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Sternstunde der Liebe (German Edition)

Sternstunde der Liebe (German Edition)

Titel: Sternstunde der Liebe (German Edition)
Autoren: Luanne Rice
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zusammengerollt, so klein, wie es ein Mensch mit einer Größe von einem Meter sechsundachtzig vermochte, ließ er sich nicht stören. Zeb streckte die Hand zu ihm herüber und rüttelte ihn an der Schulter. »Wach auf. Du verpasst ja die ganze Fahrt.«
    »Rhanngh.«
    »Das meine ich ernst – mach die Augen auf und schau dich um.«
    Dieses Mal erhielt Zeb überhaupt keine Reaktion. Der Schläfer drehte sich lediglich um, auf die andere Seite, rückte den Rucksack zurecht, den er als Kopfkissen benutzte, und spielte toter Mann. Zeb umklammerte das Lenkrad und bemühte sich, seinen Ärger zu unterdrücken. Während der gesamten Strecke von zweitausendfünfhundert Meilen, die sie bisher gefahren waren, hatten sie ungefähr elf Worte miteinander gewechselt – aber keinen einzigen vollständigen Satz.
    Es war ein herrlicher Junitag, klar und wolkenlos. Als Zeb auf dem Highway 70 in Richtung Osten brauste, beugte er sich vor, um einen prüfenden Blick zum Himmel zu werfen. In der blauen, unendlichen Weite entdeckte er hell schimmernde Objekte, die anderen entgingen: Satelliten, Planeten und Sterne. Seine Sehkraft war mehr als perfekt, und er kannte den Himmel wie andere Menschen ihren Hinterhof. Er kniff die blauen Augen zusammen, um sie vor der gleißenden Helligkeit zu schützen, und hielt nach den Satelliten Ausschau, bei deren Start er mitgewirkt hatte, nach der Raumstation, in der er regelmäßig zu Gast gewesen war.
    Normalerweise hatte der Anblick des Himmels eine beruhigende Wirkung auf ihn, aber heute machte er alles andere umso schlimmer. Seine Sehschärfe von 20/20 kam ihm wie ein Witz angesichts der Tatsache vor, dass er sich auf der Erde befand, dass seine Tage als Raumfahrer endgültig vorüber waren.
    Elizabeth dachte, der gemeinsame Ausflug sei lediglich ein Versuch, Vater und Sohn einander näher zu bringen; weder sie noch sonst jemand wusste, dass Zeb noch etwas anderes damit bezweckte. Seine Vorgesetzten hatten ihm nahe gelegt, eine Pause einzulegen, möglichst weit weg von L. A., Houston, dem Jet Propulsion Labor der Caltech und dem brandneuen Laguna Niguel Mission Center and Observatory.
    Sie waren dabei, ihm dort ein eigenes Forschungslabor einzurichten. Nach dem »Zwischenfall« hatte er den Raumanzug an den Nagel gehängt. Im September musste er nach Kalifornien zurück, wie eine Rakete – zur Eröffnung, mit Pauken und Trompeten, Presse und Partys. Alles, was in der Raumfahrt Rang und Namen hatte, nahm seine Entscheidung mit Begeisterung auf – er würde ein Raumfahrtspezialist auf der Erde werden. Er hatte ein riesiges Budget zur Verfügung, ein handverlesenes Forschungsteam und hohe Erwartungen. Da Amerika seit geraumer Zeit dem Mars zustrebte, sollte Zeb in leitender Funktion sämtliche Satellitenfotos auswerten, die während dieser Mission und vieler ähnlicher Erkundungsflüge entstanden.
    Aber bis dahin hatte er noch drei Monate Zeit.
    Im Augenblick ging Zeb eine Mission ganz anderer Art im Kopf herum. Jede Nacht, wenn er im Bett lag, seiner Selbstschutzmechanismen entledigt, erschien sie ihm in seinen Träumen. Er sah die Sonne auf ihrem weißgoldenen Haar, das verschmitzte Lächeln in ihren meerblauen Augen, spürte ihre kleine Hand in der seinen, als sie auf den Dachfirst kletterten. In seinen Träumen war Rumer nach wie vor sein bester Freund, durch seinen Verrat noch nicht am Boden zerstört.
    »Hast du mich nicht gehört?« fragte er Michael.
    Keine Antwort; er dachte an die Zeiten, die er im All verbracht hatte, durch Mikrofone und Kopfhörer mit seinen Kollegen verbunden, während sie wieder und wieder die Erde umrundeten. Sie hatten sich immer viel zu sagen – Beobachtungen, Philosophien, Geschichten, die man sich erzählte, eine verlorene Liebe, die man beklagte. Er stellte sich vor, was für ein Gefühl es wäre, Hunderte von Meilen entfernt im All unterwegs zu sein, sich mit Freunden zu unterhalten, von oben auf diese lange dunkle Straße herabzublicken, die sich von Meer zu Meer erstreckte. Die Kameradschaft, die dort herrschte, war vergleichbar mit der Nähe, die ihn früher mit Rumer verbunden hatte.
    »Von Meer zu Meer«, sagte er laut.
    Was, wenn es zu spät war? Was bedeutete »zu spät« überhaupt? Er dachte an seine eigene Kindheit und die glücklichen Sommer zurück, die sie in Hubbard’s Point verbracht hatten. Seine Mutter war dort geboren und aufgewachsen – genau wie Mrs. Larkin von nebenan. Gemeinsam hatten sie mit den Kindern Picknicks veranstaltet,
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