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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß
Autoren: Othmar Franz Lang
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in ihren Badezimmern, zwei auf dem Balkon und fünf auf dem Klo.
    Da wachte Markus auf, der allein auf der Bettbank im Wohnzimmer schlief. Irgend jemand redete ununterbrochen auf ihn ein. »He«, sagte der, »ich rede mit dir, Faulpelz, versäum den schönen Morgen nicht.« Markus setzte sich auf, rieb sich die Augen und fragte: »Was ist denn los?«
    »Ja, kennst du mich nicht mehr? Hier bin ich, auf dem Fensterbrett. Ich, Lucas Altamura. Ich bin schon seit Stunden wach.«
    »Na und?« fragte Markus und gähnte. »Warum weckst du mich dann?«
    »Erstens wollte ich dich so schnell wie möglich wiedersehen...«
    »Und zweitens?«
    »Zweitens sehe ich dort auf der Anrichte eine angebrochene Kekspackung stehen. Ich muß gestehen, es ist genau die Marke, die ich bevorzuge.«
    »Willst du einen Keks?«
    »Ich bin kein Schnorrer, ich wollte dir nur zeigen, daß ich eine gute Beobachtungsgabe habe. Aber wenn du mich schon fragst, ich würde nicht nein sagen. Mein erstes Frühstück ist schon Stunden her...«
    Markus holte einen Keks aus der Packung und legte ihn aufs Fensterbrett. Dann bemerkte er, daß es doch ein ziemlich großer Keks für einen Spatzen war.
    »Soll ich ihn ein bißchen zerbrechen?« fragte er. »Warum?«
    »Damit du ihn leichter schnabulieren kannst.«
    »Nicht nötig. Wozu hab ich meinen Schnabel und außerdem ist deine rechte Hand verbunden.«
    »Ein kleiner Unfall«, erklärte Markus.
    Da erschien Stefanie im Wohnzimmer, streckte sich, gähnte und seufzte: »Ach, hab ich einen Hunger. Das muß die Luftveränderung sein. Solch einen Hunger hab ich noch nie gehabt. Übrigens, mit wem sprichst du da schon die ganze Zeit?«
    »Mit wem ich die ganze Zeit spreche? Mit einem Spatzen«, antwortete Markus.
    »Du spinnst wohl.«
    »Nein, überhaupt nicht. Er hat mir seinen Namen gesagt. Er heißt Lucas Altamura, Lucas mit c, und er ist der ranghöchste Spatz hier um das Residence herum.«
    »Ich weiß, uralter Adel, Spatzenspitzenadel natürlich. Ist es am Ende der Tischspatz von gestern, dieser freche, aufdringliche Kerl?«
    »Der Spatz von gestern? Du meinst den Stuhllehnenspatzen, den späteren Tischspatzen?«
    »Du weißt genau, welchen Spatzen ich meine. Deinen Tellerrandspatzen meine ich, den Spaghettidavonfliegspatzen, der so frech war, auch noch wiederzukommen. Fliegt der mit der längsten Nudel davon, ist ja kaum hochgekommen.«
    »Er hat nicht geklaut, er hat mich gebeten, und ich hab sie ihm gegeben, sie war für seine Frau.«
    Stefanie zog die Augenbrauen zusammen und betrachtete Markus eine Weile, und da gerade Kathrin auftauchte, sagte sie zu ihr: »Du mußt mit unserem Brüderchen vorsichtig umgehen, er hat einen Spatzen zum Freund.«
    »Sagen wir einfach, er hat einen Vogel«, meinte Kathrin.
    »Die beiden stören uns«, stellte Lucas fest. »Am besten, du schlüpfst in deine Turnhose und in ein T-Shirt, vorher wäschst du dich aber kurz, putzt deinen Schnabel, und dann kommst du hinunter auf die Terrasse.«
    So schnell war Markus noch nie fertig gewesen. Als er die Ferienwohnung, die seine Eltern im Residence gemietet hatten, verließ, rief Stefanie: »Hau nicht ab, es gibt doch gleich Frühstück.«
    »Ja, ja, du mußt nur hinunterrufen, dann komm ich, ich bin unten auf der Terrasse.«
    Lucas wartete schon unten. Er saß auf dem Zweig eines Oleanderbaumes mit rosafarbenen Blüten und sagte: »Ich glaube, du solltest mir etwas über dich erzählen.«
    »Über mich? Was denn? Da gibt’s nicht viel zu erzählen.«
    »Ja, über dich. Ich merke, du hast Schwierigkeiten, eine ganze Menge Schwierigkeiten. Erzähl mir davon.«
    »Was soll ich denn für Schwierigkeiten haben?«
    »Nun, erzähle mir etwas von deinen Freunden.« Markus schwieg, er preßte die Lippen aufeinander und sah düster drein.
    »Nun?« fragte Lucas. »Warum bist du plötzlich so still?«
    »Mit meinen Freunden ist nicht viel los.«
    »Aha, das heißt, du hast nicht sehr viele Freunde?«
    »Da kannst du möglicherweise recht haben.«
    »Sagen wir es genauer, du hast sehr wenige Freunde.«
    »So kann man es auch sagen.«
    »Also so gut wie gar keine?«
    »Einen richtigen Freund habe ich nicht.«
    »Und wie kommt das?«
    »In meiner Klasse mögen sie mich nicht«, gestand Markus und starrte auf eine große, dunkelgraue Ader in der Marmorplatte des Tisches vor sich.
    »Ahnte ich’s doch«, sagte Lucas. »Sicherlich bist du auch ein schlechter Turner?«
    »Das kommt ungefähr hin.«
    »Sie hänseln dich deswegen.«
    »ja, und wenn
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