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Sternenfaust - 099 - Das Ziel

Sternenfaust - 099 - Das Ziel

Titel: Sternenfaust - 099 - Das Ziel
Autoren: Sascha Vennemann
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Andere massierte mit seinen Ganglien eine Hirndrüse des Fremden und ließ sie beruhigende körpereigene Substanzen ausschütten. Auch schmerzstillende Mittel waren darunter. Der Andere wusste, dass es seinem Wirtskörper helfen würde, die kommenden Minuten besser zu überstehen – bis es vorbei war.
    Die Reihe rückte auf, als an ihrem vorderen Ende wieder ein paar von ihnen in die Gemeinschaft aufgenommen worden waren. Kaum einer der Wartenden registrierte, wie sich der Sand zu ihren Füßen langsam in rostroten Schlamm verfärbte, je näher sie dem Ziel kamen. Die Dronte-Symbionten wanden sich in der glitschigen Masse, zogen sich auf ihre Artgenossen zu, die schon einen flächendeckenden Teppich gebildet hatten und ekstatisch mit den Extremitäten zuckten, in einer fast obszönen Melange den Großteil des Mondes bedeckten.
    Überall auf dem Ziel , in jedem Planquadrat bot sich den Wartenden dasselbe Bild. Die Gemeinschaft wuchs und gedieh. Bald würde sie vollständig sein. Sie warteten nur noch auf den einen, den größten von ihnen, ihren Obersten. Den Herrn. Er würde wie ein einzelner Funke das Strohfeuer ihrer Verbindung entfachen.
    Wieder rückte er ein Stück voran. Er konnte jetzt einen Blick auf den Zeremonieplatz erhaschen, auf dem gerade zwei seiner Mitreisenden, mit denen er auf das Ziel gelangt war, auf die Gemeinschaft vorbereitet wurden. Bis zu den Knöcheln in den Flüssigkeiten der Wirtskörper versunken, wateten sie zu den bereitgestellten Liegen. Sobald einer von ihnen darauf Platz genommen und sich ausgestreckt hatte, begann einer der Fremden, die keinen Anderen in sich trugen und am Platz bereitstanden, mit der Arbeit.
    Sie aktivierten ein Laserskalpell. Ein blaugrüner Lichtpunkt fiel auf die entblößte Brust des bereitliegenden Wirtskörpers und traf auf die gut sichtbare Operationsnarbe, da, wo der Symbiont einstmals eingesetzt worden war. Ganz still lagen die Wirtskörper als der Fremde ihre Körper öffnete, vorsichtig, um den Dronte darin nicht zu verletzen.
    Kaum lag der Symbiont im Brustkorb frei, zog er die Ganglien aus dem Fleisch, in dem er steckte, zurück in den eigenen, etwa faustgroßen Körper.
    Ein weiterer zog nun den isolierten Dronte-Symbionten aus seiner kleinen Höhlung und transportierte ihn vorsichtig hinüber zu der konturlosen Masse, zu der Gemeinschaft. Von da an war er sich selber überlassen, aber er fand den Weg zu seinen Artgenossen instinktiv, streckte seine Ganglien aus und stellte eigenständig den Kontakt her. Die Greifarme seiner Artgenossen umschlossen ihn wie einen lange vermissten Freund.
    Die sterbenden Wirtskörper wurden in mehrere Lagen weißer Tücher gebunden. Manche Leiber zuckten noch, als ihre Beine gebeugt und zusammengebunden wurden. In dieser Hockstellung kompakt zu einen Paket verschnürt, wurden sie an andere weitergereicht, die in einer langen Reihe neben den Wartenden her zu den Schiffen gingen, um die Wirtskörper dort abzulegen.
    Den Rest kannte er. Er hatte dabei mitgeholfen, die Pakete in das Shuttle zu laden, mit dem er auf das Ziel gelangt war. Bald wird mich jemand zurück an Bord eines anderen Schiffes tragen, dachte er. Aber das merke ich dann schon gar nicht mehr. Und es ist auch nicht wichtig. Der Andere zählt.
    Die Toten wurden an Bord der nicht mehr benötigten Raumer gebracht, die in die Sonne gelenkt wurden. Die Wirtskörper würden auf dem Ziel nur stören, Platz für die Dronte belegen, die noch in die Gemeinschaft eingehen sollten. So traten die leeren Hüllen zusammen mit den Schiffen, die sie über Lichtjahre hinweg hierher gebracht hatten, die letzte Reise in die Sonne dieses Systems an. Leere Hüllen in einer leeren Hülle.
    Die Liegen waren nun wieder leer, die Nächsten konnten den Zeremonienplatz betreten.
    Es wird Zeit, dachte der Fremde.
    Ja, antwortete der Andere. Lass uns gehen.
    Gemeinsam schritten sie auf einen leeren Platz zu und legten sich auf den Rücken. Über ihnen erschien das gütig lächelnde Gesicht eines Fremden.
    Es war mir eine Freude mit dir zu leben, sagte der Andere. Es ist mir eine Ehre für dich zu sterben, antwortete er.
    Ich danke dir, antwortete der Andere ein letztes Mal. Ich werde dich nie vergessen.
    Dann senkte der Fremde über ihnen das Skalpell und alles verschwamm hinter einem roten Schleier …
     
    *
     
    Die Rettungskapsel des Herrn hatte sanft auf der Oberfläche der Ziels aufgesetzt. Der Oberste der Dronte entstieg dem sargähnlichen Gebilde und schwang sich über den Rand
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