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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote
Autoren: Christian Biesenbach
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stand in einem kleinen Büro
mit Schreibtisch, einem Stuhl und einem unaufgeräumten Buchenholzregal, dessen
Ursprung zweifellos bei einer großen schwedischen Möbelkette lag. In der Ecke
bewegte ein Standventilator die warme Luft. Ein kleines Fenster bot einen
dürftigen Blick auf das Hafenbecken.
    „Immer
mit der Ruhe, Bruderherz! Eins nach dem anderen. Was soll das heißen: Es ist
alles versaut? Quiobole ? Was ist passiert ? “
    Die
Stimme der Frau war schwer zu verstehen. Die Verbindungsqualität war schlecht
und ließ darauf schließen, dass einige Tausend Kilometer zwischen den
Gesprächspartnern lagen. Das minderte den Unmut des Mannes jedoch nicht. Im
Gegenteil:
    „Was
los ist? Die ganze Sache ist schiefgelaufen. Wir haben nichts gefunden! Nada! Und dieser Pinche Bobo , dieser kleine Drecksack, hat nichts mehr
verraten, bevor wir gehen mussten. Wir wissen nicht, wo es ist. Chinga! “
    Seine
Faust schwang durch die Luft und knallte hart auf die Tischplatte. Am anderen
Ende der Welt war ein langes, genervtes Seufzen zu hören.
    „Das
wird Mutter gar nicht freuen, aber im Augenblick hat sie in Veracruz zu tun.
Einige unserer Leute wurden an einer Brücke aufgehängt. Ihr habt also noch ein
wenig Zeit, die Dinge zurechtzurücken. Das Europageschäft ist deine Aufgabe, Güey .
Erledige das!“
    „ Puta
madre ! Was soll ich tun? Der alte Scheißkerl hat sich nicht einschüchtern
lassen. Die Polizei hängt hier überall herum, die werden schnüffeln und Fragen
stellen. Wie soll ich da in Ruhe arbeiten? Meine Aufgabe bestand nur darin,
dafür zu sorgen, dass die Ware beim Kunden ankommt, mit den Details hatte ich
nichts zu tun. Ich weiß nicht, wo es ist.“
    „Rogelio!
Wenn du jetzt den Kopf verlierst und alles kaputt machst, wird es böse für dich
enden. Du hast Margez und Ruben vor Ort. Also überlegt euch was! Und das
nächste Mal, Rogelio, benutzt du gefälligst eine sichere Leitung und nicht die
Festnetzleitung von unserem Kontaktmann in Rotterdam. “
    Es
knackte, dann drang ein lauter Signalton an Rogelios Ohr.
    „ Verijona !“,
brüllte er den schlimmsten aller mexikanischen Flüche in den Hörer, nur um ihn
gleich darauf auf den Tisch zu knallen. Er spürte, wie das Blut heftig an
seiner Schläfe pulsierte.
    Diese
ganze Sache war von vornherein ein Eimer voller Scheiße gewesen. Und es
war klar gewesen, dass er sich die Finger schmutzig machen würde. Jetzt jedoch
drohte er vollends mit dem Kopf in diesem Eimer zu landen, wenn er die
Vorgänge, die unerwartet ins Rollen gekommen waren, nicht schleunigst zu seinen
Gunsten veränderte.
    Wieso
hat dieser verdammte Mistkerl auch die Polizei verständigt ?
    Rogelio
hatte mehr als einmal klar gemacht, was passieren würde, sobald die Bullen auf
der Bildfläche erschienen. Aber alles Drohen war vergeblich geblieben. Jetzt
hatte er den Salat und der Alte würde die Konsequenzen zu tragen haben, dafür
würde Rogelio sorgen. Er wusste nur noch nicht, wie.
    Immer
noch schnaubend ging er zum Fenster und sah hinaus. Eine Handvoll
Touristenschiffe kreuzten in der Hafenanlage. Aus einiger Entfernung waren die
Arbeitsgeräusche des Hochseehafens zu hören.
    Rogelio
hasste Rotterdam. Er hasste die Niederlande und er hasste Europa.
    Es
lag weit entfernt vom geliebten Mexiko, aber er hatte von der Familie den
Auftrag bekommen, ihre Beziehungen hier aufzubauen und diese gegen alles und
jeden zu verteidigen. Bis vor einer Woche hatte das geklappt, dann war er
dahinter gekommen, dass Namir und seine verdammten Komparsen geglaubt hatten,
sie könnten ihn verarschen. Wie viele Leute darin involviert waren, konnte er
nicht abschätzen. Ohnehin hatte diese Rechnung schon jetzt mehr Unbekannte, als
zur Lösung gut - vielleicht sogar nötig - gewesen wären. Rogelio seufzte und
entfernte sich vom Fenster.
    Ja,
Mexico ist weit weg .
    Der
Respekt, den das Kartell in der Heimat einflößte, war Tausende Kilometer
entfernt nur ein laues Lüftchen und kaum noch wahrnehmbar.
    Es
war Rogelios Aufgabe gewesen, dies zu ändern. Vor fünf Jahren hatte man ihn
hergeschickt und nun musste er feststellen, dass er vielleicht versagt hatte.
    Nein,
das werde ich nicht auf mir sitzen lassen …
    Abrupt
wurde er aus den Gedanken gerissen, als sich die Tür langsam öffnete. Hastig
zog der gebürtige Mexikaner eine Handfeuerwaffe, einen silbernen Colt, und
zielte auf den sich verbreiternden Türspalt.
    Jun
Li Cho trat herein und Rogelios plötzliche Anspannung wich.
    Langsam
ließ er die
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