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Tausend Worte der Liebe

Tausend Worte der Liebe

Titel: Tausend Worte der Liebe
Autoren: Linda Lael Miller
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1. KAPITEL
    Marvins Toupet saß ein bisschen schief. Um seinen Mund lag das typische Standardlächeln, welches der Kundschaft im Allgemeinen einen günstigen Kauf versprach. Für Shay Kendall dagegen kündigte es meist Probleme an. Shay richtete sich in ihrem Stuhl auf und blickte aus dem Fenster über den blank polierten Schreibtisch ihres Chefs hinweg. Tausende von dreieckigen Wimpeln in Rot, Blau und Gelb flatterten knatternd im Wind, als fröhlicher Kontrast zum wolkenverhangenen Himmel über der Küste.
    »Ich manage Ihr Büro, Marvin«, sagte Shay nachdrücklich und sah mit nussbraunen Augen in sein freundliches Gesicht, »aber ich bin keine Schauspielerin. So gern ich im Verkauf aushelfe, vor einer Kamera kann ich mir meine Person nicht vorstellen.«
    »Diese Europareise habe ich Jeannie nun seit Jahren versprochen.« Marvin ließ nicht locker.
    Am Bücherschrank lehnte mit verschränkten Armen Richard Barrett, Vertreter einer Werbeagentur in Seattle. Groß, mit flottem Haarschnitt … Man hätte ihn als gut aussehend bezeichnen können, wäre nicht die dunkle, altmodische Hornbrille gewesen.
    »Immerhin sind Sie die Tochter von Rosamond Dallas«, mischte er sich ein. »Und ich wüsste ein paar Hundert Frauen, die sonst was gäben für so eine Chance.«
    Shay schob eine braune Locke zurück und rieb sich die Schläfe. Dann warf sie Mr Barrett einen ironischen Blick zu. »Was heißt hier Chance, Richard? Sie tun so, als wäre eine Neuverfilmung der ‚Zehn Gebote‘ geplant. Aber es geht um einen Werbespot von dreißig Sekunden, bei dem eine Wagenladung Zucker über mich geschüttet wird. Und dabei muss ich auch noch sagen: ‚Wir haben ein Angebot für Sie – einfach Zucker! Kommen Sie zu Reese Motors nach Skyler Beach!‘ In welchem Zusammenhang steht so etwas damit, dass ich Rosamonds Tochter bin?«
    Marvin lehnte sich in seinem Sessel zurück und schmunzelte. Er stellte sich wahrscheinlich vor, wie Shay nach und nach unter einer Tonne weißem Zucker begraben wurde. »Ein beachtlicher Bonus hängt natürlich auch dran«, meinte er beiläufig.
    Von Bonus war bisher keine Rede gewesen. Man hatte nur versucht, Shay die Mitwirkung bei dem vorgesehenen Werbespot schmackhaft zu machen. Sie sollte anstelle des stadtbekannten »Niedrigpreis-Marvin« die Hauptrolle spielen.
    Shay seufzte, während sie ihre finanzielle Situation überdachte. Ihr sechsjähriger Sohn Hank musste neu eingekleidet werden vor Schulbeginn, Rechnungen mussten bezahlt werden, von einigen anderen Ausgaben ganz zu schweigen. »Wie hoch wäre der Bonus?«, fragte sie und fand Richard Barrett widerlich, weil er grinste. Die Summe, die Marvin nannte, reichte für jede Menge Jeans, Turnschuhe, Pullis und T-Shirts, und übrig bleiben würde auch noch etwas.
    »Nur für einen Werbespot? Mehr muss ich nicht machen?« Shay hasste sich, aber bei so viel Geld durfte sie nicht Nein sagen. Ihr Gehalt bei Reese Motors war nicht schlecht, trotzdem musste Shay alles zusammenkratzen, um ihren kleinen Sohn und sich selbst über die Runden zu bringen. Außerdem waren da noch die Steuern für das riesige, leere Haus ihrer Mutter, die Shay sehr belasteten. Gütiger Himmel, dachte sie, wenn ich nur jemanden finden würde, der mir das Haus abkauft …
    Marvin und Richard wechselten vielsagende Blicke.
    »Wenn Sie vergangenen Freitag nicht so eilig hinausgestürmt wären«, sagte Richard besänftigend, »hätte ich Ihnen erklärt, dass wir eine Serie planen. Vier Spots von jeweils dreißig Sekunden. Das bedeutet eine Menge Geld für zwei Minuten Arbeit, Shay.«
    Zwei Minuten! Shay war ärgerlich. Für wie dumm hielt er sie? Keiner wusste besser, dass für dreißig Sekunden brauchbares Filmmaterial möglicherweise tagelang geprobt werden musste, bis alles perfekt saß. Marvin hatte beim letzten Drehtermin praktisch von Beruhigungstabletten gelebt. »Ich mache nur die Büroarbeit, sonst nichts«, wiederholte sie etwas kläglich.
    »Und sind darin erstklassig«, betonte Marvin. »Ich weiß nicht, was wir in all dieser Zeit ohne Sie gemacht hätten.«
    Shay dachte zurück, wie sie vor sechs Jahren hier als Empfangsdame begonnen hatte. Marvin und seine Frau Jeannie waren sehr nett gewesen und hatten ihr geholfen, wo sie konnten. Zum Beispiel bei der Suche nach einem zuverlässigen Babysitter für Hank, durch Einladungen zum Essen und viel gutes Zureden. Es war für Shay schrecklich wichtig gewesen, diesen Job zu behalten, weil sie doch plötzlich mit ihrem Baby auf
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