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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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Vergnügen, als er vorwärtsstürzte und sie in seinen Umhang hüllte. Ohne auf ihr Protestgeschrei zu achten, tauchte er sie ganz unzeremoniell in den Pferdetrog. Tobin hustete, spie Wasser und funkelte ihren Bruder wütend an.
    »Heiß wie in einer Bruthöhle heute«, bemerkte er beiläufig und kletterte neben ihr ins Wasser.
    Mit einem wohlgezielten Tritt riss sie ihm die Füße fort. Er brach im kniehohen Wasser zusammen und brüllte seine Empörung hinaus. »Hast du schon mal ’nen ertrunkenen Drachen gesehen?«, erkundigte sie sich honigsüß und wich dann hastig zurück, als er die Hände nach ihr ausstreckte.
    »Du hättest fast einen Prinzen ertränkt!«, grinste er und strich sich das nasse Haar zurück.
    Tobin raffte ihre triefenden Röcke und kletterte aus dem Trog. »Wenn ihr beiden nicht ein ähnliches Schicksal erleiden wollt …«, warnte sie ihre Söhne spielerisch.
    Das war genug der Einladung. Die Kinder hüpften von ihren Ponys und hechteten zum Wasserkampf in den Trog. Fröhlich machte sie mit und half den Knaben, Rohan gründlich einzutauchen. Schließlich machten sich die Knaben – atemlos, klatschnass und siegreich – auf, um ihre Ponies zu versorgen. Rohan richtete sich auf und kletterte aus dem Trog. Er grinste Tobin zu.
    »Ha! Du hast in den letzten Tagen wirklich zu ernst und königlich ausgesehen. Jetzt bist du wieder menschlich.«
    Sie hieb nach seinem nassen, blonden Kopf. »Dummkopf! Komm schon, wir sollten uns im Garten trocknen lassen, wo uns niemand sieht. Mutter zieht uns das Fell über die Ohren, wenn wir auf ihren neuen Teppichen aus Cunaxa Tropfen hinterlassen.«
    Rohan legte freundschaftlich einen Arm um ihre Schultern, als sie über den Hof zum Gartentor hinüberschlenderten. Die Blumen standen in voller Spätfrühlingsblüte, und wieder einmal staunte Tobin über das Wunder, das Rosen in der Wüste blühen ließ. Die Veränderung hatte eingesetzt, als sie ein Kind gewesen war, und inzwischen konnte sie sich kaum noch an eine Zeit erinnern, als Stronghold nicht so edel und gemütlich gewesen war wie jetzt. Der Luxus auf Radzyn war für sie selbstverständlich, doch ihre Seele gehörte noch immer dem Stronghold ihrer Ahnen, und sie freute sich über die Schönheit, die ihre Mutter an diesen Ort gebracht hatte.
    Sie wählte eine Steinbank in der prallen Sonne und breitete ihre Röcke zum Trocknen aus. Rohan öffnete ihre langen schwarzen Zöpfe und half ihr, das Haar mit den Fingern durchzukämmen.
    »Weißt du noch, wie Vater für uns den Drachen gespielt hat?«, wollte er wissen.
    »Und du hast mir immer die bessere Chance bei ihm überlassen«, antwortete sie zärtlich. »Aber er hatte nicht dieses Flair wie du im Spiel mit dem Umhang. Du bist der geborene Schauspieler.«
    »Das will ich hoffen«, erwiderte er ein wenig grimmig.
    »Jahni und Maarken beten dich an«, fuhr Tobin fort und tat so, als hätte sie den Unterton in seiner Bemerkung überhört. »Du wirst einen wundervollen Vater für deine eigenen Söhne abgeben.«
    »Jetzt fang du nicht auch noch an«, murmelte er. »Mutter redet von nichts anderem mehr, das ganze Frühjahr schon. Beim Rialla wird sie irgendeine fruchtbare, langweilige Närrin von Edelfrau für mich finden, mit der ich Kinder zeugen kann.«
    »Niemand wird dich zwingen, ein Mädchen zu heiraten, das du nicht lieben kannst. Du kannst frei wählen.«
    »Ich bin einundzwanzig und habe noch kein einziges Mädchen getroffen, mit dem ich zwei Tage verbringen möchte, geschweige denn mein ganzes Leben. Du und Chay, ihr könnt euch glücklich schätzen, dass ihr euch so jung gefunden habt.«
    »Mit dem Segen der Göttin«, meinte Tobin. »Aber du hast ja auch noch nicht richtig gesucht.«
    »Mutter und Vater beabsichtigen, das für mich zu tun«, seufzte er. »Und das ist das Problem. Mutter sucht nach einer Jungfrau von so hohem Stand, dass sie wahrscheinlich nicht einmal weiß, wie sie sich ohne die Hilfe von drei Zofen ankleiden soll. Und Vater wünscht sich eine Hübsche und Fruchtbare –, sagt, er will hübsche Enkelsöhne.« Rohan lachte reumütig. »Und ich will …«
    »Nun spiel mir gegenüber bloß nicht den Unterwürfigen und Gehorsamen«, erklärte sie ernst. »Ich kenne dich, kleiner Bruder. Wenn du ein bestimmtes Mädchen nicht heiraten willst, dann wirst du es sicher nicht tun, ganz gleich, was Vater und Mutter dazu zu sagen haben.«
    »Aber früher oder später muss ich für das eine oder andere Fräulein den Hengst spielen. Sind deine
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