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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote
Autoren: Christian Biesenbach
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Hauptkommissarsgröße vor dem
Herantretenden auf.
    „Das
hier ist ein Tatort. Was haben Sie hier verloren? Wer sind Sie überhaupt?
Können Sie sich ausweisen? Antworten Sie oder ich lasse Sie festnehmen!“
    Der
Mann hob beschwichtigend die großen Hände.
    „Verzeihung.
Herr Hadosh hat mich gebeten, hier alles im Auge zu behalten. Ich bin Karim
Abusif. Ich arbeite für die Familie Hadosh.“
    Kees
Bloemberg beäugte die beiden Männer, die sich nun einen Meter gegenüberstanden,
mit einem unguten Gefühl.
    Es
war ganz und gar nicht gewöhnlich, dass Bekannte oder Verwandte am Tatort
weilten, ehe die Polizei ihre Ermittlungen beendet hatte. Schließlich erhob er
sich vom Boden und ging auf den ungebetenen Gast zu. Er war der leitende
Ermittler. So sehr er immer noch mit der Erkenntnis haderte und kämpfte, aber
das war jetzt sein Tatort. Hier hatte sonst niemand etwas zu sagen oder zu tun,
ohne dass er davon wusste.
    „Ich
bin Inspecteur Kees Bloemberg. Wie lange sind Sie schon hier? Haben Sie
irgendwas angefasst? Worauf sollen Sie hier aufpassen? Hier gibt es nur
Rinderhälften und die Schweinerei da.“
    Bloemberg
deutete auf den Toten.
    Der
Mann legte die Hände zusammen und bemühte sich um eine schlüssige Erklärung.
    „Ich
verstehe Ihre Aufregung, Inspecteur. Wenn ich diese Ermittlungen leiten würde,
würd‘ ich auch nicht dulden, dass die Leute hier einfach herumspazieren, aber
lassen Sie sich von mir versichern, dass ich nichts angefasst habe. Herr Hadosh
hat mich nur dazu gerufen. Es war ihm wichtig, dass sonst niemand mehr
unbemerkt hier hereinkommt, abgesehen von den Polizisten natürlich.“
    „Verdomme!
Das erklärt noch gar nichts. Man hätte auch einfach die Türen verschließen
können. Bei den technischen Sicherheitsvorkehrungen scheinen Sie hier relativ
überflüssig zu sein.“
    „Diese
Türen können nur jene aufhalten, die die Zahlenkombinationen nicht kennen“, gab
Hadoshs Mitarbeiter zu bedenken und ein kaum merkliches Grinsen flüchtete über
seine Lippen.
    „Und
wie kommen Sie darauf, dass irgendwer, der die Kombinationen hier kennt,
Interesse daran hatte, hier irgendetwas nachträglich zu verändern? Der Mann ist
schon tot. In seinem Köper stecken geschätzt fünfzig Schiffsnägel!“
    „Es
sind nur vierzig“, erwiderte Karim trocken. „Jeweils elf in beiden
Oberschenkeln, elf verteilt über den Brustbereich und einer im Kopf …“
    „Also
haben Sie doch hier herumgeschnüffelt!“
    Der
Mann entgegnete darauf nichts, was Bloemberg noch wütender machte.
    Ehe
die Situation weiter eskalierte, schaltete sich eine neue, unbekannte Stimme in
den Disput ein.
    „Beruhigen
Sie sich bitte, Inspecteur. Wir haben uns meinen Sohn gemeinsam angesehen ...
auch wenn es mir das Herz gebrochen hat. Ich habe Karim danach eine Weile
weggeschickt und ihn gerade eben erst wieder hinzugebeten.“
    Kees
fuhr herum. Hinter ihm, in einer Tür am anderen Ende des Kühlraumes, stand ein
tief gebeugter Mann. Er trug einen schwarzgrauen Zweireiher, der ihm
offensichtlich zu weit war. Die lichten, grauen Haarsträhnen hingen ihm
teilweise ins Gesicht. Die Augen waren gerötet und ein tiefer Schatten lag über
seinen schmalen, faltigen Gesichtszügen. Langsamen Schrittes trat er näher
heran. Die braunen Lederschuhe knirschten leise auf dem gefrorenen Fußboden.
Seine Stimme wirkte müde und brüchig. Als er Kees Bloemberg erreicht hatte,
streckte er ihm die Hand zur Begrüßung entgegen. Sie war knochig und kühl.
    „Mein
Name ist Nasridim Hadosh. Karim und ich … wir haben meinen Sohn Namir vor etwa
vier Stunden hier gefunden. Es war mir unumgänglich, ihn genauer anzuschauen.“
    Er
legte eine unfreiwillige Pause ein und schluckte schwer. „Wissen Sie, wie das
ist, wenn das eigene Kind gefoltert und tot vor einem sitzt, mit leeren,
erloschenen Augen? …“
    Weiter
kam er nicht. Die Frage ging in einem Schluchzen unter. Tränen rollten an der
knorrigen Nase entlang und sammelten sich in Hadoshs ergrautem Schnauzbart.
    Kees
Bloemberg verstand die Welt nicht mehr. Das war ein Tatort und hier liefen nahe
und ferne Angehörige einfach hinein und hinaus. Wo waren die Kollegen von der
Spurensicherung? Und hatte der Mann tatsächlich gesagt, dass bereits vier
Stunden seit dem Leichenfund vergangen waren?
    Fragend
blickte Kees zum unbeteiligt herumstehenden Van Houden rüber. Der schien noch
immer nicht darüber hinweggekommen zu sein, dass sich Karim unbemerkt von
seinen sonst so wachsamen Augen am
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