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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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nicht zum ersten Mal.
    Dass Ginas Eltern nicht wie erwartet zu Hause gewesen waren, wenn meine Schwestern bei ihrer Freundin übernachtet hatten, war der erste Schock für meine Eltern gewesen, den sie nur schwer verdaut hatten. Aber nun kam die ganze Wahrheit ans Licht: Ginas älterer Bruder, der an den Wochenenden auf seine Schwester aufpassen sollte, war Türsteher in der Disco in Cattolica und ließ die Mädchen gegen eine »Schutzgebühr«, wie er es nannte, von zwanzig Euro pro Nase rein. Wenn meine Schwestern und ihre Freundinnen sich zurechtmachten, sahen sie locker aus wie neunzehn. Offenbar waren sie bisher nie in eine Kontrolle geraten.
    In der Disco hatte ein etwa Fünfundzwanzigjähriger Laura angesprochen und ihr zwei Karten für das Linkin-Park-Konzert angeboten. Als sie mit ihm und Paola in den Barbereich gegangen war, um sich die Karten zeigen zu lassen, hatte er ihnen einen Drink spendiert, in dem vermutlich K.-o.-Tropfen gewesen waren. Sie waren kurz darauf noch mit ihm zu seinem Auto gegangen, konnten sich danach jedoch an nichts mehr erinnern.
    Ich wurde stutzig. »Woher wusste der Typ, dass du Karten für das Konzert haben wolltest?«, unterbrach ich sie. »Kanntest du ihn denn?«
    »Nein«, versicherte Laura mir und wäre fast vom Sessel gefallen, so heftig schüttelte sie den Kopf. »Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.«
    »Könntest du ihn denn beschreiben, wenn wir zur Polizei gehen?«, hakte babbo nach.
    Sie sah Paola an, die bloß mit den Schultern zuckte. »Nicht richtig. Erstens war es sehr dunkel in dem Laden, und zweitens habe ich einen totalen Filmriss. Vielleicht würde ich ihn wiedererkennen, wenn er vor mir stehen würde, aber sicher bin ich mir nicht.«
    Ab da erzählte Laura weiter. Der Typ, von dem sie nicht mal mit Sicherheit sagen konnten, ob er allein gewesen war, musste sie in sein Auto verfrachtet und in ein freistehendes Haus in Richtung Coriano gebracht haben. Angetan hatte er den beiden zum Glück nichts, aber er hatte sie in einem Zimmer im ersten Stock eingesperrt, wo sie am späten Nachmittag des nächsten Tages aufgewacht waren. Nachdem sie gemerkt hatten, dass niemand außer ihnen da war, hatten sie erst versucht, die Tür aufzubrechen. Als es ihnen nicht gelang, waren sie aus dem Fenster geklettert und hatten sich aus drei Metern Höhe ins Gras fallen lassen. Paola hatte den Anfang gemacht, indem sie sich von außen ans Fensterbrett gehängt und die Fallhöhe so verkleinert hatte. Zum Glück waren die beiden sehr sportlich, und ihnen war nichts passiert.
    »Wieso habt ihr mich denn nicht angerufen?«, fragte ich entsetzt. »Otto und ich hätten euch sofort abgeholt.«
    »Wir haben uns nicht getraut. Wir dachten, babbo bringt uns um, wenn er herausfindet, dass wir heimlich in der Disco waren. Es war inzwischen Sonntagabend, und uns war klar, dass ihr uns schon sucht.«
    Nonna schlug die Hände vors Gesicht. »Wisst ihr eigentlich, was wir uns für Sorgen gemacht haben? Ich war halbtot vor Angst um euch.«
    Die Zwillinge nickten betreten. »Ja, aber wir hatten solche Panik, dass wir erst mal in unser Versteck gelaufen sind. Wir wollten nur weg von dem Haus. Wir wussten ja nicht, ob und wann der Typ wiederkommt. In unserem Bungalow waren wir in Sicherheit und konnten in Ruhe nachdenken, was wir als Nächstes tun sollten.«
    »Versucht euch doch bitte noch mal an den Typen zu erinnern«, bat ich die beiden, weil mir die seltsame Story mit den Konzertkarten keine Ruhe lassen wollte. »Hatte er vielleicht etwas Auffälliges an?«
    Lauras Miene hellte sich auf. »Ja, so eine komische Outdoorjacke, wie Otto eine hat, um die Hüften gebunden.«
    »Moment mal«, hakte ich nach, denn erst jetzt merkte ich, dass die Geschichte mehr als einen Haken hatte. »Der Typ mit der Outdoorjacke hat dich erst in der Disco angesprochen?«
    »Ja, wieso?«, fragte Laura verwirrt.
    »Weil Gina uns eine andere Version erzählt hat«, beantwortete mamma ihre Frage. »Nämlich dass ihr in der Eisdiele mit ihm verschwunden seid.«
    Paola winkte ab. »Na logo! Wenn sie auch nur einen Ton von der Disco gesagt hätte, dann hätte sie ja ihren Bruder verpfiffen.«
    »Stimmt auch wieder.« Mamma gab sich mit der Erklärung zufrieden.
    Ich nicht.
    »Irgendwas passt da nicht«, überlegte ich laut. »Nur was?« Ich trommelte mit den Fingern auf den Marmorboden, während ich fieberhaft nachdachte.
    Otto musterte mich eingehend. »Was meinst du? Für mich klingt das, als hätte jemand versucht, so
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