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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs
Autoren: David Foenkinos
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sie so schön waren.
    Vollkommen friedlich schliefen wir nebeneinander ein.
     
    Am nächsten Tag begannen die Allerheiligenferien. Louise fuhr mit Paul nach Étretat zu ihrem Vater, so, wie sie es fast immer in den Ferien tat. Jeden Abend telefonierten wir. Paul erzählte mir von seinen Abenteuern am Strand, vom Ponyreiten und was für Zeichentrickfilme er gesehen hatte. Ich wollte am Wochenende nachkommen, aber das war immer etwas kompliziert. Die Schulferien waren in meinem Beruf die stressigste Zeit. Außerdem muss ich zugeben, dass ich ganz gern allein in Paris blieb. Ich ging ins Kino, traf mich mit Freunden, trank Bier. Ich kam mir fast wie ein Single vor. Ich schaute den Frauen auf der Straße hinterher, mit einer gewissen Begierde, muss man dazusagen, obwohl ichmich nie wirklich mit dem Gedanken trug, Louise zu betrügen. Nicht weil Treue ein so hoher Wert für mich war, aber es war eben so. Ich mochte es, wenn andere Frauen etwas verschwommen durch meine Phantasie geisterten. Auch wenn sich im Hotel reichlich Gelegenheiten boten; ich hätte problemlos mit irgendeiner Touristin schlafen können. Doch nach ein paar Tagen fing ich an, Louise zu vermissen. Und Paul. Ich hatte das Verlangen, sie wiederzusehen, und erwartete ungeduldig ihre Rückkehr. Ihre Abwesenheit hatte die magische Eigenschaft, meine Liebesenergie wieder aufzuladen. Diesmal sollten die Dinge allerdings anders laufen. An dem Tag, bevor ich die beiden zurückerwartete, rief Louise mich abends an und teilte mir mit, dass sie und Paul nicht nach Paris fahren würden. Ich schwieg, weil ich nicht wirklich verstand, was das heißen sollte. Somit musste meine Frau ihre Gedanken näher ausführen. Und dann sagte sie langsam: «Ich will mich von dir trennen.»

66
Pauls Erinnerungen
    Oft frage ich meinen Sohn, was seine schönste Erinnerung ist. Er zögert: entweder seine Begegnung mit Captain Buzz Lightyear in Disneyland oder das erste Mal Aufbleiben bis nach Mitternacht. Er hatte die ganze Zeit nur in die Nacht hinausgestarrt.Es erschien ihm unglaublich, dass am Abend noch Leute unterwegs waren. Wenn ich ihn frage, was wir an jenem Abend gemacht haben, erinnert er sich an jedes Detail. Er ging spät ins Bett und vollbrachte damit eine echte Heldentat. Als hätte er ein fernes, unbekanntes Land gesehen. Das Mitternachtsland. Bei späteren Malen erlebte er das Gleiche nie wieder mit solcher Intensität. In der Erinnerung nimmt das erste Mal immer eine Vormachtstellung ein.

67
    Am Anfang hielt ich es für eine vorübergehende Laune. Ich dachte, sie wollte einfach nur ein bisschen abschalten, und das war auch verständlich. Sie war dreißig, und sie hatte schon öfters angedeutet, wie unheimlich es ihr war, das Leben als ein vorgefertigtes Gebilde zu betrachten. Ich respektierte ihre Krise und entschied, mich ein paar Tage nicht bei ihr zu melden. Dann merkte ich, dass sie es ernst meinte. Sie wollte sich tatsächlich trennen. Und in Étretat bleiben. Paul hatte sie übrigens bereits in der Schule angemeldet, wo sie früher unterrichtet hatte und wo wir uns kennengelernt hatten. Das waren schrecklich handfeste Neuigkeiten für mich:
    «Was? Du hast Paul in deiner alten Schule angemeldet?»
    «Na ja, er muss doch in die Schule gehen.»
    «Da hättest du mir vorher ruhig Bescheid geben können. Das ist mein Sohn. Da hätten wir vorher mal drüber sprechen können. Das kannst du doch nicht einfach so machen. Du kannst nicht einfach in die Ferien fahren und dann nicht mehr wiederkommen. Und Paul in einer anderen Schule anmelden. Wann sehe ich ihn denn mal wieder? Wie wollen wir das denn machen? Wie denkst du dir das eigentlich?»
    «Es ist doch nicht weit. Das sind zwei Stunden mit dem Auto. Du kannst am Wochenende kommen. Oder ich bring ihn dir. Du kannst ihn sehen, wann du willst, das weißt du doch.»
    «…»
    «…»
    «Hast du einen anderen kennengelernt?»
    «…»
    «Wieso sagst du denn nichts? Hast du nun einen anderen kennengelernt?»
    «Hätt ich nur einen anderen kennengelernt, dann wär das alles leichter …», lautete ihre seltsame Antwort. Dann sagte sie:
    «Ich liebe dich einfach nicht mehr.»
    «Wann ist dir das klar geworden?»
    «Ich weiß nicht. Das hat sich so entwickelt. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das alles überhaupt mit dir zusammenhängt. Aber ich weiß, dass mir das Leben, das wir führen, einfach keinen Spaß macht.»
    Ich bat sie, sich das gut zu überlegen und nicht überstürzt unsere Liebe abzuschreiben. Ich sagte ihr
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