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Spuk im Netz

Spuk im Netz

Titel: Spuk im Netz
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Gehirn, Justus? Hat sie dir vorgeschlagen, auch skaten zu gehen? Das ist gar keine schlechte Idee. Du hast heute wieder den ganzen Nachmittag in diesem alten Anhänger gesessen.«
    Justus nickte nur. Seine Gedanken waren ganz woanders. Doch dann sagte er plötzlich: »Du hast Recht, Onkel. Ich fahre gleich los!« Und bevor Onkel Titus sich noch über die plötzliche Sportbegeisterung seines Neffen wundern konnte, war Justus schon draußen. Kurz verschwand er im Kühlschrank, dann kam er wieder heraus, steckte das Handy in die Tasche, schwang sich auf sein altersschwaches Fahrrad und strampelte davon.
     
    Schon von Weitem hörte er Peters Stimme, die aus der Halfpipe schallte. »Komm schon, Bob! Du schaffst es! Super! Noch ein Stück! Und jetzt den anderen Fuß! Jaaaaa!«
    Justus bremste und stieg vom Fahrrad. Als er um die Halfpipe herumging, sah er, wie Peter in eleganten Schwüngen Bob umkreiste, der in der Mitte stand und sein Knie abtastete. »Hallo, Kollegen. Was für ein spektakuläres Kunststück habe ich gerade verpasst?«
    Peter grinste nur. Bob blickte auf. »Es handelt sich um das spektakuläre Kunststück des Aufstehens, nachdem ich mich gerade zum fünften Mal aufs Antlitz gelegt habe. Ich glaube, ich gehe doch lieber schwimmen. Was bringt dich hierher, Just? Hast du nicht vorhin erst geschworen, nur dann in die Nähe eines Sportgerätes zu gehen, wenn damit ein spannender Mordfall verknüpft ist?«
    »Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Nein, ich bin hier, um dir beim Telefonieren zuzusehen.« Justus zog das Handy aus der Tasche und hielt es ihm hin. »Du sollst in der Bücherei anrufen.«
    »Während der Schulzeit? Nachmittags um vier?« Bob runzelte die Stirn. »Ich gehe doch sonst nur während der Ferien hin. Ist da etwas passiert?«
    »Gut kombiniert, Kollege. Das frage ich mich nämlich auch. Ruf an!«
    Peter hörte endlich auf, um die beiden herumzufahren, und brachte sein Skateboard neben ihnen zum Stehen. »Vielleicht hast du da jetzt deinen spannenden Mordfall.«
    »Hoffentlich nicht«, sagte Bob, während er die Nummer eintippte. »Ich kann mir Miss Bennett einfach nicht mit einer Kettensäge vorstellen ... hallo? Becky? Hier ist Bob. Ich sollte zurückrufen ...« Er verstummte, als aus dem Hörer ein erregter Wortschwall drang. Justus und Peter spitzten die Ohren, konnten die Worte jedoch nicht verstehen. Sie konnten nur zusehen, wie sich Bobs Augenbrauen finster zusammenzogen, während er zuhörte. Endlich fragte er: »Und sie hat euch nicht wenigstens angerufen? Verstehe. Ja ... ja, ich denke ...« Er warf seinen Freunden einen fragenden Blick zu, und Justus nickte sofort. »Ja, wir kommen vorbei. In einer Viertelstunde sind wir da. Ja, bis gleich!« Er beendete die Verbindung und gab Justus das Handy zurück.
    »Und?«, fragte Peter. »Was ist los? Gibt es einen neuen sensationellen Fall für die drei berühmtesten Detektive von Rocky Beach? Ist Beckys Meerschweinchen entlaufen und wir sollen es suchen?«
    »Nein, kein Meerschweinchen.« Bob störte sich nicht an Peters zynischem Ton. »Aber Miss Bennett. Sie ist seit gestern Abend spurlos verschwunden.«
     
    Die Stadtbücherei von Rocky Beach befand sich in der alten Schule, nur wenige Straßen vom »Gebrauchtwarencenter T. Jonas« entfernt. Sie bot Raum für etwa vierzigtausend Bücher, und in früheren Zeiten war es Justus´ größter Ehrgeiz gewesen, jedes einzelne davon zu lesen. Erst als Miss Bennett ihm an einem tragischen Dienstagmorgen vor sieben Jahren nicht erlaubt hatte, sämtliche Bücher über den Unabhängigkeitskrieg in einem Handkarren wegzuschaffen, hatte er seine häufigen Besuche für eine Weile eingestellt. Inzwischen bezog er seine Informationen viel häufiger aus dem Internet, seinen eigenen Büchern oder dem umfangreichen Zeitungsarchiv der ›Los Angeles Post‹ und kam nur noch selten hierher. Aber als er jetzt mit Peter und Bob das alte Gebäude mit dem roten Dach und den ausgebleichten Holztüren betrat, erinnerte er sich sofort an die vielen Nachmittage, die er hier verbracht hatte, während seine Klassenkameraden surfen oder schwimmen gingen. Die Bilder an den Wänden waren noch immer die gleichen ausgebleichten Darstellungen verschiedener Indianerstämme der Westküste. Die Regale waren noch dieselben braunen Holzgestelle, von denen die Farbe abblätterte. Und auch der Geruch war unverändert: stickig trotz der geöffneten Fenster, muffig trotz der Orchideenschalen auf den Tischen; der Geruch von Chemie und
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