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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis
Autoren: Thomas Greanias
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könnte ich mir denken.«
    »Glaubst du, dass das, was er über mich gesagt hat, verrückt war?« Conrad suchte ihren Blick.
    »Auch nicht verrückter als eine verlassene Stadt unter dem Eis.«
    Conrad überlegte. »Heißt das, ja, es ist verrückt, oder heißt das, nein, es stimmt?«
    »Es gibt keine Stadt, Conrad«, sagte sie. »Die ganze Angelegenheit ist abgeschlossen. Ein für alle Mal. Vorbei. Klar?«
    »Nicht ganz«, sagte er. »Ich habe eine Wahnsinnsentdeckung gemacht, Serena. Schau dir das mal an.«
    Er zeigte ihr die grobe Skizze, die er von der Sonnenbarke angefertigt hatte.
    Serena runzelte die Stirn. Sie sah dabei wunderschön aus.
    »Sag mir jetzt bloß nicht, dass ich das erfunden habe, Serena.«
    »Nein, Conrad. Ich habe das schon einmal gesehen. Das Washington Monument sah auf der zweihundert Jahre alten Originalzeichnung genauso aus, einschließlich des Rundbaus unten. Der fehlt heutzutage allerdings.«
    Conrad starrte auf seine Skizze und stellte fest, dass Serena Recht hatte.
    Er beschloss, möglichst bald nach Washington zu gehen. Der Nachlass seines Vaters befand sich dort, und außerdem würde er ein paar Dinge klären können. Eines dieser ungeklärten Dinge war zum Beispiel die Sache mit den Pentagon-Akten von den DARPA-Behörden.
    In Conrads Kopf nahm schon eine neue Reise Gestalt an, aber Serena schien das gar nicht zu gefallen.
    »Conrad, hör mal gut zu«, sagte sie sanft, fast verführerisch. »Du bist ein großartiger Archäologe, aber in allem anderen bist du ein lausiger Amateur. Du wirst nichts veröffentlichen. Überhaupt nichts. Weil es ganz einfach nichts zu veröffentlichen gibt. Kein Zepter des Osiris. Nichts. Das einzige Andenken an unser Wahnsinnsunternehmen ist die Sonchis-Karte, und die werde ich nach Rom mitnehmen, wo sie auch hingehört.«
    Conrad blickte auf seinen Nachttisch. »Wo ist meine Kamera?«
    »Welche Kamera?«
    Er schwieg. »Was ist mit uns?«
    »Uns wird es nicht geben. Das ist unmöglich. Verstehst du das denn nicht?« Ein schmerzlicher Ausdruck lag in ihrem Gesicht. »Du wirst gar nichts berichten. Du hast keinerlei Beweise. Die Stadt ist verschwunden. Das Einzige, was bleibt, ist unser Wort. Wenn du unbedingt reden willst, wird dir niemand glauben, außer vielleicht ein paar Freunde von Zawas im Nahen Osten, und die werden dann auf dich Jagd machen. Du wärst das Opfer deines eigenen Größenwahns. Du kannst froh sein, dass du am Leben bist.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Ich bin eine der Direktoren der Australian Antarctica Preservation Society und Beraterin bei der United Nations Antarctica Commission und untersuche die Verletzungen der Umweltvereinbarungen des internationalen Antarktisvertrags.«
    »Ist das alles?«
    »Mein Team hat dich im Eis gefunden«, fuhr sie fort. »Da du der einzige Augenzeuge der angeblichen Ereignisse bist, ist alles, woran du dich erinnerst, höchst willkommen. Ich werde es in meinem Bericht für die Generalversammlung aufnehmen.«
    »Du sollst also den Bericht schreiben?« Conrad konnte nur müde lächeln. Natürlich. Wer sonst hatte schon das internationale Ansehen oder Engagement bezüglich der Erhaltung dieses riesigen, unberührten weißen Kontinents?
    Serena erhob sich, um zu gehen. Sie blickte liebevoll auf ihn hinab, aber ihre Körperhaltung drückte Entschlossenheit aus. »Du Glückspilz.« Sie beugte sich über ihn und küsste ihn auf die Backe. »Du hast einen Schutzengel gehabt.«
    »Bitte, geh nicht weg.« Er meinte es wirklich. Er fürchtete, sie nie wiederzusehen.
    Sie hatte die Hand bereits an der Türklinke, drehte sich aber noch einmal um. »Lass dir von Mutter Erde einen guten Rat geben, Conrad«, sagte sie tapfer. Er merkte, dass sie mit den Tränen kämpfte. »Geh in die Staaten zurück, vögele mit ein paar von deinen Studentinnen und bleibe bei deinen Uni-Vorträgen und bei deinem billigen Touristenspuk. Vergiss alles, was du hier gesehen hast. Vergiss mich.«
    »Einen Teufel werde ich tun«, sagte er, als sie die Tür hinter sich schloss.
    Er blickte ins Leere. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Er dachte über Serena nach.
    Dann kam eine Schwester herein, und der Bann war gebrochen. »Ein Telefongespräch für Sie. Ach ja, der Arzt hat gesagt, dass sie ruhig Kaffee trinken können, wenn Sie wollen. Ich habe ewig gebraucht, bis ich Ihre Thermosflasche gefunden habe.«
    »Sie hat ausschließlich nostalgischen Wert«, sagte er, als die Schwester die grüne Flasche auf seinen Nachttisch stellte. »Nett,
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