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SOS am Gipfelkreuz

SOS am Gipfelkreuz

Titel: SOS am Gipfelkreuz
Autoren: Ralf Lilienthal
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gegangen! Warte, ich mach die Lampe an.«
    Er fummelte mit zittrigen Händen eine Weile an dem Gerät herum, bis die Felshöhle mit einem Mal schwach ausgeleuchtet wurde. Sie sahen sich gründlich um und waren am Ende ein wenig enttäuscht. Was hatten sie erwartet? Proviant? Wolldecken? Einen Schatz?
    Jeder von ihnen bot den gleichen jammervollen Anblick. Die Haare waren tropfnass, Hemden und Hosen klebten am Körper. Und als Dorian vorsichtig den Schuh von seinem verletzten Fuß zog, wurde nicht nur der dick angeschwollene Knöchel sichtbar, sondern auch eine große Wasserpfütze, die sich in seinem Stiefel gebildet hatte.
    Sie sahen einander an. Und dann geschah etwas Seltsames. Zuerst zuckte es um Dorians Mundwinkel. Anna und Benny schauten verblüfft zu, wie sich allmählich ein schiefes Grinsen auf das Gesicht desJungen stahl, mit dem niemand auch nur im Entferntesten gerechnet hatte. Fast gleichzeitig begannen auch sie zu schmunzeln. Dann lachte Dorian. Zuerst leise, dann laut und immer lauter. Und weil auch Anna und Benny darin einfielen, war die kleine Höhle bald mit einem großen, wilden Gelächter erfüllt. Wäre jetzt jemand draußen vorbeigekommen, es hätte ihn wahrscheinlich gegruselt!
    »Warum lachen wir eigentlich?«
    Es war Anna, die sich nach einer Ewigkeit als Erste wieder gefasst hatte.
    »Weil   … weil ich so eine riesengewaltige Kleinkinderangst gehabt habe. Und weil ich Benny wegen seiner Unwettersorgen ausgelacht habe und weil   … weil ich so verdammt froh bin, in dieser Babyhöhle zu hocken   – nass wie ein Putzlumpen, so kalt wie noch nie in meinem Leben, aber immerhin vor den furchtbar grellen Blitzen und dem grauenvollen Donnern geschützt. Und weil ich am liebsten nach meiner Mama rufen würde   … Bei meiner Oma und meinem Opa hängt ein Spruch an der Wand: ›Lach, wenn’s zum Heulen nicht reicht!‹ Irgendwie so war das jetzt bei mir.«
    »Soll ich euch was sagen?« Benny sah in erwartungsvolle Gesichter.
    »Ich habe nich für fünf Cent weniger Schiss gehabt als du. Ich habe immer nur so cool getan, weil ihr mich so angeschaut habt, als wüsste ich, was zu tun ist.«
    Anna sah erstaunt von einem Jungen zum anderen. Wenn das nicht irgendwie nach Freundschaft klang!
    »Und jetzt?« Dorian sah erneut auf Benny, der sich freute, von ihm um Rat gefragt zu werden.
    »Wir sollten versuchen, unsere Sachen so gut wie möglich auszuwringen. Wahrscheinlich sitzen wir hier noch eine ganze Weile fest, und je weniger Wasser in den Klamotten ist, desto besser«, schlug Benny vor.
    In den nächsten Minuten sah es in der kleinen Höhle so aus wie in einem alten Waschhaus. Jacken, Hemden, Hosen und Socken wurden ausgedrückt oder durch die Luft geschleudert   – Arme, Beine und Haare, so gut es ging, trocken gerubbelt.
    Viel wärmer war ihnen danach allerdings trotzdem nicht, so dass sie unwillkürlich näher zusammenrückten.
    Annas Stimme klang nicht sehr zuversichtlich: »Mir ist so schrecklich kalt. Was machen wir denn jetzt? Einfach nur warten?«
    »Wenn das Gewitter nicht bald aufhört, sehe ich schwarz. Buchstäblich. In spätestens zwei Stunden wird es dunkel. Es macht nicht mehr viel Sinn, wenn du oder ich loslaufen, um Hilfe zu holen. Selbst wenn das GP S-Teil uns die Richtung anzeigt, in der die Hütte liegt, würden wir stundenlang nach dem Weg suchen. Wir können nicht mal ein Signalfeuer machen. Ehrlich gesagt, falls uns hier niemand findet, müssen wir bis morgen früh warten.«
    »Und uns eine ordentliche Lungenentzündung einfangen!«
    Wie zum Beweis fing Anna an, mit den Zähnen zu klappern. Ihre Lippen waren sowieso schon blau vor Kälte.
    Dann schwiegen sie wieder. Was sollten sie auch besprechen. Jeder schien seinen Gedanken nachzuhängen. Das Donnern war leiser geworden, aber das Rauschen des Windes und das Plätschern des Regens war so laut wie zuvor. Je länger sie so dasaßen, desto mehr drängte sich die Kälte in ihre Gedanken.Bald zitterte nicht nur Anna. Auch Dorian und Benny schnatterten um die Wette.
    »Wir müssen uns ablenken«, sagte Dorian irgendwann unvermittelt. »Wenn wir uns nicht beschäftigen, erfrieren wir vom Kopf her.«
    »Dorian hat recht. Was sollen wir machen?« Benny richtete sich auf und alle drei überlegten, wie sie sich die Wartezeit verkürzen konnten.
    »Schere, Stein, Papier?« Anna sah die beiden anderen fragend an und die nickten. Als das langweilig wurde, probierten sie es mit Kopfrechnen und warfen einander immer kompliziertere
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