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Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne

Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne

Titel: Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne
Autoren: Gerry Haynaly & Dennis Mathiak
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verhinderten, dass sich die Vögel selbst bedienten. Aber immer wieder kam es vor, dass Horden von Dornvögeln über Nacht versuchten, das Hindernis zu überwinden. So wie anscheinend heute Nacht.
    Direkt über Nautia hingen die Gitter in Fetzen, aufgedreht von den spitzen Schnäbeln. Aber die Angreifer hatten ihr Werk nicht vollenden können, denn die Lücke reichte für die voluminösen Vögel nicht aus. Hier konnten sie noch nicht durchschlüpfen, aber mit ein, zwei weiteren Seilen würde es ihnen gelingen.
    Nautia überblickte das Areal der Teiche. Die männlichen Gyaan, zuständig für die Zuchtbecken, waren allesamt mit dem Ausbringen der Muschelkörbe beschäftigt. Die Teiche verfügten über abgesteckte Parzellen für die unterschiedlichen Arten – hauptsächlich Plattmuscheln und Hornschnecken – aus dem nahen Meer, die hier vom Sand befreit wurden und einen unwiderstehlichen Duft verbreiteten. Allein durch die natürliche Filtration spülten die Tiere selber den Sand aus ihren Gehäusen. Bei Bedarf konnten immer frische Muscheln herausgefischt werden, auch wenn das Wetter nicht zuließ, Nachschub vom Meer zu holen.
    Von den Männern war keine Hilfe zu erwarten, aber eines der ungeschriebenen Gesetze der Gyaan lautete: Wenn etwas ansteht, greift der Erste, der hinkommt, zu. Und hier war zweifellos sie die Erste.
    Von den Versammlungen, in denen die Alten ihr Wissen an die jungen Gyaan weitergaben, wusste sie, dass Seile und Werkzeug in den Schuppen untergebracht waren, von denen einer gleich in der Nähe stand.
    Die Wege zwischen den unregelmäßig geformten Teichen fühlten sich glitschig an. Nasses Moos und abgerundete Steine boten kaum Halt, aber immerhin waren sie breit genug, um selbst nach einem Ausrutscher nicht im Wasser zu landen. Neben den Becken standen Tongefäße, die wie beleibte Gyaan aussahen, wenn man von dem Loch oben in der Mitte absah. Sie dienten als Zwischenlager für die herausgefischten Muscheln, bis sie von jemandem abgeholt wurden.
    Überlaufrohre verbanden die Becken untereinander, damit das frische Wasser durch die gesamte Anlage fließen konnte. Am unteren Ende verließ ein Bach, der Richtung Meer floss, die Muschelteiche.
    Wie alle Behausungen in der Baumkronensiedlung war auch der Schuppen nicht abgeschlossen. Die Holztür lehnte nur im Rahmen und schwang mit einem seufzenden Knarzen auf, als sich Nautia dagegenstemmte. Abgestandene, feuchte Luft schlug ihr entgegen. Entschlossen trat sie über die Schwelle, obwohl kaum Licht in den Raum drang.
    Hier waren die Seile und Werkzeuge vor Nässe geschützt, wenn eines der Herbstgewitter dafür sorgte, dass der Himmel sich wie ein tosender Wasserfall ausschüttete.
    Ihre Augen gewöhnten sich rasch an das Halbdunkel, das im Innenraum des Schuppens herrschte. Überall an der Wand hingen unterschiedlich dicke Seile: die schwersten und borstigsten Taue für die Tragseile des Netzes, mittelstarke als Langleinen, von denen wiederum die dünnen Tragseile mit den Muscheln ins Wasser hingen, sowie kurze Schnüre, mit denen die Querseile des Netzes an die tragenden Taue geknüpft wurden.
    Nautia nahm zwei Querleinen und etliche Knotschnüre von den Haken. Eine Schere aus Messing, die auf einem Regal gegenüber des Eingangs gelegen hatte, vervollständigte ihre Ausrüstung.
    So bepackt verließ sie den Schuppen, nicht ohne am Eingang stehen zu bleiben. Sie blickte sich um, aber weder Ulesi noch einer seiner Kumpel war zu sehen. Nautia fielen gleich mehrere Steine von ihren drei Herzen.
    Obwohl sie in der Versammlung genau gesehen hatte, wie man ein Netz flickt, fiel ihr die ungewohnte Arbeit sichtlich schwer. Sie musste sich anstrengen, um die Lücken im Gewirr der Seile mit ihren Armen überhaupt zu erreichen. Dazu kam noch, dass die Dornvögel die Seile mit ihren Schnäbeln zerhackt und zerbissen hatten. Die aufgezwirbelten Enden standen eine Spanne lang wirr von den unbeschädigten Teilen der Seile ab und verhinderten, dass Nautia ein neues Seil an die intakten Knoten anknüpfen konnte. Sie müsste weit mehr davon mit der Schere abschneiden, als sie zunächst geschätzt hatte. Wenn jetzt nur nicht …
    Als hätten sie Nautias Gedanken gehört, schwebten vier Dornvögel in Formation über die Teiche. Ihre mächtigen Schwingen bewegten sich kaum, und doch glaubte Nautia, die Macht des Windes unter den schwarz-weiß gestreiften Federn zu spüren.
    Für einen Augenblick breitete sich eine Sehnsucht in ihr aus. Sie wollte auch fliegen, einmal
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