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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer
Autoren: Marcia Muller
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rückwärts geneigten Handschrift? Jillian, die
noch immer von Schuldgefühl zerfressen wird, die noch immer um Verzeihung
bettelt.
    Keine Ahnung, ob sie sich in der
Vergangenheit oder in der Gegenwart befand, als sie das Feuer im ‘Windbruch
legte. Wahrscheinlich in der Gegenwart. Sie wollte, dass die Wahrheit ans Licht
käme. Doch als sie zum Cottage flüchtete, durchnässt von dem Unwetter, das
solche Ähnlichkeit mit dem Beginn von Iniki hatte, da war für sie plötzlich
wieder der 11. September 1992 — der Abend, an dem sie in Elsons Cottage Schutz
gesucht und dort Abigail Carews Köfferchen gefunden hatte —
     
    Ein Knacken. Ein Rascheln. Stille.
Matthew, jetzt ganz in der Nähe. Ich konnte ihn nicht sehen, aber ich spürte
seine Präsenz.
    Mondlicht lag auf den obersten Blättern
der Zuckerrohrstengel, aber bis unten drang es nicht durch. Wenn ich mich nicht
rührte, würde er mich nicht entdecken.
    Erneute Stille, bis auf das leise
Raunen des Zuckerrohrs, das Rauschen der Brandung.
     
    Jillian und Abigail. Beider Schicksale
sind miteinander verflochten.
    Abigail kam am 6. September nach Kauai.
Trotz aller Bemühungen Elsons, diesen Besuch geheim zu halten, kam Jillian, die
ruhelose Wanderin, dahinter. Vielleicht freundeten sich die beiden Frauen an.
Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass Jillian die beiden vorsätzlich
verriet. Wohl aber, dass ihr versehentlich etwas entschlüpfte. Und das war — wie sie es bei ihrem Heulanfall
nach der Party im Pali House ausgedrückt hatte — das Ende von allem.
    Am 10. September, noch ehe Elson und
Abigail nach Oahu hinüberfliegen konnten, hat jemand die beiden getötet. Sie
höchstwahrscheinlich im Zuge einer Auseinandersetzung erschossen, mit einer der
Waffen aus dem Waffenschrank im Cottage —
     
    Matthew bewegte sich wieder. Er passte
die leisen Windstöße ab, wohl in der Hoffnung, dass sie das Rascheln und
Knacken überdecken würden. Er kam an mir vorbei, nur wenige Meter entfernt.
Ging tiefer ins Zuckerrohr hinein, in Richtung Meer.
    Ich hielt den Atem an und erduldete die
Insektenstiche. Staub kitzelte mich in der Nase, und ich unterdrückte das
Niesen. Horchte. Weiteres Rascheln und Knacken. Bewegung im Zuckerrohr. Dann
war er verschwunden.
    Ein Trick? Oder tappte er wirklich im
Dunkeln? Wie auch immer, ich durfte mich noch nicht rühren. Vielleicht lauerte
er ja gleich dort draußen, mit dieser tödlichen Spritze...
     
    10. September 1992. Die Leichen lagen
im Cottage, mussten vergraben werden, und Elsons Wald war nah und sicher. Aber
dazu brauchte es zwei Personen.
    Matthew und Jillian. Niemand anderem
konnte er trauen. Während die übrigen Inselbewohner die Geschäfte stürmen, um
sich Notvorräte zuzulegen, sind Matthew und Jillian damit beschäftigt, das
Verbrechen zu vertuschen. Sie arbeiten bis in die Nacht, mit dem Erntemond als
einziger Lichtquelle. Und am Morgen treiben Schuldgefühl und Abscheu Jillian
wieder aus dem Haus. Trotz der Hurrikanwarnung wandert sie ziellos herum. In
dem Chaos, das Iniki hinterließ, gingen alle eventuell noch verbliebenen Spuren
des Verbrechens und der Vertuschungsaktion unter. Als die Familie schließlich
Detektive auf den verschwundenen Elson ansetzte, war die Fährte längst
erkaltet. Und das wäre sie auch geblieben, hätte Jillian nicht das Köfferchen
entwendet und es später dann von Waimea aus an Abigail Carews Heimatadresse in
Australien geschickt. Dennoch dauerte es fast sechs Jahre, bis Glenna auf der
Insel auftauchte, womit die Entdeckungsgefahr real und Jillians Gewissensqual
zu einem echten Risiko wurde...
     
    Mir kam es vor, als kauerte ich seit
Stunden im Zuckerrohr, auch wenn es in Wirklichkeit kaum mehr als fünf Minuten
gewesen sein konnten. Zeit, mich zur Mühle zurückzuarbeiten, damit ich dort
war, wenn die Polizei eintraf. Ich begann, zwischen den Pflanzreihen
entlangzukrabbeln, bemühte mich, nicht an die Stengel zu stoßen. Der Boden
schnitt mir in die Handflächen, schürfte mir die Knie auf, aber ich biss die
Zähne zusammen und kroch weiter.
    Am Rand des Felds zögerte ich: eine
kahle, mondhelle Fläche zwischen mir und den Bäumen, die den Heiau umgaben. Wenn ich losrannte, war ich regelrecht auf dem Präsentierteller...
Verdammt, ich brauchte eine Waffe! Ich hatte mich an die Buchstaben des
hawaiianischen Gesetzes gehalten, hatte Peters Pistole im Malihini House
gelassen. Ich hatte mein Schweizer Messer, aber das nützte auf Entfernung gar
nichts und im Nahkampf mit einem
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