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Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Titel: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank
Autoren: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn
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mag Mama bestimmt nicht mehr haben.«
    Ja, von dieser Art gab es einige und somit umgerechnet ganz schön viele Geburtstagskuchen. Ich packte ein Buch ein, stiefelte zur Geburtstagsfeier und klingelte. Die Mutter machte die mit Luftballons geschmückte Tür auf und sah mich erstaunt (und zugegebenermaßen etwas mitleidig) an. Zack, machte ich die Einzelkindaugen, streckte ihr mein Geschenk entgegen und voilà: Ich trat ein ins Süßigkeitenparadies. Alle sahen mich überrascht und etwas angewidert an, aber das war mir egal. Denn auf mich wartete Schokoladentorte!
    Außerdem wollte ich ihnen auf der Stelle, an ihrem großen Tag, all ihre Gemeinheiten heimzahlen. Nichts war dafür besser geeignet als ein Kindergeburtstag. Denn da konnte man beim Topfschlagen schon mal danebenhauen. Das passiert doch, oder? Bei »Ochs am Berge« glich ich eher einem Rugbyspieler und rempelte mir meinen Weg frei. Egal ob Brennball, Seilhüpfen oder Reise nach Jerusalem: Es gab Verletzte – und viele Kindertränen. Auch ich drückte die eine oder andere raus, wenn ich mal wieder »völlig zu Unrecht« beschuldigt wurde, etwas mit Absicht getan zu haben. Ich war eben ein wenig tollpatschig.
    »Gibt’s noch Schokokuchen?«
    Natürlich machte ich mir so keine neuen Freunde. Aber ich war wütend und schlug zurück – mit den Waffen eines Kindes. Eines hilflosen Kindes. Vermutlich war das den meisten Müttern auch völlig klar. Sie hatten Mitleid mit mir. Daher schickte mich auch niemand weg. (Nur einmal, als ich das Geburtstagskind in den Arm biss. Da konnte nicht mal ich mich noch rausreden.)
    Nach einigen dieser Überraschungsangriffe war ich gefürchteter als die Russenmafia. Aber ich war da, wo ich hinwollte: im Schoko-Eden – und in Gesellschaft. Dass keines meiner mitgebrachten Geschenke kindgerecht und einige der Bücher gebraucht waren, sogar Kommentare und Widmungen enthielten, kam erst später ans Tageslicht (ich war ja nicht blöd und hatte sie natürlich in Zeitungspapier eingewickelt). Aber da war ich, der dicke Racheengel, schon wieder weg – und satt!
    Meine eigenen Geburtstage waren eher trist. Meine Mutter war meistens nicht da. Aber wenn, dann hatte sie sich für ihre Verhältnisse sehr ins Zeug gelegt und mir meinen Lieblingskuchen »gebacken«: Kalte Schnauze. Das sind in Kakao-Kokosfett-Creme aufgeschichtete Butterkekse. Lecker! Und falls andere Kinder kamen, hielt ich es wie mein großes Idol Pippi: Meine Gäste wurden beschenkt (und nicht gebissen). Zugegeben, das tat ich auch, um sicherzustellen, dass sie im folgenden Jahr wiederkommen würden.
    An einen meiner Geburtstage erinnere ich mich noch sehr genau. 1985 wurde ich zehn Jahre alt und bekam von meinem Vater zwei Kaninchen geschenkt. Echte Tiere! Tiere, die atmeten, weich waren und sich streicheln ließen. Meine Mutter weiß bis heute nichts davon. Wir durften nämlich keine Haustiere halten. Wenn es nach unseren Vermietern gegangen wäre, hätten sie es noch lieber gesehen, ich hätte aufgehört zu atmen. Doch ich fand die beiden Fellproppen super und taufte sie nach den Drei Fragezeichen stolz Justus (mein Held – dick, schlau, allwissend!) und Bob.
    Dieses außergewöhnliche lebendige Geschenk bekam ich, weil mein Vater mal wieder ein schlechtes Gewissen hatte. Denn nach einem seiner üblichen Exzesse wurde ich einmal unfreiwillig durch Omas Wohnzimmer gescheucht und stürzte unglücklich in ihren Handarbeitskorb. Als ich mir abends die Strumpfhose ausziehen wollte, war ich ziemlich überrascht, denn aus der dunkelblauen Wollstrumpfhose ragte ein langer dunkelblauer Faden heraus. Nachdem ich mich der blöden Strumpfhose entledigt hatte, schaute der Faden allerdings aus meinem Bein heraus. Ups! Ich hatte mir tatsächlich eine komplette Nähnadel samt Faden sehr tief ins Bein gerammt. Mein Vater war entsetzt, denn er gab sich (zu Recht) die Schuld für diesen »Nähunfall« und brachte mich fachmännisch ins Krankenhaus. Das war toll, denn Papa war Sanitäter und fuhr den Notarztwagen wie kein Zweiter – mit Sirene, Fluchen, Überholen und allem, was dazugehörte. Dagegen fuhr Schumacher wie ein alter Mann mit Hut. »Wer bremst, verliert«, pflegte Papa immer zu sagen.
    Auf dem Röntgenbild stellte man fest, dass die Nadel abgebrochen war und mir bis zum Knochen im Bein steckte. Ich wurde operiert und mein Vater versprach mir etwas ganz Besonderes zum Geburtstag. Natürlich nur, wenn ich Mama nichts davon sagen würde. Vermutlich war das sein einziges
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