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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht
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sie, sie liebte mich.«
    »Und du? Liebst du sie?«
    Er antwortete nicht. Er konnte es nicht. Doch sein Schweigen schien seiner Großmutter zu genügen, denn sie kam mit frischer Kraft auf ihn zu.
    »Wenn du sie liebst, Ivan, dann mußt du es ihr sagen.
    Sie ist eine Romantikerin, trotz all ihrer intellektuellen Interessen. Wenn du sie halten willst, mußt du ihr das sagen. Du mußt ihr sagen, daß du sie liebst.«
    »Und Sie sind natürlich eine Autorität auf dem weiten Feld der Liebe«, biß Ivan. »Eine liebende Mutter, deren Sohn zu einem rückgratlosen Wurm heranwuchs. Eine liebende Großmutter, die den Anblick ihres Enkels nicht ertragen konnte. Vielleicht waren Sie eine liebende Gattin. Aber Sie werden verstehen, wenn ich mir das nicht so recht vorstellen kann.«
    Lady Antonia wand sich unter Ivans Sarkasmus, doch obwohl sie unter seiner Verachtung bebte, gab sie nicht auf.
    »Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht«, sagte sie. »Und keinen davon kann ich rückgängig machen. Auch nicht die grausame Weise, wie ich dich als Kind vernachlässigt habe.« Ihre Stimme sank beinahe zu einem Flüstern herab. »Ich habe dir wehgetan, und es tut mir von Herzen leid. Ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Aber ich kann versuchen, die Zukunft zu verändern - deine Zukunft.«
    Wie viele Jahre hatte Ivan auf diese Worte gewartet, und doch entfachten sie jetzt in ihm nur neuen Zorn. Es war einfach zu spät für eine Entschuldigung. »Nein, Sie können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen.
    Und was die Zukunft betrifft - ich will in Zukunft nichts mit Ihnen zu tun haben. Unter keinen Umständen.«
    Die Gräfinwitwe nickte. »Ja, ich verstehe das. Aber ein letzes Wort noch: Vermenge deinen Zorn auf mich nicht mit den Gefühlen für deine Frau!«
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«, gab Ivan zurück.
    »Nein?« Seine Großmutter schien etwas von ihrem Kampfgeist zurückzugewinnen und richtete sich auf.
    »Warum kannst du ihr dann nicht sagen, daß du sie liebst?« Sie sah ihn eindringlich an. »Ich kann sehen, wie tief deine Gefühle für sie sind. Jeder kann es sehen.«
    Ivan begann zu schwitzen. Er starrte Antonia an und wünschte, ihm würde eine vernichtende Antwort einfallen. Doch er sagte nur: »Wenn das so offensichtlich ist, weshalb kann sie es dann nicht bemerken?«
    »Du mußt es ihr sagen«, antwortete Lady Westcott und unterstrich jedes ihrer Worte mit einem Klopfen ihres Stockes. »Du mußt ihr deine wahren Gefühle anvertrau-en. Das ist es, was sie braucht.«
    Ivan wollte das nicht hören. Er wollte nichts von dem glauben, was seine Großmutter sagte, und so etwas schon gar nicht. Was, wenn sie sich täuschte? Was, wenn Lucy ihn nicht liebte? Was, wenn er ihr sein Herz offenbarte und sie ihn trotzdem verlassen wollte?
    Andererseits war sie sowieso entschlossen zu gehen.
    Was also hatte er zu verlieren?
    Seine Würde; seine Selbstachtung; das bißchen Stolz, das ihm noch geblieben war. Und doch wog das alles gering im Vergleich zu dem, was er gewinnen konnte: Lucys Liebe.
    Er ging zur Tür, doch noch einmal hielt die Stimme seiner Großmutter, diese alte, brüchige, ernste Stimme ihn auf. »Ich habe oft schlecht und ungerecht von dir gedacht, Ivan. Aber nie habe ich dich für einen Feigling gehalten.«
    »Dann kennen Sie mich nicht besonders gut«, murmelte Ivan, mehr zu sich selbst. Er war lange Zeit ein Feigling gewesen, der aus Angst, verletzt zu werden, seine Gefühle so tief in sich verschlossen hatte, daß er sie selbst nicht mehr fand. Doch jetzt wollte er kein Feigling mehr sein.
    Er nickte ihr kurz zu und ging. Es gab für ihn jetzt nur einen Weg: den Weg zu Lucy.

25
    Lucy saß am Fenster. Noch lag sommerliches Grün auf dem Land, doch hier und da zeigten sich schon die ersten Spuren des Herbstes. Die Sykomoren begannen ihr Laub abzuwerfen. Die Gänseblümchen waren schon lange verblüht, und die Gärtner gruben sie aus der Erde. Die immergrünen Buchsbäume am Garteneingang waren frisch getrimmt und würden bis zum nächsten Frühling nicht mehr aus ihrer Obeliskenform herauswachsen.
    Lucy legte die Hand auf ihren Bauch, der nun seiner kostbaren Last beraubt war. Würde der nächste Frühling auch in ihrem Körper ein neues Leben entstehen lassen?
    Ein Leben, das in ihr wachsen würde, das sie gebären und für den Rest ihres Lebens lieben konnte?
    Nicht, wenn sie Ivan verließ und zu ihrer Familie zurückkehrte.
    Hoffnungvoll blickte sie zur Tür, doch diese
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