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Blut Licht

Titel: Blut Licht
Autoren: Rebecca Abrantes
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Prolog
    Silbriges Mondlicht kämpfte sich mit schwachen Strahlen durch das Geflecht zerrissener Wolkenschwaden, die in rasanter Lebhaftigkeit über den Himmel fegten, berührte hier und da den Boden und tauchte das Tal in ein unheimliches Schattenspiel. Der Nebel kroch mit gespenstig klammen Klauen aus den Senken die Böschungen empor und vereinte sich mit den grauen Schwaden aus den beiden Flussarmen, die das Tal umschlossen.
    Unaufhaltsam schleppte sich die gräulich wabernde Masse, von unsichtbaren Fäden dirigiert, die Hänge empor, und endete abrupt an einer dunkel schimmernden Wand, die sich inmitten des Tals erhob, einem unüberwindbaren Bollwerk gleich, ln kräuselnden Wellen schwappte der Dunst zurück, floss nach und nach um die große, quadratische Barriere herum und schloss sie ein. Da zog er sich Meter um Meter zurück, um sich sodann geballt zu erheben, bis jeder Halm, jeder Stein und Strauch darin entschwunden war, verschluckt von seinem breiten Schlund. Kein Laut war zu vernehmen und fort war jedes noch so winzig glimmende Licht. Und selbst der volle Mond schien seinem Schein zu verlieren und versteckte sich hinter der dichten Wolkenwand.
    Ohne Vorwarnung erhob sich etwas aus diesem Nebel. Lautlos und gespenstig. Es wuchs an und formierte sich, bis aus Gespinst und Fäden eine einzige, gestreckte Masse wurde, die sich ruckartig und mit ungelenken Zuckungen teilte. Mehr und mehr Gestalten schienen daraus zu erwachsen; männliche, weibliche, große und kleine. Erst waren es zehn, dann zwanzig, dann wurden es stetig mehr. Sie trennten und verbanden sich, um sich bald in einer breiten, dichten Reihe, in vielen Metern Entfernung vor der dunkel schimmernden Mauer aufzubauen. Bewegungslos verharrten sie. Abwartend.
    Da floss der Nebel erneut ineinander, bildete einen kleinen Wirbel, der rasend schnell anwuchs und sich ausdehnte, bis aus ihm ein hoher, vom Boden ausgehender Tornado entstanden war. Doch ebenso plötzlich fiel der Strudel in sich zusammen. Aus seiner Mitte erhob sich ein dunkelhaariger Mann, der an Größe und Breite die meisten seiner Art übertraf. Ihn umgab eine Aura der Bosheit, dass selbst der Dunst vor ihm zurückwich. Ein leises Raunen ging durch die Reihen der nebligen Gestalten.
    Hellblau stachen die unter buschigen Brauen liegenden Augen aus
    der Dunkelheit seines kantigen Gesichts hervor und offenbarten einen tief in ihm schwelenden Zorn, der so alt war wie die Zeit selbst. Verächtlich zog er die Stirn kraus, auf deren Mitte sich ein rotunterlaufenes Feuermal in Form einer gebogenen Sichel befand. Hasserfüllt starrte er das glimmende Hindernis an.
    Vor ihm lag endlich sein Ziel. All sein Streben, seine Bemühungen der vergangenen Ewigkeit galten diesem einen Moment. Dem Erreichen dieses Ortes auf der ihm abgewandten Seite, getrennt nur durch diese Barriere. Endlich. Denn diese, auf der sie standen, war dunkel, kalt und unwirtlich. Verlassen, eine Einöde. Die Verbannung.
    Ruhig sah er zurück, nahm die vielen seiner eigenen Art in Augenschein und verzog seine Lippen zu einem bösartigen Lächeln. Flüchtig blitzten dabei die scharfen Spitzen seiner Fangzähne auf, ehe er sich abwandte und mit festen Schritten den Nebel durchschritt. An seinen Begleitern vorbei, bis direkt vor die Wand. Kurz zuckte seine Hand, doch wagte er nicht, die Barriere zu berühren. Nur wenige Zentimeter vor ihr malte er drei Symbole in die Luft und murmelte kehlig klingende, fremdartige Worte. Dann trat er zurück und hob einen Arm.
    Auf seinen stillen Befehl hin, setzen sie sich in Bewegung, nutzten die Dunkelheit als Schutz. Kaum eine Regung schien von ihnen auszugehen. Schwerelos glitten sie über Stock und Stein, über Gras und Sand und zerteilten für wenige Augenblicke den Nebel, der hinter ihnen wieder zu einem einzigen Meer zusammenfloss, als wäre er ein Teil von ihnen. Gebeugt eilten sie die Mauer entlang, umschlossen das Areal. Die Vorhut, die Unseligen, die ablenken sollten. Die, die ihr Leben verwirkt, bevor sie überhaupt gelebt hatten. Die Unnützen, Futter für die Schwerter derer, die das Tor zur Herrlichkeit bewachten. Das Tor zur Allmacht, zum wahren Licht.
    Plötzlich knirschte und knackte es wie beim Reiben und Brechen von Sand und Stein. Erst sehr leise, dann wurde es lauter, bis sichtbare Risse in der Wand erschienen, durch die vereinzelt helle Lichtstrahlen drangen. Dann aber fielen große Brocken aus der Wand, stürzten zu Boden, und in einem ohrenbetäubenden Getöse brach der
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