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Sonderauftrag

Sonderauftrag

Titel: Sonderauftrag
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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anderen Sterns. Er schüttelte den Kopf. »Sie fragen, worauf? Sie hat den Weg zum verschwundenen Bernsteinzimmer gefunden! Aber das können Sie als kleiner Provinzbeamter gar nicht verstehen!« Er winkte ab und drehte sich weg.
    Kröger war einen Moment sprachlos und auch Vollert schaute überrascht auf.
    Kröger fasste sich schnell wieder.
    »Wir reden von dem Bernsteinzimmer, welches im Auftrag von Friedrich I. gebaut und dann 1716 an Zar Peter den Großen verschenkt wurde? Das Bernsteinzimmer, welches seit 1945 als verschwunden gilt?«
    »Ja.«
    »Und Ewa wusste, wo es abgeblieben ist?«
    Dr. Neumann nickte. »Die Aufzeichnungen von Schleyersdorfs geben einen ernst zu nehmenden Hinweis.«
    »Das erklären Sie uns mal genauer!«
    Kröger beugte sich leicht über den Tisch und Dr. Neumann drehte sich wieder in seine Richtung. Betont lässig zupfte er einige imaginäre Fusseln von seiner Hose, bevor er sprach.
    »Wir vermuteten relativ schnell, dass von Schleyersdorf einer Spezialeinheit für Kunstraub angehörte. Wahrscheinlich im Sonderkommando Künsberg und nach dessen Auflösung direkt unter dem Kommando des Reichssicherheitshauptamtes. Diese Kommandos hatten die Aufgabe, Kunstwerke und Kunstgüter aus den besetzten Gebieten aufzuspüren, zu katalogisieren und abzutransportieren. Auch das Zerstören von sogenannten unwürdigen Objekten oblag diesen Kommandos. Manches zweigten die Herren auch für sich ab. Ebenso wie die Besatzungsmächte es später in Deutschland taten. Die Kürzel und Zahlen in von Schleyersdorfs Notizbuch lassen darauf schließen. Er hat einiges für sich zurückbehalten.«
    Dr. Neumann machte eine kurze Pause. Kröger forderte ihn auf, weiterzusprechen. Der Historiker fuhr fort: »Was Sie als Schüttelverse abtaten und was wie Hausfrauen­dichtung aussieht, ist der Schlüssel zum Verbleib des Bernsteinzimmers. Die Sonderkommandos mussten in den letzten Kriegswochen Kunstschätze und Kulturgüter aus den bedrohten Gebieten auslagern. Verschiedene Orte wurden gewählt: Keller in Schlössern, Flakbunker, Salzbergwerke, Klöster, ja selbst unterirdische Fabrik­anlagen dienten als Depot. Sie werden sicher davon gehört oder auch einiges im Fernsehen gesehen haben.«
    Als Kröger nickte, sprach er weiter: »Und so ein Depot hat von Schleyersdorf gemeint, als er schrieb: ›Fünf Schwalben flogen abends heim, den Harn des Luchses im Gepäck, sie flogen in das Dunkel rein und schlossen alles weg!‹«
    Er sprach langsam und mit Betonung, als stünde er auf einer Bühne und rezitierte Klassik. »Wenn Sie mich fragen, eine herrliche Versinnbildlichung! Wenn ich Ihnen das mal näherbringen dürfte, da Sie ja Laien sind?«
    Kröger nickte ganz ruhig, doch seine Zornesfalte hatte sich noch vertieft.
    »Mit den fünf Schwalben, die abends heimflogen – damit ist das Objekt ›Schwalbe V‹ gemeint: eine von den Nazis geplante unterirdische Fabrik für künstliches Benzin bei Berga an der Elster in Thüringen. Als ›Harn des Luchses‹ bezeichnete man in der Antike Bernstein, da man annahm, unter Sonneneinwirkung würde der Harn des Luchses zu Stein werden. Der Rest des Spruches erklärt sich von allein. ›Dunkel‹ steht für unter Tage und › wegschließen‹ – damit ist die Zusprengung der Stollen gemeint.« Er lehnte sich triumphierend zurück.
    »Die ›Aktion Grün‹, um was handelte es sich da?«
    Dr. Neumann zuckte mit den Schultern. »Da können wir leider nur spekulieren, meine Herren. Wir nehmen an, es handelte sich um die Evakuierung des Bernsteinzimmers und anderer wertvoller Kunstwerke. Dieser Teil der Funksprüche bleibt noch im Dunkel der Geschichte.«
    Kröger hatte sich die Akte von Schleyersdorfs herangezogen. Er schlug die Seite mit den Funkkladden auf.
    »Dann bringen Sie die Funkkladden bitte mal in einen Kontext zu dem eben Gesagten!«
    »Gern, Herr Kröger. Der erste Funkspruch bezieht sich auf Königsberg. Dorthin wurde das Bernsteinzimmer 1941 verbracht. Die Stadt wurde am 9. April 1945 von den Russen erobert, aber man fand das Bernsteinzimmer nicht mehr vor.
    Die Bezeichnung ›BIII‹ hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet, aber der Eintrag im Notizbuch vom 2.4.45 kann die Lösung sein. Bei ›BIII b‹ handelt es sich wohl um das Objekt ›Gurami‹. Eine unterirdische Flugzeugfabrik bei Böhlscheiben in Thüringen. Es gab noch ein weiteres Werk in Lauenburg, Pommern, deswegen wahrscheinlich das ›b‹. Nach Kriegsende wurden in Böhlscheiben auch Kunstwerke geborgen.
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