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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht
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kann es einfach nicht.«
    Sie konnte nicht mit einem Mann leben, der sie nicht lieben wollte, einem Mann, der sie nicht in die Arme nehmen wollte, wenn sie weinte; mit einem Mann, der nicht mit ihr weinen wollte.
    Ich kann es nicht. Ivan hatte ihre leisen Worte gehört, und er wäre am liebsten vor ihnen weggerannt, denn sie schnitten tiefer und grausamer in sein Herz als jedes andere Wort in seinem Leben.
    Geh mit der netten alten Dame Ivan. Da wird es dir besser gehen, hatte seine Mutter gesagt, sich umgedreht und war gegangen.
    Häßlicher Zigeunerbastard, hatte seine Großmutter gesagt. Bringen Sie ihn nach Burford Hall.
    Schmutziger kleiner Heide, hatte die Frau des Schulleiters ihn genannt.
    Doch keine dieser Verunglimpfungen, die er in seinem Herzen aufbewahrt und zu Waffen geschmiedet hatte, schmerzte so sehr wie Lucys verzweifeltes Flüstern.
    Ivan konnte kaum atmen. Ein Krampf erfaßte seine Brust, und einen Augenblick lang fürchtete er, zu fallen.
    Doch er fiel nicht. Unbeweglich stand er da, unfähig sich zu rühren, und starrte die Frau an, die mehr Macht über ihn erlangt hatte als sonst ein Mensch. Er war ein erwachsener Mann, besaß Geld, Einfluß und mehr Macht, als einem einzelnen Menschen zustand. Doch mit ein paar Worten hatte Lucy ihn in die Knie gezwungen.
    Sie schlug ihn mit ihren Worten und weinte dabei, als sei sie das Opfer.
    Ivan schauderte und rang nach Luft. Er würde zumindest seine Qual vor ihr verbergen. Sie sollte nicht erfahren, was sie ihm angetan hatte, wie sehr sie ihn verletzt hatte. Und wieviel Macht sie über ihn besaß.
    »Wie du wünschst« sagte er mit einer Stimme, die so ruhig und lässig klang, als verspürte er nicht die geringste Gefühlsregung.
    Lucy senkte den Kopf. Erst da wagte Ivan zu blinzeln, weil etwas in seinen Augen brannte. Tränen? Nein, sicher nicht. Trotzdem war es besser, jetzt zu gehen.
    »Wie du wünschst«, wiederholte er und stelzte zur Tür. »Die Kutsche steht dir jederzeit zur Verfügung.« Er hatte Angst zu gehen, aber noch mehr Angst zu bleiben.
    Wenn er noch blieb, konnte es passieren, daß er zusam-menbrach und sie bat, nicht zu gehen. Er würde ihr womöglich sagen, daß er sie brauchte wie die Luft zum Atmen.
    Draußen vor der Tür blieb er stehen; sein Herz raste und sein Magen brannte. Würde Lucy bleiben, wenn er ihr sagte, wie sehr er sie brauchte? Das war zwar nicht Liebe, aber es war das Beste, was er zustandebrachte.
    Und war das nicht gut genug?
    Er wollte sich eben wieder zu Lucys Tür umdrehen, als der Klang von Schritten auf dem Korridor ihn erstarren ließ. Er sah seine Großmutter auf sich zukommen, und wie sie sich schwer auf ihren Stock stützte, sah sie fast so dünn, klein und zerbrechlich aus wie der siebenjährige Junge, den sie vor über zwanzig Jahren seiner Mutter abgekauft hatte.
    »Ich möchte dir ein paar Worte sagen. Ich werde nicht lange dafür brauchen«, flüsterte sie heiser, als bereite das Sprechen ihr Schmerzen.
    Ivans erste Regung war, sich abzuwenden, sie einfach zu ignorieren. Wegzugehen aus diesem Haus mit all dem Elend, das es für ihn bereithielt. Doch er blieb, denn ihm war klar, daß Flucht nichts nutzte. Trotzdem wollte er nicht mit der Alten sprechen. Doch dann erblickte er Derek hinter ihr, dessen junges Gesicht verwirrt und kummervoll dreinsah.
    Unvermittelt fiel Ivan etwas ein, das Sir James in einer seiner Vorlesungen - es schien Jahre her zu sein -
    behauptet hatte: Kinder lernen von den Erwachsenen, von denen sie umgeben sind - ehrlich oder unehrlich zu sein, großzügig oder kleinlich, gut oder schlecht.
    Seine Großmutter zählte nicht, aber Derek zählte.
    Jedes Kind zählte.
    Ivan atmete tief durch. »Vielleicht sollten Sie sich zuerst setzen.«
    Lady Westcott starrte ihn an, doch nicht mit dem kalten, glitzernden Blick, den Ivan in Erinnerung hatte. Irgendwann in den letzten Tagen schien das Blau ihrer Augen verblaßt zu sein, der unnachgiebige Blick war vorsichtig und blinzelnd geworden. Früher hätte Ivan darüber Genugtuung empfunden, doch nun schien er dazu nicht in der Lage zu sein.
    Er folgte ihr in den Salon. Derek wollte mit hinein-schlüpfen, doch Ivan hielt ihn auf, indem er ihm die Hand auf die Schulter legte.
    »,Bitte, schicken Sie mich nicht weg«, bat Derek.
    »Immer schicken mich alle weg, aber ich weiß doch nicht, wo ich hingehen soll.«
    Ivan tätschelte die Schulter des Jungen. »Es wird nicht lange dauern, ich verspreche es dir.«
    Derek nickte seufzend, und Ivan
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