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Spuk im Netz

Spuk im Netz

Titel: Spuk im Netz
Autoren: Astrid Vollenbruch
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»Weißen Frau« zurückgekehrt. Und endlich hatte sie die richtige Seite gefunden.
    Seit zwei Wochen »jagte« sie nun dieses Gespenst. Abend für Abend, manchmal bis zehn oder elf Uhr, und sie hatte dieses alberne, langweilige, hirnrissige Spiel schon lange satt. Zu allem Übel ließ sich das Bild auch nur alle zehn Sekunden aktualisieren, sodass weder Bewegung noch Richtung – falls es sie denn mal gab – aufgenommen werden konnten. Und trotzdem machte sie weiter.
    In der Ferne hörte sie die Sirene eines Polizeiautos. Sie gähnte, nahm die Brille ab und rieb sich die Augen, dann warf sie einen Blick auf die Uhr. Fast elf! Wie albern – und vor allem unwissenschaftlich –, stundenlang auf einen Bildschirm in einen leeren Raum zu starren ...
     
    Aktualisieren.
    ... in dem sich natürlich nichts tat ...
    Aktualisieren.
    ... nie etwas getan hatte ...
    Aktualisieren.
    ... und nie etwas tun würde.
    Aktualisieren.
    Nichts. Noch einmal, und dann war endgültig Schluss.
    Aktualisieren.
     
    Nichts, natürlich. Noch ein Mal? Also schön ... aber dann wurde es wirklich Zeit, nach Hause zu fahren. Sie drückte auf Aktualisieren , bückte sich nach ihrer Tasche und kramte darin nach dem Autoschlüssel.
    Als sie sich wieder aufrichtete und einen letzten Blick auf den Bildschirm warf, hatte sich etwas verändert. Und plötzlich war alle Müdigkeit vergessen.
    Kerzengerade saß Miss Bennett auf ihrem Stuhl, Tasche und Autoschlüssel in der Hand, und starrte auf den Bildschirm. Dort, in der Tür des Raumes, stand eine weiße Gestalt – unscharf, verzerrt, aber sie war da. Ihr rechter Arm war zur Seite ausgestreckt, als würde sie auf etwas zeigen, das von der Kamera nicht erfasst wurde. Den linken hielt sie schräg vor den Körper.
    Und sie hatte keinen Kopf. Dort, wo der Kopf einer Frau sein sollte, war nur Dunkelheit.
    Miss Bennett schluckte hart. Mit zitternden Fingern speicherte sie das Bild ab und wagte kaum, noch einmal auf Aktualisieren zu drücken, aber dann tat sie es doch.
    Jetzt hielt die weiße Frau den rechten Arm gerade nach unten und den linken schräg nach oben. Miss Bennett speicherte auch dieses Bild, und dann das nächste und übernächste – und dann ging ihr das Speichern zu langsam. Hastig griff sie nach einem Stift und schrieb ein paar Zahlen auf die Schreibtischunterlage, mit ständigem Aktualisieren und den Blick auf den Bildschirm gerichtet.
    Nach der zehnten Aktualisierung war die weiße Gestalt verschwunden. Der Raum war wieder leer. Miss Bennett saß allein in der Bücherei von Rocky Beach, rang nach Luft, starrte auf ihren Zettel und horchte auf den rasenden Schlag ihres Herzens.
    Die Bücherei war so still und dunkel ... merkwürdig, dass es ihr nie zuvor so sehr aufgefallen war, wie still es hier abends wurde. Und als sie kurze Zeit später ein letztes Buch wegräumte, den Computer und den Bildschirm ausschaltete und zur Tür ging, da schloss sich die Dunkelheit hinter ihr wie zupackende Hände.

Eine Dame verschwindet
    Dämmerlicht hüllte ihn ein. Ein fahles, ungesundes Licht färbte sein ohnehin bleiches Gesicht grau. Nur wenige Handbreit über seinem Kopf ragten Stangen und Platten aus Altmetall gespenstisch gegen den kahlen Himmel. Sein Herz hämmerte. Mit der Waffe in der Hand drehte er sich um, suchte den weiten, kahlen Platz ab.
    Irgendwo dort waren sie, und sie hatten keine Chance.
    Ein Instinkt warnte ihn. Er wirbelte herum und feuerte noch in der Bewegung die Waffe ab. Ein Feuerstrahl. Der Untote ging in Flammen auf, wälzte sich noch einen Moment am Boden und löste sich dann auf.
    Rasch drehte er sich wieder um – und da kamen sie. Drei Gegner, die sich zuckend, mit verrenkten Gliedern, auf ihn zubewegten. Sie waren schnell. Zu schnell. Er nahm den mittleren aufs Korn und schoss. Vorbei! Fluchend zog er sich zurück; warum dauerte es so lange, bis die Waffe wieder geladen war? Jetzt! Und nochmal – Feuer! Ja! Getroffen! Und jetzt den nächsten! Und dann –
    »Justus! Juuuuuustus!«
    Er zuckte zusammen, war einen Moment abgelenkt. Er zögerte – zu lange. Die Untoten fielen über ihn her.
    Game over.
    Justus Jonas seufzte. »Natürlich ruft sie mich immer gerade dann, wenn es um Leben und Tod geht«, erklärte er dem Bildschirm erbittert. »Wozu haben wir eigentlich die Zentrale wieder unter Schrott versteckt, wenn Tante Mathildas Stimme trotzdem mühelos durchkommt?«
    Der Bildschirm flackerte ungerührt weiter. Jetzt erschien die Rangliste. Die ersten zwölf Plätze waren
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