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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer
Autoren: Melanie Rawn
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Schock erlitten hatten, als sie seine Anwesenheit bemerkten –, und er konnte schlau sein, wenn er nur wollte. Aber Rohan war weder ein Krieger aus eigenem Antrieb, noch bestimmte ihn sein Instinkt zum Händler.
    Chays Aufmerksamkeit wurde wieder auf die Schlacht vor ihm gelenkt, als der Drache die Flügel ausbreitete und sein Schatten den jungen Krieger erreichte. Auf der Thermik schwang er sich nach oben und bellte seine Wut hinaus, ehe er sich mit ausgestreckten Klauen auf Zehava stürzte. Der Prinz berechnete seinen Sprung haargenau und wartete bis zum letzten Augenblick, ehe er sein wütendes Schlachtross herum- und damit aus der Reichweite des Drachen riss. Gleichzeitig hieb er mit dem Schwert einen blutigen Riss in die Schuppenhaut des Drachen. Das Tier schrie schmerzerfüllt auf, und gedämpfter Jubel erhob sich unter den Reitern, als sich die Hinterbeine des Drachen in den weichen Sand senkten und er verzweifelt mit den Flügeln schlug. Zehava zwang sein Reittier schnell herum und hieb direkt hinter dem linken Flügel in die Flanke des Drachen. Die Drachenweibchen in ihren Höhlen heulten auf als Antwort auf den Schmerzensschrei ihres Gefährten.
    Chay fühlte sich jetzt besser. Zehava war noch der Prinz, der er immer gewesen war, geschickt und listig wie eh und je. Der Drache blutete jetzt, und seine Bewegungen und sein Atem wirkten angestrengt. Doch das Feuer in seinen Augen hatte nicht abgenommen, und sobald er wieder auf die Füße kam, wirbelte er herum, Tod in seinem hitzigen Blick.
    Prinzessin Tobin liebte ihre Kinder von ganzem Herzen, fühlte sich aber nicht verpflichtet, ihre ganze Zeit damit zu verbringen, sie zu beaufsichtigen. In der Burg ihres Gemahls gab es genügend Bedienstete, die sicherstellten, dass die Zwillinge Essen, Unterricht und Erziehung erhielten und vor ernstem Unheil bewahrt wurden, während ihre Eltern damit beschäftigt waren, die enormen Ländereien zu führen. Hier auf Stronghold gab es bei dem alljährlichen Besuch noch mehr Diener, die glücklich waren, sich um die jungen Herren kümmern zu dürfen. Als sie also Gelächter vom Haupthof vor ihren Fenstern hörte, vermutete sie, dass die Knaben von einem Diener unterhalten würden. Sie warf einen Blick hinaus und entdeckte Jahni, der rittlings auf einem gescheckten Pony saß. Maarken ritt einen Braunen, und beide Kinder hieben mit Holzschwertern nach einem jungen Mann, der einen karmesinroten Umhang wie Drachenflügel schwenkte. Doch der Spielkamerad der Zwillinge war ganz entschieden keiner der Knechte.
    »Rohan!«, rief sie in den Hof hinunter. »Was zum Teufel treibst du da?«
    »Ein Drache, Mama!«, kreischte Jahni und schwenkte sein Schwert. »Guck mal!«
    Als die Zwillinge sich bemühten, den Erben des Prinzenreichs der Wüste gemeinsam niederzureiten, schüttelte Tobin in liebevoller Verzweiflung den Kopf. Sie entließ den Sekretär und hastete die Treppe hinab, wobei sie vor sich hinmurmelte: »Also ehrlich! Den haben sie vollkommen um den Finger gewickelt! Ein Prinz in seiner Position, der für ein paar Fünfjährige den Drachen spielt!« Aber aus ihrer Stimme klang Zuneigung, und als sie aus der Halle in den Hof eilte, lachte sie, weil Rohan von Maarkens Schwert einen herben Schlag auf den »Flügel« versetzt bekam, mit dem Umhang schlug und dann wie ein sterbender Drache zu Boden sank.
    Seufzend betrachtete Tobin ihren triumphierenden Sprössling, ehe sie sich ihrem Bruder zuwandte. »Jetzt steh auf, und mach dich nicht länger zum Narren«, schalt sie. Mit leuchtenden Augen blinzelte er unter seinem Umhang hervor zu ihr empor. »Und was euch angeht«, sagte sie zu ihren Söhnen, »bringt jetzt die Ponies in den Stall zurück, und kommt erst wieder, wenn ihr dafür gesorgt habt, dass es ihnen gutgeht. Euer Großvater hat sie euch nicht geschenkt, damit ihr sie vernachlässigt.«
    »Ich hab’ den Drachen getötet, Mama, hast du gesehen?«, schwärmte Maarken.
    »Ja, Liebling, ich hab’s gesehen, du bist wirklich ein sehr guter Krieger. Aber jetzt müsst ihr den Drachen entschuldigen. Er will sich ein Weilchen mit mir unterhalten.«
    Der Drache erhob sich und wischte den Staub von seinen Kleidern. »Ich habe gehört, Drachen hätten eine Vorliebe dafür, Prinzessinnen zu verschlingen – je hübscher, desto besser.«
    »Nicht diese Prinzessin«, erklärte Tobin mit fester Stimme, lachte aber gleich wieder, als Rohan mit flatterndem Umhang auf sie zustapfte. »Wag es ja nicht!«
    Die Zwillinge kreischten vor
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