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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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1.
    »Oooooh Otto, ich hab dich ja sooooo vermisst.«
    »Ich dich auch, meine bella , ich dich auch. Komm in meine Arme, ich möchte dich spüren. Aaaaah, du fühlst dich guuuut an.«
    »Mmmh, deine Küsse schmecken sooooo süß!«
    »Deine auch. Aber du bist noch viiiiiiel süßer. Wie Honig.«
    »Es tut so guuuuuut, dich wieder im Arm zu halten. Nach sooooo langer Zeit. Viiiiiel zu lange waren wir getrennt. Zu viiiiiiele Stunden habe ich mich nach dir verzehrt.«
    »Jetzt sind wir ja endlich vereint. Nun wird alles gut, amore mio . Ich lass dich nieeeeee mehr los, versprochen.«
    »Ich dich auch nicht. Mein Verlangen nach dir war sooooo grooooß.«
    »Und meines erst. Ich bin total scharf auf dich und könnte dich auf der Stelle vern…«
    Wie bitte? Was mussten meine armen Ohren da mit anhören? Was ging da in meinem Zimmer vor sich? Ich bückte mich und presste das linke Auge gegen das Schlüsselloch, vermochte jedoch nichts zu erkennen.
    Dafür konnte ich umso mehr hören: erst Gestöhne, dann Gekicher. Danach Gegacker, schließlich Gepruste und schallendes Gelächter.
    » Porca miseria! «
    Mit einem Ruck riss ich die Tür auf und wollte ins Zimmer stürzen. Doch bei dem Anblick, der sich mir bot, hielt ich schockgefrostet inne und wäre am liebsten rückwärts wieder rausgerannt.
    Meine beiden heißgeliebten oder vielmehr zutiefst gehassten kleinen Schwestern standen vor der Spiegeltür meines Kleiderschranks und warfen sich verführerisch-verliebte Blicke zu. Laura hatte beide Arme um Paolas Hüften gelegt, und sie schmiegten sich eng aneinander. Als mein Schrei den Raum durchdrang, fuhren die Zwillinge auseinander.
    »Ooooooch!«, sagte Paola spöttisch, die sich als Erste wieder fing. »Eine Runde Mitleid für unsere arme, liebeskummergeplagte große Schwester.«
    Sofort gackerte Laura wieder los.
    »Ich bringe euch um!«, brüllte ich außer mir und wusste nicht, wen ich zuerst an den Haaren aus meinen vier Wänden zerren sollte. Die beiden wussten ganz genau, dass sie in meinem Zimmer nichts verloren hatten, von ihrer ebenso schlechten wie geschmacklosen parodistischen Darbietung ganz zu schweigen. »Das wird euch noch leidtun, ihr Monster!« Wie eine Furie stürmte ich auf die beiden zu und versuchte sie zu fassen.
    Doch ich war wie so oft zu langsam. Paola duckte sich und zischte an mir vorbei, und ehe ich mich umdrehen konnte, war auch Laura auf und davon. Sie stürmten in ihr Zimmer, warfen die Tür hinter sich zu und drehten den Schlüssel im Schloss. Die beiden waren genau drei Sekunden schneller als ich – und das waren leider nicht nur in der Leichtathletik ganze Welten. Wie eine Idiotin stand ich vor der Tür im Flur und rüttelte vergeblich an der Klinke, was mich nur noch wütender machte. Durch das dicke Holz hörte ich die hinterhältige Brut nach Luft schnappen, bis eine von beiden vor lauter Lachen anfing zu husten.
    »Hoffentlich erstickst du!«, brüllte ich und wollte schon ausholen, um die Tür einzutreten. Aber dann besann ich mich eines Besseren und ging hocherhobenen Hauptes davon, auch wenn es niemand sehen konnte.
    In meinem Zimmer ließ ich mich aufs Bett fallen, und um nicht losheulen zu müssen, schmiedete ich Rachepläne. Diese gemeinen Gören! An meinem wundesten Punkt hatten sie mich erwischt: meiner Sehnsucht nach Otto.
    Hätte ich diesen Biestern doch bloß kein Wort von ihm erzählt, dann könnten sie mich jetzt nicht mit meiner Verliebtheit aufziehen. Obwohl – ich hätte sowieso keine Chance gehabt. Einerseits konnte ich meine Gefühle nicht verbergen, andererseits nervte mamma seit meiner Rückkehr aus München alle mit ihrer Begeisterung von dem tedeschino , dem kleinen Deutschen, wie sie meinen ehemaligen Nachbarn aus der Studenten- WG ausschließlich nannte. Dabei war Otto alles andere als klein, aber nach etlichen unschön endenden Diskussionen zu diesem Thema sah ich irgendwann davon ab, sie jedes Mal darauf hinzuweisen.
    »So einen charmanten jungen Mann habe ich ja schon lange nicht mehr erlebt«, sagte sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit. »Er hat sich sogar extra einen Tag freigenommen, um mir die Stadt zu zeigen, und …«
    »… er weiß, wie man eine echte italienische Signora behandelt«, beendete inzwischen die gesamte Familie im Chor den Satz, den wir unfreiwillig im Schlaf hersagen konnten.
    Es war echt schlimm, meine ganze Sippe redete ständig von Otto und mir, als wären wir seit zehn Jahren zusammen, dabei waren wir gar kein Paar. Wir
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