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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß
Autoren: Othmar Franz Lang
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du hast sie für mich genommen.«
    »Stefanie«, sagte Mutter genauso milde wie vorwurfsvoll.
    »Schmecken sie nicht wundervoll?« fragte Vater. »Und der Schinkenspeck gibt ihnen mit dem Käse einen ganz delikaten Geschmack. Schade, daß ich in meinem Magen noch Platz lassen muß für die anderen guten Dinge, die noch kommen sollen.«
    »Du würdest mich zu großem Dank verpflichten, wenn du ein paar kleine Stückchen Spaghetti auf das Tischtuch fallen ließest«, sagte Lucas zu Markus. »Weißt du, nur so über den Tellerrand.«
    Markus tat, wie ihm geheißen, der Spatz hob von der Stuhllehne ab, flog auf den Tisch und pickte die Spaghetti auf.
    »Sieh dir diesen Frechdachs an, rennt auf unserem Tisch spazieren«, rief Stefanie.
    »Gib bloß acht, daß er dir kein Bröselchen stiehlt«, warnte Markus seine Schwester. »Sonst bist du glatt am Verhungern.«
    »Hast du gehört?« fragte Stefanie ihre Mutter. »Er sagt schon wieder, daß ich verfressen bin.«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    »Aber er hat es so gemeint.«
    »Du Ekel!« mischte sich da Kathrin ein. »Andauernd wirfst du uns etwas vor.«
    »Ich hab dir nichts vorgeworfen«, entgegnete Markus. »Aber sonst. Ununterbrochen. Zu Steffi sagst du, sie ist verfressen, und zu mir, daß ich zuviel quatsche.«
    »Das tust du aber gerade wieder.«
    »Mama, hast du das gehört?«
    »Du hast dich ohne besonderen Grund eingemischt, ich frage mich, warum.«
    »Weil er immer frech zu uns ist.«
    »Und ihr seid auf den Mund gefallen und vollkommen wehrlos.«
    »Und du, Kathrin, hast du noch nie Stefanie vorgeworfen, daß sie verfressen ist. Denk an unsere Abreise, als sie unseren ganzen Reiseproviant noch in der Wohnung verschlungen hat.«
    »Es waren bloß zwei Schinkensemmeln«, wehrte sich Stefanie.
    »Du lügst«, warf Kathrin ihrer Schwester vor, »es waren drei Schinkensemmeln und zwei Schokoriegel.«
    »Auf der Rückfahrt müssen wir über Padua fahren«, sagte da Mutter unvermittelt.
    »Und warum?« wollte Vater wissen.
    »Dort gehe ich dann in die Kirche des Heiligen Antonius’ und bitte ihn, er möge irgend etwas tun, damit meine Kinder weniger streiten.«
    »Der Heilige Antonius hilft immer«, sagte da Lucas vom Tisch aus. »Ich könnte dir Geschichten erzählen, stundenlang. Aber nun bist du so nett und gibst eine lange Spaghetti an den Tellerrand. Ich möchte sie meiner Frau bringen.«
    »Jetzt hockt der Spatz noch auf dem Tellerrand!« rief Stefanie.
    Jeder konnte sehen, daß dies stimmte, er hockte nicht nur auf dem Tellerrand, sondern mühte sich, die ellenlange Nudel so in den Schnabel zu bekommen, daß sie links und rechts gleich lang aus seinem Schnabel hing. Als er das geschafft hatte, hob er mit großer Anstrengung ab und flatterte fast senkrecht hoch, oben verschwand er unter der Dachrinne.
    »Ein lustiger Spatz«, sagte Vater.
    »So etwas hab ich noch nie erlebt.«
    »Er heißt Lucas Altamura, hat er mir gesagt.« Markus zuckte zusammen, denn eigentlich hatte er das nicht erzählen wollen.
    »Er spinnt schon wieder«, sagten die beiden Schwestern wie aus einem Mund.
    »Wir sollten auf der Heimfahrt noch einen Umweg über Assisi machen«, schlug Mutter vor.
    »Und warum?«
    »Der Heilige Franziskus hat auch mit den Vögeln gesprochen.«
    »Ja, der«, sagten jetzt alle außer Markus.

2

    Angenehme dämmrige Kühle empfing die Familie Bergmann, als sie nach dem Abendessen ihr Appartement betrat. Die Jalousien waren heruntergelassen, die Fenster halb geöffnet. Es roch auch hier nach den Pinien vor dem Fenster und dem Meer.
    »Eine Luft wie aus Seide«, stellte Vater fest. »Die richtige Urlaubsluft für Feinriecher! Nicht, Christina?«
    »Ich seh mir das Bad noch einmal genauer an«, verkündete Markus und entfernte sich. Wenig später erschreckte die übrigen Bergmanns im Wohnzimmer ein klirrendes Geräusch. Es kam aus dem Bad, und im Bad war Markus. Zu viert stürzten sie hin und sahen ihre Befürchtungen bestätigt. Markus stand da, mit zwei oder drei blutenden Fingern an der rechten Hand, so genau konnte man das beim ersten Hinsehen nicht feststellen. Es konnten auch alle fünf Finger bluten.
    Vater öffnete den Mund, um die Frage zu stellen: Wie hast du denn das wieder angestellt?
    Aber Markus schien mit hellseherischen Kräften begabt zu sein und sagte schnell: »Ich kann wirklich nichts dafür, das Gl... Glas ist mir einfach in der Hand zersprungen.«
    »So, so«, sagte der Vater, »einfach in der Hand zersprungen. Das hätten wir uns ja gleich
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