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Sternstunde der Liebe (German Edition)

Sternstunde der Liebe (German Edition)

Titel: Sternstunde der Liebe (German Edition)
Autoren: Luanne Rice
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Larkins besaßen die wildesten, am wenigsten kultivierten Grundstücke auf dem Kap, und somit ein Stück Natur direkt vor der eigenen Haustür, die sie liebten und von der sie lernen konnten – unmittelbar hinter den Häusern, in denen schon ihre Mütter aufgewachsen waren.
    Rumer blickte auf, zum Nachbargrundstück hinüber. Ungeachtet des häufigen Besitzerwechsels wurde es nach wie vor das »Mayhew-Anwesen« genannt. Auf dem Granitgestein des Riffs erbaut, hatte das Haus seine dunkelgrün gefärbten Schindeln und die weißen Fensterläden mit den ausgesägten Kiefernsilhouetten behalten, alles war noch so wie zu der Zeit, als Zeb dort gewohnt hatte. Merkwürdig, dass keiner der drei nachfolgenden Besitzer auf die Idee gekommen war, einschneidende Veränderungen vorzunehmen.
    Hohe Kiefern überschatteten das felsige Land. Auch Mrs. Mayhews weitläufiger Garten war noch der gleiche: Ein üppiges, wirres Geflecht aus Efeu und Geißblatt, seltene Wildblumen wie Kanadisches Blutkraut und Frauenschuh und eine Kreuzung aus goldfarbenen und rostroten Lilien wuchsen – mit herzzerreißender Zähigkeit – aus dem grauen, eiszeitlichen Riff, wo die Kaninchen ihren unterirdischen Bau angelegt hatten.
    Als Rumer nun in Richtung Westen zum Strand und zur Marsch hinübersah, stand die Mondsichel bereits tief am Himmel. Direkt darunter, zur Rechten, war ein weiterer Planet zu erkennen. Merkur? Venus? Sie war sich nicht sicher, aber der Anblick beschwor ein altes, nahezu vergessenes Gefühl herauf, so bittersüß, dass sie eine Geißblattblüte pflückte und von dem Nektar kostete, um den anderen Geschmack zu vertreiben, gerade als sie merkte, dass Winnies Gesang verstummt war.
    Während sie ihr Augenmerk wieder auf ihren Schützling richtete, sah sie, wie sich zwei weitere Kaninchen aus ihrem Versteck unter dem niedrigen Azaleengebüsch hervorwagten. Sie schnupperten, dann hoppelten sie durch den Garten. Das hohe Gras wogte und sie nahmen ihren zurückgekehrten Freund in die Mitte, hießen ihn willkommen.
    Plötzlich erstarrten die Tiere, wurde zu Statuen wie der steinerne Engel, und als Rumer über ihre Schulter spähte, sah sie eine hochgewachsene Gestalt den Hügel erklimmen, die Schatten durchquerend. Es war Winnie; Rumer erkannte sie auf Anhieb an ihrer würdevollen, gebeugten Körperhaltung, am Rascheln ihres langen Kaftans, der Gras und Steine streifte. Hinter ihr, mit Haaren, die ein ebenso wirres Geflecht wie der Efeu bildeten, ging Quinn Grayson, die in der Nachbarschaft wohnte und am Tiermedizin-Kurs teilnahm, den Rumer in der Highschool gab.
    »Kommen wir zu spät?« fragte Winnie, als sich die beiden zu ihr gesellten. Obwohl sie ihre normale Lautstärke beibehielt, schlug sie die Kaninchen nicht in die Flucht. Die Lebewesen auf dem Kap, Menschen und Tiere gleichermaßen, kannten sich gut, und mit zweiundachtzig war Winnie die älteste Bewohnerin. Quinn hockte sich nieder, ohne ein Wort zu verlieren.
    »Fast«, erklärte Rumer. »Ich habe ihn gerade freigelassen – da drüben ist er, beim Azaleenbusch. Seht ihr ihn?«
    »Der verlorene Sohn wird von seiner Familie willkommen geheißen.«
    »Wie immer.«
    »Tut mir Leid, dass ich so spät dran bin. Ich habe geübt und dabei jedes Zeitgefühl verloren.«
    Quinn blickte auf. »Und ich habe eine Teezeremonie für Tante Dana veranstaltet und bei den Hochzeitsvorbereitungen geholfen … statt grünen Tee gab es Hagebuttentee aus Point-Rosen. Sie war begeistert, und er schmeckte so –«
    »Morgen steht der Test über Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Tieren an, Quinn«, unterbrach Rumer sie.
    »Ich weiß, aber ich wollte unbedingt sehen, wie du das Kaninchen freilässt.« Obwohl sie genauso ungezähmt und urwüchsig war wie die meisten der auf dem Kap lebenden Tiere, gab sie sich die größte Mühe, sich in ihrem ersten Highschool-Jahr an die Gepflogenheiten anzupassen. Aber was konnte Rumer, die in der Schule nur ein einziges Wahlfach pro Semester gab, einem Mädchen sagen, das seit dem letzten September häufiger durch Abwesenheit geglänzt als am Unterricht teilgenommen hatte?
    »Mission beendet«, erklärte Winnie in ihrer unverhohlenen und einfühlsamen Art. »Du hast gesehen, wie das Kaninchen sicher nach Hause zurückgekehrt ist, und kannst dich jetzt getrost wieder ans Lernen machen. Wir erwarten herausragende Leistungen von dir, Quinn: Es gibt bereits zu viel Mittelmäßigkeit auf dieser Welt. Steck die Nase in deine Bücher und gib uns allen einen Grund, stolz
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