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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis
Autoren: Thomas Greanias
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hob nicht einmal die Arme, als er mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck auf sie zukam. Oder blickte er über ihre Schulter hinweg auf etwas anderes?
    Sie drehte sich um und sah einen anderen Hubschrauber auf sie einschwenken. Die Maschine wies die Zeichen der Vereinten Nationen auf. Schüsse aus schweren Maschinengewehren flogen durch die Luft, und die Kugeln peitschten das Wasser auf, sodass der Ägypter rückwärts über den Rand der P4 in die Wassermassen stürzte.
    Der Helikopter drehte eine Runde, dann wurde eine Leiter hinuntergelassen. Serena packte die erste Sprosse und kletterte hoch. Oben half ihr eine starke Hand hinein. Sie sah direkt in Oberst Zawas' Gesicht. In der rechten Hand hielt er eine Automatik, die er auf sie gerichtet hatte. Serena war ganz benommen von dem Schock, aber Zawas lächelte, während ihm der Wind die Kappe vom Kopf wehte.
    »Sie halten, was Sie versprechen, Schwester Serghetti.« Er hielt ihre grüne Thermosflasche hoch. »Jetzt, wo ich die Sonchis-Karte besitze, wird mich nichts mehr davon abhalten, eines Tages zurückzukommen, um mein Werk zu beenden. Wie ich schon erwähnte, wird die Geschichte von den Siegern geschrieben.«
    Und wenn schon, dachte sie. Mit einem Blick stellte sie fest, dass sich nur Zawas und der Pilot an Bord befanden. »Also, Oberst, haben Sie die Thermosflasche im Uhrzeigersinn oder entgegen zugeschraubt?«
    »Im Uhrzeigersinn.« Zawas sah sie misstrauisch an. »Warum?«
    Sie lächelte und sagte: »Ach, nichts.«
    Zawas war sichtlich verunsichert. Er senkte seine Pistole, um die Flasche aufzudrehen. Serena nutzte die Ablenkung, um ihm die Waffe aus der Hand zu treten. Sie verfehlte die Pistole, traf aber seinen Arm. Ein Schuss löste sich. Der Helikopter schwenkte hoch und warf Zawas aus dem Gleichgewicht. In der Absicht, sie zu töten, schoss Zawas noch zwei weitere Kugeln, die aber nur die Windschutzscheibe trafen.
    Serena sah zum Piloten hinüber und stellte fest, dass er getroffen worden war. Sie machte einen Satz nach vorn, schob den Mann zur Seite und übernahm das Steuer. Sie blickte nach hinten und sah gerade noch, wie sich der wütende Zawas wieder aufrichtete.
    »Oberst!«, rief sie. »Können Sie einen Hubschrauber fliegen?«
    Zawas runzelte die Stirn. »Natürlich.«
    »Ich auch.«
    Sie ging abrupt in die Querlage, und Zawas stürzte aus der Türöffnung. Er fiel wie ein Stein, wobei er wie wild mit den Armen fuchtelte, bis er auf das strudelnde Wasser auftraf, wo er sofort verschwand.
    Serena holte tief Luft und brachte den Hubschrauber wieder ins Gleichgewicht. Eine schnelle Überprüfung der Cockpitanzeigen sagte ihr, dass sie mit ein bisschen Glück genügend Treibstoff hatte, um in Funknähe zur Station McMurdo auf festem Eis zu landen. Allerdings wollte sie unbedingt noch einen letzten Blick nach unten werfen, bevor sie weiterflog. Sie suchte das Eis unter sich ab, während sie mit den Tränen kämpfte. Die Stadt war verschwunden, und ihr Treibstoffpegel sank stetig.
    Als sie im stürmischen Himmel über das gefrierende Wasser kreiste, betete sie für Conrad Yeats' Seele. Dann schwenkte sie in Richtung McMurdo, der Station auf dem Ross-Schelfeis, ein und flog los.

38
Der Tag danach
    Um sechs Uhr Weltzeit (UTC) führte Major General Lawrence Baylander, ein kampferprobter Neuseeländer, seinen Hägglunds-Konvoi mit den UNACOM-Waffeninspekteuren um eine Spalte im Eis herum ins Zielgebiet.
    Auf dem windgepeitschten Terrain würden sie keinerlei Spuren von amerikanischen Atomtests finden. Radioaktivität, unterirdische Anlagen und Ähnliches würde man nur durch Strahlungs- und Wärmemessungen und mittels seismischer Geräte erfassen können. Selbst dann würden sie im Eiskern Probebohrungen durchführen müssen, dachte er. Hätten sie doch nur mehr Zeit.
    Aber Baylander hatte seine Such- und Rettungsmannschaften längst zu weit vordringen lassen, stellte er fest, und Vorräte und Zeit wurden allmählich knapp. Er war schon zu dem Schluss gekommen, dass sie ihre Kettenfahrzeuge zurücklassen mussten, um dann zurückzufliegen, sobald die Unterstützung aus der Luft da war. So wie es um die Geldmittel in der internationalen Politik stand, war ihm klar, dass sie nie in dieses Ödland zurückkehren würden. Das Einzige, was er aus dieser Eishölle würde herausziehen können, war die bittere Genugtuung, dass die Amerikaner eine gehörige Tracht Prügel von den Vereinten Nationen einstecken würden.
    Er merkte, wie ihm die Gelegenheit, die
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