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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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sehr vermisst.
    Nach einer ganzen Weile löste ich mich von ihnen und blickte auf – mitten in zwei meergrüne Augen. Zwei Augen, in denen geschrieben stand: Ich war es nicht. Bitte vertrau mir.
    »O… Otto!«
    »Angela!«
    Meine Beine gaben unter mir nach, ich stürzte mich in seine Arme, barg den Kopf an seiner Schulter. Dieser Mann ist unschuldig, sagte mir jede Zelle meines Körpers. Er wird mir alles erklären. Die Zwillinge werden mir alles erklären. Es gibt eine Erklärung für das, was geschehen ist. Eine plausible Erklärung.
    Während wir so dastanden, ging die Fahrstuhltür auf und meine Eltern traten heraus, gefolgt von nonna .
    Sofort stürzte babbo sich auf Otto und packte ihn von hinten am Kragen seines T-Shirts. »Du deutscher Bastard, du! Was hast du mit meinen Töchtern gemacht?«, brüllte er wie von Sinnen. »Ich werde dich umbringen, auf der Stelle.«
    »Nein!«, schrien wir alle fünf gleichzeitig.
    Ich war beim Angriff meines Vaters rückwärts getaumelt, fing mich aber sofort wieder und umklammerte seinen Arm, um ihn von Otto wegzuziehen, der reglos dastand, ohne sich zu wehren oder sonst etwas zu tun. Die Situation war grotesk. Otto überragte meinen Vater nicht nur um gut einen Kopf, sondern war auch deutlich breiter und muskulöser. Er hätte den Angriff sicher locker abblocken können, tat es jedoch nicht.
    Auch mamma zerrte meinen Vater am Ärmel, woraufhin er sie wütend abschüttelte. »Lass mich los, und ruf lieber die Carabinieri, damit sie diesen Mistkerl verhaften können. Beeil dich!«
    » Babbo , nein«, ertönte da Paolas piepsige Stimme. »Lass ihn los. Er hat uns geholfen.«
    »Otto hat uns nichts getan«, meldete sich nun auch Laura zu Wort. »Er hat uns in unserem Bungalow aufgespürt und uns überredet, mit ihm zurück nach Hause zu kommen.«
    »In welchem Bungalow?«, fragte ich.
    »Na, in unserem Geheimversteck an der Via Sardegna«, sagte Paola ganz selbstverständlich. »Wir haben Otto vor einiger Zeit von dem leerstehenden Haus erzählt, und er hat es sich gemerkt.«
    »In der Via Sardegna? Die ist doch fast an der Autobahn. Was habt ihr denn dort gemacht?«, fragte mamma verblüfft.
    »Uns versteckt«, sagte Laura, »weil wir Mist gebaut haben.«
    »Aus Angst vor babbo «, fügte Paola leise hinzu.
    Beim letzten Satz ließ mein Vater beide Arme sinken und starrte seine jüngsten Töchter schockiert an. Dann strich er übertrieben sorgfältig sein Jackett glatt und sagte völlig konsterniert: »Vor mir?«
    Nonna war inzwischen an ihm und Otto vorbeigeschlüpft und küsste ihre Enkeltöchter auf jeden freien Zentimeter Haut, was den beiden sichtlich unangenehm war.
    » Dio mio , bin ich froh, dass euch nichts passiert ist. Ich habe jede Minute für euch gebetet. Gott hat mich erhört.« Wieder herzte sie die Mädchen, die sich ihrem Griff vergeblich zu entwinden versuchten.
    Als wir endlich alle im Wohnzimmer versammelt waren, meine Eltern und nonna auf dem Sofa, die Zwillinge auf babbos Fernsehsessel, Otto und ich auf dem Perserteppich davor, merkte ich, dass Vale gar nicht mehr da war. Offensichtlich war die Familienzusammenführung zu viel für sie gewesen, und sie hatte sich davongeschlichen. Ich konnte es ihr nicht verdenken und nahm mir vor, später noch mal bei ihr anzurufen. Ihre Fürsorge und ihr Zuspruch hatten mir so gutgetan, und ich hatte geradezu ein schlechtes Gewissen, weil ich mich nicht richtig für ihre Unterstützung bedankt hatte. Immerhin war sie nach meinem Hilferuf sofort vorbeigekommen, obwohl sie sicher nicht mal fünf Stunden geschlafen hatte.
    »Jetzt erzählt endlich, was passiert ist«, holte mamma mich aus meinen Gedanken zurück. »Und zwar von vorne.«
    »Also, wir waren erst in der gelateria «, begann Paola.
    »Das tut doch gar nichts zur Sache«, unterbrach Laura sie sofort.
    »Wohl! So hat der Abend angefangen, und ich soll alles von Anfang an erzählen. Das hat mamma gerade gesagt«, protestierte ihre Schwester.
    Nachdem die beiden sich geeinigt hatten, dass Paola die Geschichte vortragen durfte, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn was sie da erzählte, war so unglaublich, dass es klang wie aus einem schlechten Film.
    Die beiden waren mit ihren Freundinnen erst Eis essen gewesen, was wir von Gina ja bereits wussten. Nur waren sie danach keineswegs mit einem Typen in einer Outdoorjacke mitgegangen, wie Gina es uns weisgemacht hatte, sondern alle zusammen mit dem Taxi nach Cattolica in eine Disco gefahren, und zwar
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