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Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Titel: Sherlock Holmes und das Phantom der Oper
Autoren: Nicholas Meyer
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Vorwort des Herausgebers

    Beinecke-Bibliothek
    Sondersammlungen Yale University
    New Haven, Connecticut
    11. Dezember 1992
    Sehr geehrter Herr Meyer,
    ich bin stellvertretender Leiter der Sondersammlungen an der Beinecke-Bibliothek und möchte Sie um Ihren Rat und um Ihre Hilfe bitten.
    Sie wissen vielleicht, daß die Beinecke-Bibliothek eine ungeheure Fülle wertvoller Aufzeichnungen und Manuskripte ihr eigen nennt, die ihr von Spendern auf der ganzen Welt geschenkt wurden.
    Vor einiger Zeit haben wir unseren gesamten Katalog von einem analogen in ein digitales Computerformat überführt, um die Zugriffsmöglichkeit auf unsere Bestände zu erleichtern – das hat uns einige Monate Zeit (und zwei Millionen Dollar) gekostet. Im Zuge dieser Arbeiten haben wir eine Reihe von Dokumenten zu Tage befördert, die zur Zeit ihrer Erwerbung nicht ausreichend identifiziert und geprüft worden waren.
    Unter den im Magazin der Bibliothek gelagerten Dokumenten fanden sich einige, die zum Nachlaß von Martha Hudson gehörten, deren Schwager, Gerald Forrester, ein hervorragender Yale-Absolvent (1903) war. Diese Papiere befinden sich jetzt seit über fünfzig Jahren im Besitz der Universität.
    Ich schäme mich, zugeben zu müssen, daß der Name Martha Hudson meinem Vorgänger völlig unbekannt war und daß deshalb, so fürchte ich, ihre Aufzeichnungen nicht mit der Aufmerksamkeit untersucht wurden, die sie verdient hätten. Erst bei der Aufnahme für den digitalen Katalog erkannten wir, daß diese Martha Hudson dreißig Jahre lang die Haushälterin von Sherlock Holmes gewesen ist.
    Der größte Teil von Mrs. Hudsons Papieren ist von nur geringem Interesse. Er besteht hauptsächlich aus Haushaltsabrechnungen, die etwas (aber nicht allzuviel) Licht auf die Kosten und Vorlieben in einem spätviktorianisch/edwardianischen Junggesellenhaushalt werfen und vielleicht einen Sozialhistoriker begeistern mögen, der sich auf diese Periode spezialisiert hat.
    Aber der Grund, aus dem ich Ihnen schreibe, ist der, daß unter den Hudson-Papieren ein Manuskript entdeckt wurde, das vorgeblich aus der Feder von John H. Watson stammt, dem Biographen von Holmes. Es gibt keine Möglichkeit mehr, herauszufinden, wie es unter Mrs. Hudsons Haushaltsabrechnungen geraten konnte. Da es sich bei der Hauptmasse des Materials in Wahrheit um die Niederschrift einer längeren Aussage von Holmes selbst (das heißt, ihres Dienstherrn) handelt, ist es vielleicht zu Unklarheiten über die Urheberschaft des Manuskripts gekommen. Wie dies dazu führte, daß sie in den Besitz des Manuskriptes kam, können wir nicht erklären. (Mr. Forrester selbst verstarb 1953 und hat keine Nachkommen, von denen wir uns Aufklärung in dieser Frage erhoffen könnten.)
    Da uns Ihre bisherigen einschlägigen Arbeiten bekannt sind, haben wir uns gefragt, ob Sie nicht vielleicht Interesse daran hätten, den Text zu lesen, zu editieren und, mit Anmerkungen versehen, zu veröffentlichen.
    Ich werde über die Feiertage verreisen, bin aber nach Neujahr wieder hier und unter der oben angegebenen Adresse telefonisch oder per Fax erreichbar. Falls wir uns vorher nicht mehr sprechen, wünsche ich Ihnen schon jetzt ein frohes Weihnachtsfest.
    Hochachtungsvoll
    Fred Malcolm
    Stellvertretender Leiter
    Sondersammlungen
     

    Dieser Brief schildert – wie ich es auch nicht besser könnte – die Entdeckung des im folgenden wiedergegebenen Manuskriptes. Ohne ungehobelt erscheinen zu wollen, finde ich es erstaunlich, daß die Bibliothekswissenschaft in einem dermaßen traurigen Zustand ist, daß ein Fund von solch potentieller Wichtigkeit ein halbes Jahrhundert lang an einer unserer größten Universitäten hat Staub ansetzen können. Es ist ja wohl ziemlich sinnlos, Berge von Dokumenten in einer Sammlung zu horten, wenn sich niemand die Mühe macht, sie zu lesen. Und es ist keine hinreichende Ausrede, mit dem Finger auf die Kulturpolitik der Regierungen Reagan und Bush zu zeigen und die Tatsache zu beklagen, daß nicht genügend Wissenschaftler eingestellt werden. Man kann die Schuld nicht auf eine solche relativ junge Erscheinung schieben. Die Sachen liegen ja schon jahrelang dort herum.
    Bei diesem Arbeitstempo sind vielleicht noch nicht entdeckte Teile von Huckleberry Finn oder Wem die Stunde schlägt oder weiß Gott was sonst noch dazu bestimmt, weiter unveröffentlicht vor sich hinzuwelken – und das nicht irgendwo auf einem Dachboden, was ich noch verstehen könnte, sondern im innersten Bezirk
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