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Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank

Titel: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank
Autoren: Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn
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niemand schaffte es, Tante Helga aufzuwecken, denn sie war tot.
    Trotz dieses tragischen Ereignisses denke ich auch heute noch oft und gern an meine Tante Helga zurück – wenn auch mit einer Träne im Knopfloch. Denn sie war damals genauso alt wie ich heute: 37 Jahre.

ZWEI KANINCHEN,
DER KLEINE VAMPIR UND ICH
Gewicht: 39 Kilo
Gefühlslage: Ich weiß, dass die Stimmen in meinem Kopf nicht real sind, aber sie haben so wahnsinnig geile Ideen!
    Der Tod von Tante Helga nahm meine Mutter weit mehr mit als mich. Mutti verging fast vor Schuldgefühlen. Sie hatte ihrer Schwester nicht helfen können und war sich sicher, mich für den Rest meines Lebens traumatisiert zu haben.
    Ob oder wie sehr mich dieses Ereignis traumatisiert hat, kann ich nicht wirklich sagen. Aber ich ließ Mutti in dem Glauben, von da an etwas verstört zu sein, und spielte die Rolle wirklich gut. Denn ehrlich gesagt genoss ich die Aufmerksamkeit, die ich in den nächsten Tagen und Wochen erhielt. Mutti versuchte, mehr zu Hause zu sein, und fragte mich ständig, ob ich reden oder noch ein Eis wollte. Auch die Kinder in meiner Klasse schienen unter der Hand einen Waffenstillstand ausgerufen zu haben und schonten mich für eine ungewöhnlich lange Zeit. So bekam ich die Chance, mal durchzuatmen – auch wenn ich das Nachbarskätzchen in der Zeit schrecklich vermisste. (Natürlich fand ich dafür bald eine Lösung in Form eines streunenden roten Katers, den ich heimlich fütterte und »Champagner« nannte!)
    Die Schonzeit hielt natürlich nicht für immer an. Denn grundsätzlich ändern sich Menschen nicht und gerade Kinder vergessen schnell. (»Warum ärgern wir eigentlich die Dicke nicht mehr?«) Schon bald kehrten wieder Normalität und Alltag in mein Leben ein. Auf dem Pausenhof bekam ich Schimpfwörter zu hören und Mutti musste wieder öfter ins Krankenhaus.
    Ich war also erneut auf mich allein gestellt und hatte, wie seinerzeit mein Vater, sehr viel Freiraum. Allerdings hatte er mir – anders als der Seemannsvater von Pippi Langstrumpf – keinen Koffer voller Gold dagelassen und im Gegensatz zu ihm hatte ich auch keine Geliebten, mit denen ich Unsinn hätte treiben können. Ganz im Gegenteil: Ich war ein Kind und hatte keinen einzigen Freund, geschweige denn eine Freundin. Ich konnte zwar tun und lassen, was ich wollte, aber eben nur allein.
    Also tat ich, was Kinder ohne Aufsichtspersonen eben so tun: Ich begann zu rauchen, kaufte meine ersten (und letzten) Pornohefte oder schaute Horrorfilme und den Tatort. Ich tat alles, was ich nicht durfte. Trotzdem würde ich nicht sagen, dass ich meine Möglichkeiten bis aufs Letzte ausgereizt hätte. Ich beklaute niemanden, zündete keine Häuser an und wurde auch nicht schwanger.
    Verbotene Dinge tun macht unheimlich viel Spaß. Doch leider nicht allein. Ich war so furchtbar einsam, dass ich bei der Auswahl meiner Freunde irgendwann nicht mehr besonders wählerisch war. Für richtige Freunde, also solche, die nicht mit 13 schwanger werden oder Geld von ihren Eltern stehlen, war ich einfach zu neu im Ort und natürlich viel zu fett! Vielleicht war ich auch einfach nur zu anders als die anderen Kinder. Wie Asterix sagen würde: »Ich habe nichts gegen Fremde. Aber diese Fremden sind nicht von hier!«
    Wie immer versuchte ich, das Beste aus der Situation zu machen. Ich hatte keine Freunde, denn niemand beachtete mich. Also war es an der Zeit, aufzufallen. Zuerst erzählte ich nur absurde Märchen – etwa, dass ich eine verwunschene Fee oder als Baby in den Zaubertrank gefallen sei. Als mir niemand glaubte, griff ich zu härteren Mitteln. So überflutete ich im Winter unseren riesigen Balkon mit Wasser und ließ die Kinder des Ortes darauf Schlittschuh laufen. Allerdings gegen einen geringen Unkostenbeitrag von zehn Pfennig. Schließlich sollte nicht auffallen, dass ich einsam und verzweifelt war.
    Leider hielten die Fliesen auf dem Balkon diesem Getümmel nicht stand und mussten komplett ausgetauscht werden. Unser Vermieter war stinksauer. Ich dagegen stellte schnell fest, dass ich auf dem richtigen Weg war. Denn die Balkon-Schlittschuhbahn war ein guter Anfang, aber proportional zum Ärger nicht rentabel genug. Allein konnte ich zu wenig ausrichten. Mir fehlte mein A-Team, die Nachbarskinder von Pippi Langstrumpf, Tom und Annika, oder wenigstens das Auto K.I.T.T., das mich aus brenzligen Situationen mit dem Turbo Boost hätte rausholen können. Ich brauchte dringend Verstärkung.
    Also suchte ich
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