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Spatz mit Familienanschluß

Spatz mit Familienanschluß

Titel: Spatz mit Familienanschluß
Autoren: Othmar Franz Lang
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guckte hinunter und ließ das Brotbröckchen liegen.
    »Hast du keinen Hunger?« fragte ihn Markus, obwohl er wußte, daß der Spatz ihm auf diese Frage nicht antworten würde.
    »Hunger hab ich schon«, antwortete der Spatz, obwohl auch er wußte, daß Spatzen im allgemeinen die Fragen von Menschen nicht beantworten. »Ich hab sogar großen Hunger. Aber ich hörte zufällig, was es heute alles gibt, und da warte ich lieber noch ein bißchen, zumindest auf die Spaghetti carbonara, sie sind meine Leibspeise.«
    »Bind mir doch keinen Bären auf!« erwiderte Markus. »Was sagst du da?« fragte Vater.
    »Ich meinte nicht dich, sondern...«
    »Sondern wen?«
    »Den Spatzen da.«
    »Aha, du unterhältst dich mit ihm?«
    Markus nickte.
    »Und was sagte der Spatz eben?«
    »Daß er Spaghetti mag.«
    »Und das soll ich glauben?« fragte Stefanie. »Bind mir doch keinen Bären auf. Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, du spinnst.«
    »Stefanie!« rief Mutter mit mildem Vorwurf. Dann nahm sie aber die Hand von Markus, um seine Temperatur zu fühlen. »Fieber hat er nicht«, sagte sie ein paar Sekunden später.
    »Warum soll ich Fieber haben? Nur weil der Spatz mit mir gesprochen hat?«
    »Streite dich nicht herum«, schlug da der Spatz vor. »Du kommst in Schwierigkeiten. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die mit Spatzen sprechen können, und die werden von allen anderen, die nicht mit Spatzen sprechen können, für verrückt gehalten.«
    »Gut, ich werde nicht mehr sagen, daß der Spatz mit mir spricht und ich mit dem Spatzen rede«, antwortete Markus dem Spatzen.
    »Na, Gott sei Dank«, rief Vater, »er ist wieder vernünftig!«
    »Siehst du«, sagte der Spatz, »ich sagte es ja. Und im übrigen verstehe ich ganz und gar nicht, daß du die gratinierten Jakobsmuscheln nicht gegessen hast, es ist eine Delikatesse. Und dann, daß du Spaghetti carbonara nicht magst. Ich begreife das einfach nicht. Sie haben hier den besten Parmesan von allen Hotels in der Nähe, und der Koch ist Sonderklasse, glaubst du, ich wäre sonst hier? Nur das Metropole könnte noch mit dem Residence, was die Küche anlangt, mithalten.«
    »Und warum bist du nicht dort?«
    »Das Publikum dort gefällt mir nicht. Stinkreiche Leute, haben alle kein Herz, besonders nicht für Spatzen.«
    »Jetzt hat er schon wieder geredet«, stellte Kathrin fest. »Was heißt das?«
    »Was heißt was?«
    »Was das heißt, daß du sagst, warum bist du nicht dort?«
    »Wer sagt das?«
    »Du sagst das.«
    »Ich?«
    »Ja, du«, bestätigte Stefanie, »ich habe auch gehört, daß du’s gesagt hast.«
    »Was hat er gesagt?« fragte Vater, der einen Augenblick abwesend gewesen war.
    »Warum bist du nicht dort, hat er gesagt«, sagte Kathrin.
    »Und warum ist er nicht dort?«
    »Wer?« fragte jetzt Mutter. »Wo dort?«
    »Ach, dort wo er hingehört«, seufzte Markus. »Der Spatz hat mich so drollig angesehen, und da hab ich ihn gefragt.«
    »Du redest also doch mit dem Spatzen«, sagte Kathrin triumphierend.
    »Und du mit der Katze von Frau Huber und mit ihrem Wellensittich auch.«
    Zum Glück brachte Renato die Spaghetti.
    »Ich will keine — « begann Markus.
    »Sag das nicht!« rief da der Spatz. »Laß dir Spaghetti auf den Teller legen.«
    »Und warum?«
    »Weil ich sie mag. Und meine Frau auch. Wenn ich ihr eine superlange Nudel mitbringe, wird sie vor Freude ganz aus dem Häuschen sein.«
    »Ja, und wie schaffst du das?«
    »Das laß nur meine Sorge sein.«
    Markus ließ sich Spaghetti geben und erntete die überraschten Blicke der anderen.
    »Brav so«, lobte ihn der Spatz. »Übrigens, da fällt mir ein, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Lucas. Lucas Altamura. Ich komme aus einer vornehmen Familie, die war schon hier ansässig, als es im allerersten Residence nur insgesamt sechs Fremdenbetten gab. Ich kann mit Stolz behaupten, daß meine Vorfahren nie in Pferdeäpfeln herumgestochert haben. Meine Mutter ist eine geborene La Torre. Und mein Urgroßvater väterlicherseits hat den berühmten Sängerwettbewerb für Nachtigallen in Piacenza gewonnen. Und dies, obwohl nur Nachtigallen in der Jury waren.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, und jetzt iß ein paar Spaghetti, du wirst überrascht sein, wie gut sie schmecken.«
    Markus war tatsächlich überrascht. Er hatte sich den Geschmack ganz anders vorgestellt. Nicht so würzig. »Du ißt die Spaghetti selber?« fragte Stefanie enttäuscht.
    »Du siehst es«, sagte Markus mit vollem Mund.
    »Und ich dachte schon,
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