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Titel: Sonderauftrag
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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Sonntagabend wieder und Besuch hatte ich keinen.«
    Kröger erwiderte das Lächeln. »Wir kommen darauf noch einmal zurück. Woher haben Sie eigentlich die Kratzer an Armen und Händen?«
    »Nicht vom Rosenschneiden, wie Ihr Kollege meinte, sondern ich verletzte mich beim Unkrautjäten unter meiner Hecke.«
    »Und wann jäteten Sie das Unkraut?«
    »An dem Wochenende, als meine Gattin verreist war.«
    »Löblich, dass Sie sich so um Ihr Grundstück kümmern.«
    Dr. Neumann nickte Kröger wohlwollend zu.
    »Und dass Sie meinen Kollegen umstießen und wegrannten, war auch nur Zufall?«
    »Ein Versehen, Herr Kröger. Ich habe Herrn Vollert nicht erkannt. Ich bitte, das zu entschuldigen. Ich saß da so, in Gedanken versunken, und plötzlich sehe ich jemanden vor mir stehen, groß und bedrohlich und …«
    »Und da suchten Sie Ihr Heil in der Flucht!«
    »Genau, Herr Kröger! Man hört ja in letzter Zeit so viel von Überfällen, da sind mir die Nerven durchgegangen.«
    »Na, dann will ich mal hoffen, dass Ihre Nerven jetzt besser durchhalten!«
    Kröger stellte ein Tonbandgerät auf den Tisch. Dr. Neumann verfolgte zwar jede seiner Bewegungen aufmerksam, tat aber äußerlich völlig desinteressiert.
    Kröger drückte die Abspieltaste und man hörte Wieses Stimme. Je länger das Band lief, umso unruhiger wurde Dr. Neumann. Seine Nervosität steigerte sich, die Hände flatterten und Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Kröger schaltete das Gerät ab.
    »Sie haben jetzt mehrere Minuten unserer kostbaren Zeit vergeudet. Ein Mann Ihrer Intelligenz und Ihres Formats sollte wissen, wann er verloren hat. Ab jetzt keine Lügen mehr.«
    Krögers Stirn wurde von einer tiefen Unmutsfalte durchzogen, doch seine Stimme klang ruhig und bestimmt. Dr. Neumann nickte. Er gab auf.
    »Sie waren an diesem Tag zu Hause?«
    Der Museumsmitarbeiter schüttelte den Kopf. »Zuerst ja, aber am Nachmittag rief mich Ewa an. Es war ihr letzter Tag in Deutschland und sie hatte eine Entdeckung gemacht.«
    »Welche?«
    »Sie hatte den Schlüssel für von Schleyersdorfs Notizen gefunden!«
    »Und dann?«
    »Sie wollte Ihnen das unbedingt sofort mitteilen, sozusagen als ihr Abschiedsgeschenk.«
    »Und das wollten Sie nicht?«
    Leise antwortete Neumann. »Nein! … Ich sah meine Chance, aus diesem provinziellen Museum rauszukommen … Ich bin promovierter Kunsthistoriker und versauere in diesem Haus. Ich will mehr!« Er war immer lauter geworden und Zornesröte breitete sich über seinem Gesicht aus.
    »Sie trafen sich mit Ewa?«
    »Ja. Sie sagte, sie hätte wenig Zeit, und wir verabredeten uns in der Nähe ihres Hotels. Als wir uns trafen, zeigte sie mir ihre Unterlagen. Es waren treffliche Schlussfolgerungen, die meine polnische Kollegin da gezogen hatte. Das Bild war mehr als rund. Ich bat sie, noch nicht damit an die Öffentlichkeit zu gehen, nein, ich beschwor sie geradezu.« Er hatte die Hände wie zum Gebet gefaltet. »Aber sie schüttelte nur immer wieder den Kopf und meinte, die Sache sei zu wichtig, als dass sie weiter ruhen könnte, und für einen Mann wie mich eine Nummer zu groß. Sie schwafelte was von politisch-historischer Verantwortung und dann …«
    »Und dann haben Sie Ewa Bednarek erwürgt und ihre Notizen an sich genommen!«
    »So muss es wohl gewesen sein. Plötzlich lag sie tot vor mir und ich hatte meine Hände um ihren Hals.«
    Kröger hieb mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es klatschte.
    »Sie lügen schon wieder, Herr Dr. Neumann! Laut Obduktionsbericht haben Sie mehrmals die Position Ihrer Hände am Hals verändert. Sie wussten also genau, was Sie taten!«
    Dr. Neumann nahm langsam seine Brille ab und rieb sich die Augen. Genauso langsam setzte er die Sehhilfe dann wieder auf. Als er hochschaute, war sein Blick hasserfüllt.
    »Wissen Sie, was es heißt, jeden Tag in dieses kleine Museum zu gehen, irgendwelche Ausstellungen zu arrangieren mit immer knapper werdenden Budgets – und dann bekommt man die Chance seines Lebens, um in der Fachpresse … pah, was heißt Fachpresse, weltberühmt wäre ich geworden! Doch diese dumme Kuh, die alles hatte, einen Lehrstuhl an der Universität in Krakau, Veröffentlichungen in der Fachpresse, ein tolles Renommee, die sagt zu mir … zu mir, wohlgemerkt«, er tippte sich heftig an die eigene Brust, »ich hätte kein Anrecht darauf, ich …!«
    »Worauf?«, unterbrach Kröger den Wortschwall abrupt.
    »Worauf?« Dr. Neumann schaute Kröger an, als wäre er ein Bewohner eines
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