, bitte, melde dich! Du musst dich doch
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