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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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die Seite und versuchte mich an einem verführerischen Augenaufschlag.
    Seine deutschen Gene erwiesen sich als immun gegen italienische Einschmeichelversuche, denn er blieb hart. Mehr als ein Grinsen konnte ich ihm mit meiner Aktion jedenfalls nicht entlocken.
    »Verraten wird nichts, sonst ist es ja keine Überraschung mehr. Was ist jetzt, bist du dabei?«, fragte Otto und öffnete die Wohnungstür.
    »Ich höre mich nicht nein sagen.« Ich schob die Unterlippe in Schmollposition, trotzdem versuchte ich cool zu bleiben. Immerhin hatten wir uns gerade erst versöhnt, da konnte und wollte ich wegen einer solchen Bagatelle kein neues Fass aufmachen. Obwohl ich meine Neugierde keineswegs als Bagatelle bezeichnen würde.
    Wir hatten gerade mit der ganzen Familie Mittag gegessen. Inzwischen hatte Otto wieder einen festen Platz bei uns am Küchentisch. Nach dem caffè hatte mein Freund mich an der Hand genommen und meinen Vater gefragt, ob er mich für ein paar Stunden entführen dürfe. Selbstverständlich hatte das Familienoberhaupt gnädig genickt und uns seinen Segen zu dem Ausflug erteilt.
    Daher dackelte ich nun brav hinter Otto die Treppe hinunter und stellte erstaunt fest, dass er auf unseren neuen Wagen zusteuerte.
    Er wedelte mir mit dem Schlüssel vor der Nase herum. »Dein babbo hat ihn mir geliehen.«
    »Wow!«, sagte ich nur, ehe ich mich auf den Beifahrersitz fallen ließ.
    Vermutlich wollte mein Vater damit beweisen, dass er meinem Freund mittlerweile wirklich vertraute.
    Ganze siebenundvierzig Sekunden konnte ich mich beherrschen, dann stieß ich hervor: »Wohin geht’s denn nun?«
    Allmählich wurde ich nervös. Er würde doch nicht mit mir nach Rom fahren wollen? Das war zwar ein sehnlicher Wunsch von mir, aber eine solche Reise wollte vorbereitet werden. Man musste packen. Man musste sich in Stimmung bringen für die romantischste Stadt der Welt. Und man musste vorher zum Frisör. Ich jedenfalls.
    Otto schaltete Musik ein und ließ sich nicht beirren. Wohin fuhren wir? Er nahm den Weg runter zum Strand und bog rechts ab Richtung Cattolica. Hm, zur Autobahn hätte er in Richtung Berge fahren müssen, über die Statale. Mir rauchte der Schädel vor lauter Spekulieren, denn wir hatten keinerlei Gepäck dabei. An den Strand konnte es nicht gehen, sonst hätte er sicher Badesachen eingepackt. Übernachten würden wir auch nicht, jedenfalls entdeckte ich nichts, was darauf hindeutete.
    Ich war so sehr in Gedanken versunken, dass ich gar nicht merkte, als er anhielt. Erst als er neben mir stand und mir die Wagentür aufhielt, schreckte ich hoch.
    »Wo sind wir?«, fragte ich.
    »In Südafrika.«
    »Haha!«
    »Am Kap der Guten Hoffnung – jedenfalls symbolisch. Aber jetzt hör endlich auf zu fragen und komm mit. Sonst drehe ich um und lade dich wieder bei deinen Eltern ab.« Seine Stimme hatte einen leicht drohenden Unterton angenommen.
    Gespannt ließ ich den Blick über den schmalen Pfad wandern, der sich zwischen ein paar Bäumen und Felsen zum Meer hinunterwand.
    »Wir sind in Gabicce, stimmt’s?«, mutmaßte ich. »Hier oben war ich schon ewig nicht mehr.«
    Die verwunschenen kleinen Buchten, die zu den romantischsten Orten hier in der Gegend zählten, waren ein echter Geheimtipp für Liebespaare. Allerdings sah bisher alles eher nach einer unromantischen Wanderung aus. Wo waren der Rotwein und die Gläser? Wo die Kerzen? Meine Hoffnung auf einen stimmungsvollen Abend schwand, denn Otto hatte nichts dabei außer dem Autoschlüssel. Selbst den Riesenrucksack hatte er zu Hause gelassen, was mein Misstrauen weckte.
    So erfreut ich über seine Initiative war, so sehr hätte ich mir statt deutscher Schlichtheit etwas mehr italienische Phantasie erhofft. Romantische Phantasie, versteht sich. Doch den Gefallen tat er mir nicht.
    »Ganz genau. Das hier ist der letzte Küstenort der Emilia Romagna, ehe die Marken beginnen, am Fuße des beeindruckenden Monte San Bartolo«, beantwortete er meine Frage. »Ist es nicht herrlich hier?« Er seufzte.
    »Ja«, sagte ich und ließ den Blick über die bewaldeten Hügel hinter mir schweifen. Es war erstaunlich grün hier. Vor mir erwartete mich das weite Meer mit seinem dunklen Blau, das ich in München so oft vermisst hatte.
    »Und so geschichtsträchtig«, fügte er hinzu.
    »Wie jetzt?« Darauf war ich nun wirklich nicht gefasst.
    Otto stutzte. »Na ja, wegen der Baia Vallugola, dieser verwunschenen Bucht. Sag bloß, du kennst die Legende nicht? Du bist doch von
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