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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote
Autoren: Christian Biesenbach
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Waffe sinken.
    Cho
verzog keine Miene. Er war der Besitzer des kleinen Restaurants, von dem aus
Rogelio gerade in die Heimat telefoniert hatte und der beste Verbindungsmann,
den das Kartell in den Niederlanden hatte.
    „Deine
Paranoia lässt dich irgendwann noch einmal die eigenen Komplizen abknallen“,
sagte Cho mit dünner Stimme und kam auf ihn zu.
    Er
war ein Kopf kleiner als Rogelio, obgleich der auch nicht größer als 1,75 Meter
maß. Rein körperlich war der Chinese eine sehr bescheidene Erscheinung.
Schmächtig, arm an Muskulatur, blasse Haut, kein Bartwuchs, allerhöchstens
Flaum. Die glatten schwarzen Haare trug er kurz. Ein unauffälliger Zeitgenosse
und doch besaß er etwas, wofür Rogelio ihn manches Mal bewunderte. Einen
messerscharfen Verstand und Geduld.
    „Die
Waffe solltest du lieber nicht so offen rumzeigen, wenn du gleich gehst. Da
draußen sitzen zwei Polizisten. Einige andere sind auch noch ganz in der Nähe.“
    „Puta
madre! Glaubst du, ich weiß das nicht?“, ätzte Rogelio und näherte sich mit
seiner Hakennase dem Gesicht des Asiaten.
    „Ich
weiß nicht. Sag du es mir. Ich fuchtele nicht mit der Knarre im Büro anderer
Leute herum und brülle Dinge durch die Gegend, die nicht für jedermanns Ohren
bestimmt sind“, antwortete Cho tonlos. Er hielt dem eindringlichen Blick des
Mexikaners stand, nur um dann völlig gelassen weiterzureden.
    „Ich
habe die Sachen gewaschen. Eine ganz schöne Sauerei müsst ihr da veranstaltet
haben. Ich verstehe immer noch nicht, wieso ihr es nicht einfach, schnell und
leise durchziehen konntet. Ihr seid einfach zu heißblütig. Das mindert eure
Professionalität. Und dann die Kinderei mit den Nägeln. Lauft doch direkt mit
einem Schild um den Hals durch die Gegend auf dem steht: – Ich war’s - .“
    „Wir
haben ihn nicht …“
    Der
Chinese schüttelte verständnislos den Kopf, schob sich an Rogelio vorbei und
ging hinüber zum Regal.
    „Meine
Sache ist das nicht. Ich mische mich da nicht ein, aber wenn du meine Meinung
dazu hören willst, dann ist das, was da draußen läuft, keine gewöhnliche
Ermittlung. Irgendwas stimmt da nicht.“
    „Wie
meinst du das?“, fragte Rogelio verwirrt.
    „Zu
wenig Polizei“, gab Cho lapidar zurück. „Und jetzt verschwinde endlich.“
    Rogelio
legte die Waffe auf den Schreibtisch und ging zur Tür.
    „Ich
weiß zwar nicht, was du mir damit sagen willst, aber ich hab jetzt keine Zeit.
Die Pistole bleibt hier. Ich bin heute Abend wieder da.“
    „Wie
du meinst“, sagte der Chinese, ohne ihn dabei anzuschauen und suchte in einem
Wust aus Akten, die sich im Regal türmten, nach irgendetwas. Rogelio schüttelte
den Kopf und verließ den Raum.
    Durch
einen kleinen unbeleuchteten Flur, den eine Buddhastatue zierte, gelangte er
ins Restaurant. Abgesehen von den von Cho erwähnten Polizisten, die an der
Theke saßen und sich auf den Fernseher an der Wand konzentrierten, war niemand
hier. Die beiden schenkten Rogelio so wenig Beachtung, wie dieser Zeit mit
ihnen verschwendete. Er eilte durch das Lokal. Mit wenigen Schritten war er beim
Ausgang.
    Bevor
er die Eingangstür öffnen konnte, schwang diese auf. Innerlich zuckte er
zusammen. Eine massige, große Gestalt schob sich herein und versperrte ihm den
Weg. Sie trug eine schwarze Leinenhose und ein weißes Hemd, das an einigen
Stellen - der Schweißflecken wegen - durchsichtig geworden war, sodass es einen
Blick auf die behaarte Brust und die nassen Achseln des Mannes gewährte. Am
Gürtel trug er eine Dienstwaffe und eine Polizeimarke.
    Der
Mann blieb vor ihm stehen und bewegte sich keinen Millimeter mehr. Er musterte
Rogelio streng wie ein Oberlehrer von oben bis unten und konnte sich ein
Kopfschütteln nicht verkneifen. Die Augen wanderten über das schmutzige weiße
T-Shirt, die goldene Kette um den Hals, an der ein kleines Kreuz hing, hinunter
zur abgewetzten Jeans im stonewashed Look, bis sie auf Rogelios alten, grauen
Turnschuhen haften blieben. Rogelio schossen wilde Gedanken durch den Kopf.
    Puta
Madre! Wieso habe ich die Waffe liegen lassen?
    Für
ein paar Sekunden rechnete der Mexikaner mit dem Schlimmsten, dann aber ließ
der Mann mit den Augen von ihm ab und schob sich schnaubend an ihm vorbei.
Während Rogelio der beißende Schweißgestank des Polizisten in die Nase kroch,
hörte er ihn noch laut brummeln.
    „ Afschuwelijk! Heute laufen wohl alle rum wie im Zirkus.“
    Die
Bemerkung war auch oder sogar ausschließlich gegen Rogelio
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