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Sommersturm

Sommersturm

Titel: Sommersturm
Autoren: Olaf Buettner
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für Geld mit Männern schlafe,
oder?“
    Ich
sagte nichts, glotzte nur in meinen Tee, der goldbraun aussah und aus dem Dampf
aufstieg, der nach einer Menge Rum roch und nicht nur nach einem kleinen
Schuss. Ich schlürfte einen winzigen Schluck, der so heiß war, dass ich mir
fast die Zunge verbrannte. Ich schämte mich für meinen Verdacht, der sich nun
in der Wärme des Tees langsam aufzulösen schien.
    „Aber
die Typen dauernd“, fragte ich, „die lernst du doch im Esmeralda kennen,
oder?“
     „Selten“,
sagte Betty. „Eigentlich fast nie. Nach der Arbeit gehe ich auch schon mal
woanders hin.“
    „Aber
warum sind es so viele ?“
    Betty
blieb ernst, zündete sich eine Zigarette an. Ihre Augen glänzten ein bisschen
von der Flamme des Feuerzeugs.
    „Das
geht dich zwar nichts an“, sagte sie, „aber ...“ Sie dachte kurz nach, sog den
Qualm der Zigarette tief ein und atmete ihn wieder aus. „Es ist mehr ein Spiel.
Ein Spiel, das irgendwann einfach vorbei sein wird wie alle Spiele. Vielleicht
sogar schon sehr bald. Viel Lust zum Weiterspielen hab ich jedenfalls nicht
mehr.“
    Von
den Aufregungen der letzten Stunde war Betty nichts anzumerken, selten hatte
ich sie so ruhig erlebt. Sie wirkte, als ob nichts sie erschüttern könne. In
diesem Moment fand ich sie unglaublich schön. Ihre noch halbnassen Haare lagen
wild durcheinander um ihren Kopf. 
    Ich
fragte mich, was das mit dem womöglichen Ende des Spiels heißen sollte. Die
Worte hatten in mir ein seltsames Gefühl ausgelöst, das ich nicht greifen
konnte.
    Der
Tee war nun etwas abgekühlt und ich nahm einen größeren Schluck. Der Alkohol
stieg mir sofort in den Kopf, es war nicht unangenehm. Betty schenkte sich eine
zweite Tasse ein und geizte erneut nicht mit Rum.
    „Aber
wieso“, wollte ich wissen, „macht dir dieses Spiel solchen Spaß?“
    Ich
war wie besessen von der Idee, diese Sache jetzt augenblicklich verstehen zu
wollen.
    „Jeder
Mensch“, meinte sie hat seine ganz eigene Geschichte. Ich auch. Und in meiner
spielen Männer eine große Rolle.“ Sie drückte ihre Zigarette aus und trank
einen Schluck Tee.
    „Schon
immer?“, fragte ich.
    „Ja“,
sagte sie, „schon immer. Ich hab schon ziemlich früh mitgekriegt, dass die
Jungs auf mich abfuhren. Das war ein ganz gutes Gefühl und hat mir jede Menge
Vorteile gebracht.“ Sie lächelte etwas. „Und als mir dann die ersten
erwachsenen Männer hinterher stiegen“, fuhr sie schließlich fort, „war das auch
spannend. Dumm war nur, dass Kurt, der Verlobte meiner  eigenen Schwester,
einer von diesen Männern war. Aber zuerst gefiel mir  sogar das. Ich fand
seine Komplimente schmeichelhaft. Aber du weißt ja, wie das endete.“
    „Eben
nicht“, sagte ich leise.
    Betty
schenkte auch mir Tee und Rum nach, die gleiche Mischung wie sich selbst.
    „Ich
hab es dir doch selbst erzählt“, sagte sie erstaunt. „Leidest du neuerdings an
Gedächtnisschwund?“
    „Ich
bin mir nicht sicher“, erwiderte ich, „ob du zu Ende erzählt hast.“
    „Natürlich
hab ich“, sagte Betty. „Warum sollte ich nicht?“
    „Weil
vielleicht Luisa deine Tochter ist?“ Irgendwann musste es doch raus, warum also
nicht jetzt? Betty sah nicht halb so überrascht aus, wie ich es erwartet hatte.
Langsam streifte sie die Asche ihrer Zigarette am Rand des Aschenbechers ab.
    „Du
wusstest doch“, sagte sie leise, „dass ich eine Tochter habe, ich ... “
    „Also
doch!“, unterbrach ich sie.
    „Hast
du noch daran gezweifelt“, fragte Betty.
    „Nein“,
sagte ich. „nicht wirklich.“ Ich ging zum Fenster, hinter dem es weiter wie aus
Kübeln goss. Ich tat, als würde ich hinaussehen. Ich hörte, wie Betty aufstand.
Im Spiegelbild der Scheibe sah ich sie langsam auf mich zukommen. Ungefähr
einen Meter hinter mir blieb sie stehen, kam dann aber doch näher und
versuchte, mich in den Arm zu nehmen, wie man einen kleinen Jungen in den Arm
nimmt, der getröstet werden muss. Schroff wehrte ich sie ab und ging zum
Küchenschrank. Ich brauchte Abstand.   
    „Kurt
ist Luisas Vater“, sagte sie schließlich.  „Das steht fest.“
      
    „Er   sah damals gar nicht schlecht aus“, sagte Betty, “auch wenn man sich das
heute kaum noch vorstellen kann. Ein bisschen mit ihm rumzuknutschen fand ich auch
ganz spannend. Und als ich kapierte, dass er mehr von mir wollte, war es
praktisch schon zu spät. Es war ein einmaliger Ausrutscher, aber das weißt du
ja alles schon.“
    Betty
trat wieder ein paar
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