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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti
Autoren: Angela Troni
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Geborgenheit vermittelte. Irgendwann wurde ich tatsächlich ruhiger und war in der Lage, nach oben zu gehen. Gianmarco versicherte mir, morgen wieder nach mir zu sehen, und ich klammerte mich an sein Versprechen wie an einen Strohhalm.
    Als ich später in meinem Bett lag und den leuchtenden Stern über mir betrachtete, brach die Verzweiflung erneut über mich herein. Ich hatte mehrfach versucht, Otto zu erreichen, aber sein Telefon war ausgeschaltet. Er war’s nicht. Er hat nichts damit zu tun. Bitte mach, dass er nichts damit zu tun hat, betete ich stumm.
    Der Stern schien auf mich herunter, als wollte er mir sagen: Mach dir keine Sorgen, alles wird gut. Es klang wie blanker Hohn.

17.
    Ich hatte die letzten Nächte kein Auge zugetan und fühlte mich hundeelend. Daher hatte ich mich nach dem Frühstück, bei dem ich nicht einen Keks herunterbekommen hatte, noch mal aufs Bett gelegt. Graziella hatte ich eine SMS geschickt, dass ich leider doch nicht zur Kochschule kommen konnte. Ursprünglich hatte ich den beiden zugesagt, am heutigen Feiertag eine Sonderschicht einzulegen. Zum einen hegte ich die Hoffnung, mich durch die Arbeit etwas ablenken zu können, zum anderen hatten die beiden spontan eine größere Mailingaktion geplant, die bis Ende der Woche abgeschlossen sein musste. Allerdings zog ich es vor, zu Hause zu bleiben, falls die Zwillinge sich doch noch meldeten.
    Die Stöpsel meines MP3 -Players im Ohr, lag ich in T-Shirt und Unterhose mit geschlossenen Augen da, während die Gedanken in meinem Kopf Samba tanzten. Hinter meiner Stirn herrschte ein solches Chaos, dass ich wieder mal am liebsten den Kopf gegen die Wand geschlagen hätte, damit der Schmerz endlich nachließ. Immer und immer wieder, bis ich bewusstlos war.
    Dieselben Fragen und Selbstzweifel quälten mich wie in den vergangenen Tagen. Wo waren die Zwillinge? Sie waren inzwischen ganze dreieinhalb Tage weg. Hatte Otto tatsächlich etwas mit ihrem Verschwinden zu tun? Hätte ich etwas merken müssen? War ich zu vertrauensselig? Besaß ich am Ende keine Menschenkenntnis?
    Wenn ich ehrlich war und in mich hineinhörte, traute ich Otto diese Tat nach wie vor nicht zu. Letztlich gab es ja auch keine Beweise, nur einen Verdacht, wenn auch einen sehr ernstzunehmenden. Wer lief schon im Sommer mit einer Outdoorjacke durch die Gegend? Für meinen Vater war damit klar, dass es sich bei dem jungen Mann, den Gina beschrieben hatte, um Otto handeln musste. Mein Gefühl dagegen sagte mir, dass Otto unschuldig war. Auch wenn Gianmarco in dasselbe Horn blies, auch wenn die Beobachtungen der beiden übereinstimmten, es klang in meinen Ohren total irrsinnig. Nur warum war Otto dann Hals über Kopf davongeradelt, als babbo ihm mit der Polizei gedroht hatte? Durch seine Panikreaktion hatte er den Verdacht erst recht auf sich gelenkt, abgesehen davon, dass mein Vater daraufhin nicht mehr davon abzuhalten gewesen war, Otto anzuzeigen. Überzeugt von der Unschuld meines Freundes, hatte ich mit allen Mitteln versucht, babbo umzustimmen – vergeblich.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr keimten jedoch auch bei mir erste zaghafte Zweifel. Ich hatte seit Tagen kein Lebenszeichen von Otto, wusste nicht, wo er war. Die Polizei bewachte sein Haus, dorthin konnte er also nicht. Seine Sachen waren allerdings noch da. War am Ende doch etwas dran und Otto hatte uns alle – mich vorneweg – über Monate zum Narren gehalten und getäuscht? Nur wozu?
    Wieder einmal kamen mir zia Marisa und ihre Bemerkung vom Flughafen in den Sinn, als sie gesagt hatte, Otto werde Unheil über unsere Familie bringen. Sie musste sich irren. Nein, das konnte, das durfte einfach nicht sein.
    Im nächsten Moment kam die Angst wieder hoch. Wann würden wir endlich Gewissheit haben? Wie lange sollten wir noch mit der Angst leben, dass wir Laura und Paola vielleicht nie mehr wiedersehen würden?
    Meine Eltern waren mit nonna in die Kirche gegangen, der Priester hatte ihnen versprochen, die Zwillinge heute in sein Gebet aufzunehmen. Ich hatte nicht die Kraft gehabt mitzukommen.
    Obwohl es erst zwanzig nach zehn war, rief ich Vale an. Ich wusste, dass sie gestern Abend tanzen gewesen war und sicher noch schlief, aber wozu hat man eine beste Freundin?
    »Cara« , schluchzte ich in den Hörer, da ich die Tränen wieder mal nicht zurückhalten konnte. »Kannst du bitte vorbeikommen? Ich bin total verzweifelt.«
    »Was ist los?«, fragte sie und unterdrückte ein Gähnen. »Gibt es Neuigkeiten
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