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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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auszusehen wie ich.«
    »Ja klar, jetzt weiß ich’s. Gianmarco hat mir genau die gleiche Story aufgetischt. Wie kommt er dazu, mir zu erzählen, dass er den Typen, den wir alle für dich gehalten haben, in der Eisdiele gesehen hat, wenn das alles erst in der Disco passiert ist?«
    Nun wurde Otto hellhörig. »Was hat denn Gianmarco mit der Sache zu tun?«
    »Das würde ich ehrlich gesagt auch gerne wissen«, sagte ich und sprang auf. »Sorry, aber ich glaube, ich muss mal kurz telefonieren«, schob ich hinterher und ging in mein Zimmer. »Da ist mir jemand eine Erklärung schuldig.«
    Als ich zehn Minuten später zurück ins Wohnzimmer kam, waren sechs Augenpaare erwartungsvoll auf mich gerichtet. Mit meiner Mutmaßung, dass Gianmarco in die Sache verstrickt war, hatte ich richtig gelegen. Was allerdings die wahren Umstände der Entführung anging, hatte mir sein Geständnis komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Meiner Familie erging es ähnlich. Während ich redete, spiegelte sich erst Unglaube, dann Fassungslosigkeit und schließlich blankes Entsetzen in den Mienen der Zuhörer. Nonna schlug die Hand vor den Mund, mamma fing an zu weinen, während babbo und Otto nicht aufhören wollten, den Kopf zu schütteln. Die Zwillinge sagten ausnahmsweise gar nichts mehr.
    »Aber sie war wie eine Tochter für uns«, schluchzte meine Mutter, nachdem ich geendet hatte. »Wie konnte sie uns bloß so etwas antun?«
    »Dieses kleine Aas«, sagte nonna nur.
    »Ich glaube, ich muss mal wieder die Polizei anrufen«, sagte babbo .
    Damit eilte er in die Küche, um das Telefon zu holen und meine ehemals beste Freundin anzuzeigen. Nachdem er aufgelegt hatte, ging er schnurstracks auf Otto zu und hielt ihm die Hand entgegen.
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte mein Vater förmlich und wich dem Blick seines Gegenübers nicht aus. »Ich habe dich die ganze Zeit über falsch eingeschätzt. Ich weiß, dass ich nicht sehr nett zu dir war, und ich hätte einiges dafür gegeben, wenn du meine Tochter in Ruhe gelassen hättest und in deinem Deutschland geblieben wärst.« Er räusperte sich mehrfach.
    Die Anspannung im Raum fühlte sich an wie elektrische Energie, sogar die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf. Unsere Blicke ruhten auf meinem Vater, und auch Otto sah ihm direkt in die Augen, ohne eine Miene zu verziehen oder sich sonst wie anmerken zu lassen, was er dachte.
    »Aber nun bin ich dir unendlich dankbar dafür, dass du meine Töchter gerettet hast, obwohl ich dich zum Teufel gejagt habe. Ich hoffe, du kannst meine heftige Reaktion zumindest halbwegs verstehen. Als besorgter Vater sind die Pferde mit mir durchgegangen. Bitte verzeih mir.«
    Da lächelte Otto, und seine Antwort kam sichtlich von Herzen, als er sagte: »Ja, gerne.«
    Mamma war schneller als ich. Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn ab, bis er schier keine Luft mehr bekam. »Grazie, grazie mille« , sagte sie immer wieder.
    »Wir haben von Anfang an gewusst, dass er ein Held ist«, sagte Paola und wurde ein bisschen rot dabei.
    Laura beschränkte sich aufs Nicken.
    Dann kam ich endlich an die Reihe. Vor den Augen meiner versammelten Familie küsste ich Otto und hielt ihn minutenlang fest umschlungen. Es war mir egal, ob mein Vater mir dabei zusah und ob es ihm womöglich nicht passte. Genauso egal war es mir, dass meine ganze Familie um uns herumsaß, denn was ich zu sagen hatte, durfte jeder hören.
    »Ich möchte mich ebenfalls bei dir entschuldigen«, begann ich. »Dafür, dass ich nicht immer zu dir gehalten habe und zwischendurch sogar fast geglaubt hätte, dass du meine Schwestern entführt haben könntest. Ich bin eine solche Idiotin. Hiermit verspreche ich dir hoch und heilig, dass so etwas nie wieder vorkommen wird, egal, welche Überraschungen das Leben noch für uns bereithält. Okay?«
    Schüchtern blickte ich zu ihm auf und wartete auf seine Antwort.
    »Okay«, sagte er und tippte mir mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze. »Allerdings gehe ich davon aus, dass das Leben nur noch angenehme Überraschungen für uns bereithält.«
    Dann küsste er mich, und ich fühlte mich gegen alle Widrigkeiten dieser Welt gewappnet.

Epilog
    »Was ist denn nun die Überraschung?«, quengelte ich wie eine Vierjährige. Meine Neugier war wieder mal stärker als jede Beherrschung, und wie immer, wenn ich etwas Schönes witterte, gab ich keinen Pfifferling auf meine sonst so hochgehaltene Contenance. »Nun sag schon!« Ich stieß Otto in
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