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Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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unbedeutend zu werden schienen.
    Ich kann keine klaren Gedanken mehr fassen, sagte sie zu sich selbst. Meine Phantasie geht mit mir durch.
    Ein Schritt, dann der nächste, dann noch einer, wieder und wieder. Ihre Schritte waren zu kurz. Der Raum war zu groß. Sie musste schlicht ganz viele Schritte machen.
    Einmal fiel sie und rollte über den Boden. Ihre Zunge fühlte sich taub an, wie ein durchweichter Lumpen in ihrem Mund. Sie leckte sich über die Lippen. Sie waren trocken und verkrustet.
    Aber dann lief sie weiter. Stand wieder auf, lief weiter. Der Fluchtpunkt hatte sich erweitert. Sie konnte den Punkt jetzt deutlich sehen, an dem der Raum zwischen den Frachtcontainern immer breiter wurde. Sie war fast am Ziel.
    Das Ende der Schlucht erreichte sie früher als erwartet. Sie hielt inne und fixierte die Wand vor sich. Ich bin angekommen, dachte sie dumpf. Ich habe es geschafft.
    Sie war sich nicht sicher, welche der Türen zur Brig führte, also wandte sie sich der erstbesten zu. Als sie sie öffnete, fuhr ihr eine derartige Kältewelle entgegen, dass sie zunächst glaubte, eine Tür direkt ins All geöffnet zu haben. Das Treppenhaus an der Steuerbordseite. Noch eine Treppenflucht hinab, dann eine Tür und dann läge der Korridor vor ihr, der zum Arrestbereich führte.
    Die Entfernung erschien ihr unüberwindbar, aber ihre Füße scherten sich nicht darum, stolperten die Stufen hinab, schließlich griff ihre Hand nach der Türklinke, und sie ging hindurch. Dahinter lag ein Korridor. Der Posten des Wachhabenden der Brig, der verlassen war, schien ihr unendlich weit entfernt zu sein.
    »Hörst du mich?«, flüsterte sie in die Dunkelheit und ging weiter, einfach weiter geradeaus.
    Sie musste sich an der Wand abstützen, während sie sich Schritt für Schritt vorwärtsschleppte. Den Blick hielt sie starr auf die Decke über sich gerichtet, weil sie fürchtete, sie würde zu Boden fallen, wenn sie ihn nur ansähe. Als der Eingang zum Arrestbereich schließlich zu ihrer Rechten erschien, blinzelte sie ungläubig. Wie konnte sie es geschafft haben? Es war unmöglich, wurde ihr klar, als ihr bewusst wurde, wie dünn die Luft war, wie leicht und schnell ihr Herz schlug. Wie sollte sie so je zum Shuttle-Hangar zurückkommen?
    Nein. Zuerst Seth.
    »Hörst du mich?«, flüsterte sie erneut. Dabei hatte sie schreien wollen. Die Brig wirkte geisterhaft und verlassen, erinnerte an ein Mausoleum, und sie hatte Angst, zu spät zu kommen. Aber schließlich stand sie außerhalb von Seths Zelle und schaute hinein. Sie sah ihn nicht.
    »Seth«, wisperte sie.
    Ein Schatten regte sich in der entferntesten, dunkelsten Ecke der Zelle. Und dann sah sie Seth Ardvale. Er hatte sich dort zusammengerollt wie ein Tier, das sich zum Sterben zurückgezogen hat.
    »Waverly?«, sagte er ungläubig. »Was zur Hölle tust du hier?«
    »Ich bin hierhergekommen«, sagte sie mit einer Stimme, die jemand anderem gehörte, einer Stimme dünn wie Papier. »Ich bin hier.«
    »Du bist so eine Idiotin«, sagte er, aber er lachte dabei. Er sprang auf die Füße und stürmte ihr entgegen. »Du bist so eine saudumme Idiotin.«
    »Ich freue mich auch, dich zu sehen, du Trottel«, brachte sie noch hervor, ehe sie endgültig das Bewusstsein verlor.

Auf Messers Schneide
    E r traute seinen Augen nicht. Dort am Boden zu seinen Füßen lag Waverly Marshall. Sie sah aus, als wäre sie zusammengeschlagen worden, und um ihren Kopf war ein provisorischer Verband geschlungen, unter dem braunrote Rinnsale herausgesickert waren, die nun ihr Gesicht bedeckten. Sie hatte sich selbst alles abverlangt, um hierherzukommen. »Die Luft ist dünn«, sagte Seth außer Atem. Bis er aufgestanden war und die Zelle durchquert hatte, war ihm nicht bewusst gewesen, wie schlimm es bereits geworden war. Alles verschwamm. Kein Wunder, dass sie ohnmächtig geworden war. »Waverly! Wach auf! Hey!«
    Sie rührte sich nicht.
    Er griff durch die Gitter der Zelle, streckte seine Hand nach ihr aus, erreichte aber nur ihren Unterschenkel. Er klopfte darauf, sacht erst, dann fester, aber sie schien nichts davon mitzubekommen. Schließlich ging er zu dem kleinen Waschbecken in der Ecke seiner Zelle, füllte kaltes Wasser in einen Becher und schüttete es ihr ins Gesicht.
    Sie zuckte zusammen, sah ihn an, wirkte erstaunt. »Was?«
    »Was tust du hier?«, fragte Seth erneut, atemlos.
    »Ich bin gekommen, weil …« Sie rieb sich über die Stirn, als quälte sie ein grausamer Kopfschmerz. »Um dich zu
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