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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Autoren: Ian Rankin
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Prolog
    An jenem Morgen saßen sie zu zweit in dem Lieferwagen, dessen Scheinwerfer gegen den Nebel ankämpften, der von der Nordsee landeinwärts zog. Er war dicht und weiß wie Rauch. Gemäß den strengen Anweisungen, die ihnen erteilt worden waren, fuhren sie sehr vorsichtig.
    »Warum müssen wir das überhaupt machen?«, fragte der Fahrer, ein Gähnen unterdrückend. »Was ist mit den beiden anderen?«
    Der Beifahrer war viel größer als sein Begleiter. Obwohl bereits über vierzig, trug er sein Haar lang, in Form eines deutschen Militärhelms geschnitten. Immer wieder zupfte er an den Haaren auf der linken Seite seines Kopfs und strich sie glatt. In diesem Augenblick jedoch hielt er sich mit beiden Händen an seinem Sitz fest. Ihm gefiel nicht, dass der Fahrer so häufig gähnte und dabei jedes Mal die Augen zukniff. Der Beifahrer war kein großer Plauderer, aber vielleicht würde es den Fahrer wach halten, wenn er mit ihm redete.
    »Ist nur vorübergehend«, sagte er. »Außerdem kommt das ja auch nicht jeden Tag vor.«
    »Gott sei Dank.« Der Fahrer schloss wieder die Augen und gähnte. Der Lieferwagen bewegte sich auf den mit Gras bewachsenen Seitenstreifen zu.
    »Soll ich fahren?«, fragte der Beifahrer. Dann lächelte er. »Du könntest ja hinten ein bisschen pennen.«
    »Sehr witzig. Da ist noch so eine Sache, Jimmy, dieser Gestank!«
    »Fleisch fängt halt nach ’ner Weile an zu riechen.«
    »Hast wohl auf alles ’ne Antwort parat, was?«
    »Ja.«
    »Sind wir bald da?«
    »Ich dachte, du kennst den Weg.«
    »Über die Hauptstraßen schon. Aber nicht bei diesem Nebel.«
    »Wenn wir uns dicht an der Küste halten, kann es nicht mehr weit sein.« Der Beifahrer dachte außerdem: Wenn wir uns dicht an der Küste halten, dann brauchen nur zwei Räder über den Seitenstreifen zu rutschen und wir fliegen die Klippe hinunter. Aber nicht nur das beunruhigte ihn. Bisher hatten sie noch nie die Ostküste benutzt, doch an der Westküste wurde jetzt zu sehr aufgepasst. Also war dies eine unerprobte Route, und das machte ihn nervös.
    »Hier ist ein Schild.« Sie bremsten und versuchten, im Nebel was zu erkennen. »Nächste rechts.« Der Mann am Steuer fuhr ruckelnd weiter, blinkte und kam dann an ein niedriges eisernes Tor, an dem ein offenes Vorhängeschloss hing. »Wenn es nun abgeschlossen gewesen wäre?«, fragte er.
    »Ich hab einen Bolzenschneider hinten drin.«
    »Auf alles eine verdammte Antwort.«
    Sie fuhren auf einen kleinen schotterbedeckten Parkplatz. Zwar konnten sie es nicht sehen, doch auf einer Seite standen Tische und Bänke aus Holz, wo sonntags Familien Picknick machten und mit den Mücken kämpften. Der Platz war wegen seiner Aussicht sehr beliebt, eine endlose Weite von Himmel und Meer. Als sie die Türen öffneten, konnten sie das Meer hören und riechen. Über ihnen schrien bereits die Möwen.
    »Muss später sein, als wir gedacht haben, wenn die Vögel schon auf sind.« Sie wappneten sich innerlich, die Hecktür des Lieferwagens zu öffnen, dann taten sie es. Der Gestank war wirklich entsetzlich. Selbst der ansonsten gleichmütige Beifahrer rümpfte die Nase und bemühte sich, nicht zu atmen.
    »Je schneller, desto besser«, sagte er in hastigem Tonfall. Die Leiche steckte in zwei dicken Plastiksäcken, in denen mal Kunstdünger gewesen war. Einen hatte man ihr über die Füße gezogen und einen über den Kopf, so dass sie in der Mitte überlappten. Sie wurden von einem Klebeband und einer Schnur zusammengehalten. In den Säcken befanden sich außerdem einige Hohlblocksteine, die das Ganze schwer und sperrig machten. Die beiden Männer hielten ihre groteske Ladung so tief, dass sie über das nasse Gras schleifte. Ihre Schuhe quatschten bereits vor Nässe, als sie das Schild passierten, das vor der steilen Klippe warnte. Noch schwieriger war es, über den Zaun zu klettern, obwohl der eh schon ziemlich wackelig war.
    »Der könnte noch nicht mal ein dämliches Kind aufhalten«, bemerkte der Fahrer. Er keuchte vor Anstrengung, und die Zunge klebte ihm am Gaumen.
    »Vorsicht«, sagte der Beifahrer. Schlurfend bewegten sie sich in winzigen Schritten vorwärts, bis sie überaus deutlich den Rand der Klippe ausmachen konnten. Dahinter gab es keinen festen Boden mehr, da ging es nur noch senkrecht nach unten in ein aufgewühltes Meer. »Okay.« Ohne lange zu fackeln, warfen sie das Ding ins Leere, heilfroh, es los zu sein. »Gehn wir.«
    »Mann, was riecht die Luft gut.« Der Fahrer griff in seine
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