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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote
Autoren: Christian Biesenbach
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verändert. Die Polizeiautos versperrten noch
immer die Einfahrt in die Seitenstraße. Der Surveillant stand an die Motorhaube
gelehnt davor und blinzelte in die Abendsonne. Er hatte Fred Maartens den
Rücken zugewandt und reagierte erst, als dieser unmittelbar hinter ihm stand
und sich überlaut räusperte.
    Erschrocken
zuckte der junge Mann zusammen und wirbelte um die eigene Achse. Er wollte nach
der Dienstwaffe im Holster greifen, aber da hatte ihn Fred längst am Arm
erwischt und sprach eindringlich auf ihn ein.
    „Jungchen,
Jungchen. Ich bin’s, Commissaris Maartens. Erinnerst du dich? Ich war vor ein
paar Minuten schon mal hier, zusammen mit meinem Kollegen, Kees Bloemberg.“
    Der
Surveillant stierte ihn aus großen Augen an. Dann jedoch schien er die Situation
nach und nach zu begreifen. Der Arm entspannte sich etwas in Maartens‘ harter
Hand.
    „Oh
… Äh … Entschuldigen Sie, Commissaris. Ich … Äh … Sie haben mich erschreckt.“
    „Schon
gut, schon gut. Kann ich den Arm jetzt loslassen, ohne Gefahr zu laufen,
erschossen zu werden?“
    Der
Surveillant lief rot an.
    „Äh
… Ja … Natürlich … Ich hätte doch nicht … Nein … Äh … Ich meine … ich wollte
doch nur …“
    „Nur
sichergehen, dass dir keiner zu nahe kommt? Das ist dein gutes Recht, aber am
besten richtest du deine Adleraugen in die Richtung, aus der am
wahrscheinlichsten jemand kommen kann“, sagte er und deutete gleichzeitig auf
die Hauptverkehrsstraße. „Bist wohl noch nicht so lange dabei, was?“
    Fred
ließ den Arm des jungen Mannes los. Der Surveillant schaute betreten zu Boden.
    „Nee,
ist mein erster Tag. Und die …“, murmelte er gegen das Holster klopfend, „ist
nicht mal geladen.“
    Fred,
dem immer noch zu heiß war, lachte schallend auf und wischte sich den Schweiß
von der Stirn.
    „Und
… darf man auch nach deinem Namen fragen?“
    „Äh
… Ronald ... Ronald Rudjard. Surveillant der Rotterdamer Polizei.“
    „Was
du nicht sagst. Nun also, Surveillant Rudjard, ich bin spät dran. Wo finde ich
den Hoofdcommissaris und meinen Kollegen?“
     
    ***
     
    Kees
Bloemberg ließ ein lang gezogenes „Hm“ vernehmen. Es war das dritte Mal, dass
er um Namir Hadoshs sterbliche Überreste herumschritt. Hinter sich vernahm er
Van Houdens Räuspern.
    „Nun,
Inspecteur?“
    Bloemberg
hob einhaltgebietend die Hand und kniete sich vor den Toten.
    „Es
sind, wie Herr Abusif sagte, exakt vierzig Nägel, die man in den Getöteten
getrieben hat. Alle, bis auf den einen in der Schläfe, sind in einer exakten
Linie in gleichmäßigem Abstand durch beide Oberschenkel und quer über den
Brustbereich getrieben worden. Ob das irgendeine Bedeutung hat, kann ich nicht
sagen. Fakt ist, der Tote ist nicht hier gestorben. Er war bereits tot, als man
ihn ins Kühlhaus brachte.“
    Er
sah von der Leiche auf. Der Hauptkommissar wirkte wenig zufrieden mit dieser
Erkenntnis.
    „Und
die Begründung dafür?“, hakte er nach.
    „Das
Gesicht ist völlig zerschlagen, das T-Shirt und die Jeans sind voller Blut. Er
hat zahlreiche Verletzungen am ganzen Körper, aber hier ist kaum Blut auf dem
Boden“, gab Bloemberg trocken Auskunft und schob dann hinterher: „Außerdem hat
man dem Toten etwas in die Hand gedrückt, das unversehrt geblieben ist, bei
Körpertemperatur allerdings jetzt nicht mehr vorhanden wäre.“
    „Und
das ist?“
    „Ein
kleiner Schneeball.“
    „Ein
Schneeball?“, fragte Van Houden. Skepsis trat in seine Miene.
    „Ja.
Unversehrt, nicht im Geringsten angetaut. Seine Hände sind hinter dem Rücken
überkreuz gefesselt. Eine Handfläche ist nach oben gekrümmt, die Finger leicht
geknickt. Etwa so, wie eine halb geschlossene Tulpenblüte. Unwahrscheinlich,
dass er noch am Leben war, als man ihm den in die Handfläche gelegt hat.“
    „Und
weiter?“
    „Es
ist natürlich möglich, dass der oder die Täter hier so lange gewartet haben,
bis er gestorben ist, aber das halte ich für ausgeschlossen. Es sieht in Szene
gesetzt aus. Der Stuhl steht genau in der Mitte des Raumes. Jeder, der durch
die rückwärtige Tür hereinkommt, wird sofort auf ihn aufmerksam, aber vor allem
jeder, der von dort den Raum betritt.“ Kees Bloemberg zeigte auf die Tür, durch der alte Mann vorhin den Kühlraum betreten hatte.
    „Dahinter
liegen mein Büro und Teile der Verwaltung“, antwortete Nasridim Hadosh, ehe der
Inspektor die Frage gestellt hatte. Kees nickte, dachte nach und erhob sich.
    „Ist
das hier der einzige Ort im
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