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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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hier!«
    »Willst du mir jetzt eine Stunde Outdoor-Geschichtsunterricht erteilen?«, fragte ich leicht ungehalten und beschloss, sofort umzukehren und notfalls zu Fuß nach Riccione zurückzulaufen, wenn das sein Ernst sein sollte. »Natürlich weiß ich von der versunkenen Stadt. Das Thema nehmen wir hier schon in der Grundschule im Heimatunterricht durch«, fügte ich hinzu.
    Wie kam Otto nur darauf? Wer hatte ihm von diesen verlassenen, kleinen Buchten und vom Atlantis der Adria erzählt? Etwa meine nonna ?
    Als könnte er meine Gedanken lesen, sagte er: »Ich habe den Tipp von Gianmarco. Als Wiedergutmachung sozusagen.«
    Bass erstaunt hörte ich ihm zu.
    »Dein Exfreund war neulich bei mir, um sich zu entschuldigen. Er ist echt ein netter Kerl, und die ganze Aktion tat ihm furchtbar leid. Wir waren zusammen einen Wein trinken, und er hat mir die Geschichte noch mal aus seiner Sicht erzählt. Respekt, dass er so ehrlich war und zugegeben hat, dass er dich damit unbedingt zurückerobern und vor dir als Retter in der Not auftreten wollte. Als Vale ihm die Idee mit der Entführung deiner Schwestern unterbreitet hat, da hat er nicht lange gefackelt und sich von ihr einspannen lassen. Die beiden hatten vereinbart, dass sie ihm die Zwillinge am Montagabend übergibt, damit er sie zu euch bringen kann. Leider haben sie nicht mit der Eigeninitiative deiner Schwestern gerechnet. Die beiden haben ihren schönen Plan durchkreuzt.«
    Gianmarcos Offenheit beeindruckte mich. Natürlich war auch er zumindest indirekt an einer Straftat beteiligt, aber seine Rolle war eher klein und kam jener einer Randfigur gleich. Die Hauptakteurin war Vale gewesen, die das Ganze nicht nur geplant, sondern auch den Entführer engagiert hatte. Ihre Motive waren so niederträchtig wie sie selbst: Neid, Eifersucht, Rache. Sie hatte mir mein Glück mit Otto nicht gegönnt, hatte sich zurückgesetzt gefühlt und konnte nicht damit leben, dass ein anderer Mensch mir wichtiger war als sie. Zunächst hatte sie auf vergleichsweise harmlosem Weg versucht, die Beziehung zu torpedieren, indem sie meinen Vater in seiner Aversion gegenüber Otto bestärkte; indem sie mit Otto gesimst hatte, als er in Deutschland war, um mich eifersüchtig zu machen; indem sie Gianmarco reaktiviert hatte; indem sie meinen Onkel zu diesem bescheuerten Flirtunterricht im Babalu angestiftet hatte. All das war auf ihr Konto gegangen. Als ihre kleinen Intrigen nicht den gewünschten Erfolg brachten, hatte sie diesen gefährlichen Plan ausgeheckt.
    Die ganze Zeit über hatte sie mir ihre Freundschaft also nur vorgespielt, um mich in Sicherheit zu wiegen. Das hinterlistige Luder hatte alles bis ins letzte Detail durchkalkuliert, nur um mir eins auszuwischen.
    Das alles wusste ich nicht von ihr selbst, denn ich hatte es nicht über mich gebracht, sie zur Rede zu stellen. Ich wollte diesen Menschen, der mich so sehr enttäuscht hatte, nie wiedersehen. Doch mamma , der das Ganze keine Ruhe gelassen hatte, war zu ihr gegangen, um mit ihr zu sprechen. Vale stand unter Hausarrest, musste jedoch nicht ins Gefängnis, da keine Fluchtgefahr bestand. Sie war mehrfach verhört worden und wartete nun darauf, dass der Prozess gegen sie begann. Babbo hatte seine Anzeige nicht zurückgezogen, obwohl mamma ihn mehrfach darum gebeten hatte. In dieser Angelegenheit setzte er sich durch. Zu Recht, wie ich fand.
    Ich seufzte. »Irgendwie kann ich es immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet meine beste Freundin zu so etwas fähig ist. Sie hätte die Zwillinge in Lebensgefahr bringen können mit dieser bescheuerten Entführung. Stell dir mal vor, die Tropfen hätten nicht gewirkt oder die beiden hätten sich gewehrt. Was, wenn der Typ panisch geworden wäre und sie mit Gewalt ruhiggestellt hätte?« Bei dem Gedanken wurde mir selbst im Nachhinein noch schlecht. »Wie jemand von Neid und Missgunst derart zerfressen sein kann, ist mir ein Rätsel.«
    »Ich denke, ihre Verzweiflung war größer, als du ermessen kannst«, sagte Otto der Gute.
    Ich ignorierte seinen Einwand. »Das Schlimmste für mich ist: Ich hätte es wissen müssen. Immerhin hat sie mich letztes Jahr in München schon mal verraten, aber ich Schaf habe ihr verziehen.«
    Otto umarmte mich. »Du bist kein Schaf. Jede andere wäre genauso darauf reingefallen, glaub mir. Du musst dir keine Vorwürfe machen.«
    »Mache ich mir aber.«
    Er drückte mich fester, und ich legte den Kopf an seine Schulter. So geborgen und sicher wie in seinen Armen
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