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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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Kleider schon trocken? Vater wird bald mit seinem Drachen heimkehren.«
    »Diesmal hätte es deiner sein sollen.«
    »Nein, danke. Ich beobachte sie lieber, als sie zu töten. In ihrem Flug ist etwas …, und wenn man ihnen zuhört, Tobin, wie sie brüllen, wenn sie gejagt werden …« Er zuckte mit den Schultern. »Jaja, ich weiß, sie sind ein Ärgernis. Aber die Wüste wird ohne sie ärmer sein.«
    Tobin runzelte die Stirn. Jeder wusste schließlich, dass die Drachen getötet werden mussten. Sie waren mehr als nur ein Ärgernis – sie waren eine Bedrohung. Radzyn hatte in diesem Frühjahr sechs gute Stuten und acht vielversprechende Jährlinge an die Drachen verloren, und auch die Karawanen, die die Wüste durchquerten, waren nie sicher. Seit Jahrhunderten schon trieben Drachenschwingen zerstörerische Winde, die Vieh und Ernte vernichteten, von Gilad zu den VereschBergen.
    »Ich weiß, du bist nicht meiner Meinung«, bemerkte Rohan lächelnd; und er deutete ihre Miene richtig. »Aber du hast auch nie Interesse daran gehabt, sie beim Tanzen zu beobachten oder mehr über sie herauszufinden. Sie sind so schön, Tobin – stolz und stark und frei …«
    »Du bist ein Romantiker«, sagte sie und strich sich das Haar aus der Stirn. »Die Drachen müssen getötet werden, und wir beide wissen das. Chay sagt, wenn sie erst einmal zum Großteil ausgemerzt sind, wird die Natur die restliche Arbeit tun. Es werden nicht mehr genügend Drachen übrig sein, dass sich neue Schwärme bilden können.«
    »Ich hoffe, dass es nie so weit kommen wird.« Er stand auf und prüfte, wie feucht sein Hemd noch war. »Ich glaube, wir tropfen nicht mehr allzu sehr. Wir sollten hineingehen und uns für das Heimkehr-Fest herrichten.«
    »Und die Risse in Chays Haut flicken.« Tobin verzog das Gesicht.
    »Der braucht doch nur ein paar Kratzer, damit du einen Grund hast, ihn anzuschreien. Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der sich den Launen seiner Gemahlin so bereitwillig gestellt hat.«
    »Ich bin von ausgesprochen süßem, sanftem Wesen«, protestierte sie.
    Er nickte, und seine blauen Augen tanzten. »Genau wie der Rest der Familie.«
    Wie aufs Stichwort stürzten die Zwillinge durchs Gartentor und riefen nach ihrer Mutter, damit sie einen Streit schlichtete. Tobin seufzte, Rohan zwinkerte ihr zu, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg, um Ordnung in ihre wilden Nachkommen zu bringen.
    Nachdem Lady Andrade die Ängste ihrer Schwester, die sie zuvor absichtlich erweckt hatte, beschwichtigt hatte, schlug sie vor, Schach zu spielen, um sich die Zeit bis zu Zehavas Rückkehr zu vertreiben. Die beiden Frauen verließen das Sonnenzimmer und begaben sich in das große, private Gemach der Familie, das elegant möbliert, im Augenblick aber vor allem mit Jahnis und Maarkens Spielzeug dekoriert war. Angesichts der Sage, die Festung sei in grauer Vorzeit von Drachen hervorgebracht worden, war Stronghold bemerkenswert zivilisiert, ja, sogar schön. Andrade wusste, dass dies Milars Werk war. Feinste, klare Scheiben zierten die Fenster, die einst mit grobem Rauchglas gefüllt waren. Auf den Böden, die einstmals kahl oder mit abgetretenen Webteppichen bedeckt gewesen waren, prangten jetzt Teppiche, die dick genug waren, um darauf zu schlafen. Überall gab es geschnitztes Holz zu sehen, dessen natürlicher Schimmer von Ölen hervorgehoben wurde, die den Glanz erhielten und das Holz vor der Zerstörung durch das Klima schützten. Es gab Zierat aus Gold, Kristall und Keramik im Überfluss, und die kostbarsten Teile waren in gläsernen Vitrinen ausgestellt. Milar hatte freie Hand mit Zehavas Reichtum, und ständig empfing sie Händler, die eifrig erpicht waren, ihr noch mehr Luxusgüter zu verkaufen; dafür verbreiteten diese Händler Geschichten von der Pracht und Herrlichkeit einer einstmals trostlosen Burg. Gewiss bedeutete es kein Ungemach für Rohans künftige Gemahlin, hier zu leben.
    Andrade war damit beschäftigt, taktvoll gegen ihre Schwester zu verlieren, als Rufe von draußen ihre Aufmerksamkeit vom Spiel ablenkten. »Was bedeutet dieser Lärm?«
    »Zehava ist mit dem Drachen zurück«, antwortete Milar aufgeregt und sprang mit geröteten Wangen und sprühenden Augen auf wie ein junges Mädchen.
    »Er hat kurzen Prozess mit dem Tier gemacht. Ich hatte ihn nicht vor dem Abend erwartet.« Andrade gesellte sich zu ihrer Zwillingsschwester ans Fenster.
    »Wenn er das Ding in den Haupthof zerrt wie beim letzten Mal, dann hängt der Gestank
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