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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln
Autoren: Mary Kay Andrews
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und bekam gerade noch mit, wie Sallie Bayless in der ersten Reihe, zwei Bänke vor ihnen, sich umdrehte und Pokey einen missbilligenden Blick zuwarf. Sallies kastanienbraunes Haar schimmerte im Kerzenlicht. Sie war vierundsechzig, aber hatte immer noch ein waches Gesicht, funkelnde braune Augen und die schlanke Figur einer zwanzig Jahre jüngeren Frau. Angesichts Pokeys verspätetem, ungepflegtem Auftritt kniff sie die Augen zusammen.
    Pokey grinste und winkte ihrer Mutter vorsichtig zu. Sallie drehte sich wieder um, Augen nach vorn, Kinn erhoben. Um den Hals trug sie in einem engen Doppelstrang die Bayless-Perlen.
    Annajane lächelte die ältere Dame zu ihrer Rechten entschuldigend an. Die Frau runzelte die Stirn, aber rutschte dann widerwillig beiseite, um Platz für die Nachzüglerin zu machen.
    Wie immer merkte Pokey Bayless Riggs überhaupt nicht, welches Aufsehen sie erregte. In den letzten fünfunddreißig Jahren hatte sie täglich Aufsehen erregt, und das war heute nicht anders, da ihr Bruder heiratete.
    Pokeys teurer roter Seidenblazer war ihr rechts von der Schulter gerutscht und gab den Blick auf einen BH-Träger im Wildkatzenlook und einen unangemessen tiefen Ausschnitt frei. Der kleine Clayton war inzwischen zwei Jahre alt, aber Pokey kämpfte immer noch mit den Schwangerschaftspfunden. Ein Strassknopf des Blazers war offenbar abgesprungen, und der enge Seidenrock hatte sich irgendwie gedreht, so dass der Reißverschluss jetzt vorne war statt an der Seite. Pokey trug keine Strumpfhose, was an sich schon ein Skandal war, aber dann stellte Annajane fest, dass ihre beste Freundin die von Sallie verordneten langweiligen Seidenpumps auch noch zugunsten von strassbesetzten silbernen Sandalen hatte stehen lassen.
    Ihr dünnes blondes Haar hatte bereits den frischen Schwung verloren, und ihr Lippenstift war verschmiert. Aber Pokeys Augen, ihre unglaublichen kornblumenblauen Augen, blitzten vor Schalk.
    »Zu spät!«, flüsterte Annajane, traute sich aber nicht, ihre beste Freundin anzusehen.
    »Mannomann«, murmelte Pokey. »Das ist echt nicht meine Schuld. Ich hab keine Parklücke gefunden! Der Parkplatz ist dicht, beide Straßenseiten sind zugeparkt. Ich musste den Landrover einen ganzen Block weiter an der Tankstelle stehen lassen und zu Fuß rüberkommen.«
    »Müsstest du nicht eigentlich da vorn bei deiner Mutter und den ganzen anderen Verwandten sitzen?«, fragte Annajane. »Ich meine, du bist schließlich die einzige Schwester des Bräutigams.«
    »Scheiß drauf«, gab Pokey zurück. »Ich weigere mich, mit dieser Frau einen auf beste Freundin zu machen. Mason weiß, dass ich sie nicht mag. Mama auch. Ich stehe zu meiner Überzeugung.«
    »Was sind das überhaupt alles für Leute?«, fragte sie dann mit Blick über die vollen Reihen und spähte angestrengt hinüber zur Seite der Braut. »Doch keine Verwandten, oder? Die arme kleine Celia ist doch ein Waisenkind, sie hat keine anderen Verwandten aufstöbern können als die alte Großtante, die bei Mama übernachtet. Hat Celia einen Bus gemietet, oder was?«
    Annajane zuckte mit den Schultern. »Du bist offenbar der einzige Mensch in Passcoe, der nicht der Meinung ist, dass Celia Wakefield die beste Erfindung seit Toilettenspülungen und Glühbirnen ist.«
    »Komm mir nicht so! Du kannst sie genauso wenig leiden wie ich«, raunte Pokey.
    »Stimmt ja gar nicht«, entgegnete Annajane. »Ich freue mich für die beiden.«
    »Yippie yippie yeah«, sagte Pokey. »Friede, Freude, Eierkuchen. Dir kann es ja egal sein. In weniger als einer Woche packst du deine Umzugskartons, und ab geht es nach Atlanta, in dein schönes neues Leben, ohne einen Blick in den Rückspiegel. Neuer Mann, neue Arbeit, neue Wohnung. Und was ist mit mir? Ich hocke hier in diesem ätzenden Passcoe mit Mama, meinem bösen Bruder Davis, dem guten alten Mason und seiner neuen Frau Cruella de Vil.«
    »Du arme, arme Pokey«, foppte Annajane zurück. »Das reichste Mädchen der Stadt, verheiratet mit dem zweitreichsten Mann.«
    »Drittreichsten«, berichtigte Pokey. »Oder vielleicht viertreichsten. Davis und Mason haben deutlich mehr Geld als Pete.«
    »Apropos, wo ist Pete eigentlich?«, fragte Annajane und reckte den Hals, um nach Pokeys Gatten Ausschau zu halten. Doch sie erblickte nicht den großgewachsenen rothaarigen Pete, sondern ein weiteres verspätetes Pärchen, Bonnie und Matthew Kelsey, die den rechten Gang entlangeilten.
    Bonnie Kelsey erhaschte Annajanes Blick. Ihr gebräuntes
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