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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln
Autoren: Mary Kay Andrews
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würde.«
    Und so begab sich Annajane jeden Sommer brav zu den Verwandten ihrer Mutter in eine überfüllte, feuchte Berghütte an einer unbefestigten Straße, wo die Erwachsenen Karten spielten und Gospel hörten, während die Cousinen und Cousins auf Holzpaletten auf der Veranda schliefen, endlos Cluedo spielten und jammerten, dass kein Fernseher da war.
    In dem Sommer, als Annajane fünfzehn war, verkündete Ruth jedoch wie durch ein Wunder, sie würden nicht in die Berge fahren. Ihre Schwester und ihr Schwager hätten die Hütte verkauft, zögen jetzt nach Florida und nähmen Annajanes Großmutter mit.
    Postwendend rief Annajane Pokey an. »Rat mal!«, sagte sie atemlos. »Es ist endlich Schluss mit den scheiß Bergen! Ich kann den ganzen Sommer tun, was ich will!«
    »Rat mal, was noch!«, gab Pokey zurück. »Daddy hat gesagt, wir können in diesem Sommer in der Firma arbeiten, wenn wir Lust haben. Richtige Arbeit! Mit Namensschild, Bezahlung und allem Pipapo.«
    »Was?!« Annajane kreischte vor Freude. »Unser eigenes Geld? Dann brauch ich nicht mehr Babysitten.«
    An dem Montag nach Ferienanfang stellte sich Annajane am Empfang von Quixie vor, wo Voncile, die Assistentin von Glenn Bayless, überrascht wirkte, sie zu sehen.
    »Mr Bayless hat Arbeit für mich«, sagte Annajane leise. »Hat Pokey gesagt.«
    »Natürlich«, hatte Voncile geantwortet und lächelnd in den Papieren auf ihrem Schreibtisch geblättert. Als Kinder und Jugendliche hatten Annajane und Pokey immer Zugang zu allen Bereichen der Firma gehabt. Voncile schaute Annajane in ihrem adrett gebügelten karierten Kleid an, das Ruth extra für diesen Anlass genäht hatte. »Wo ist denn Miss Pokey?«
    »Ach, ich dachte, sie wäre schon hier«, sagte Annajane und verlor den Mut. Pokey hatte versprochen, sich um Punkt neun Uhr mit ihr in der Firma zu treffen.
    »Hm. Kannst du Schreibmaschine?«
    »Ja, Ma’am«, sagte Annajane stolz. »Fünfundvierzig Wörter pro Minute.«
    »Sehr gut«, lobte Voncile. Sie führte Annajane in ein kleines fensterloses Büro unweit des Empfangs. Ein langer Tisch mit einem Computer darauf und zwei Klappstühle aus Metall standen darin, neben dem Tisch war ein riesiger Postsack. In einer großen Plastikwanne lagen weiße Briefumschläge, in einer kleineren schimmernde Quixie-Gutscheine.
    »So«, sagte Voncile und wies auf den Postsack. »Kennst du unsere ›Quixie-Sommeraktion‹?«
    »Ich glaube nicht«, erwiderte Annajane.
    Voncile griff zu einem gepolsterten Umschlag und riss ihn auf. Fünf rotgrüne Verschlusskappen von Quixie-Flaschen purzelten heraus. Mit einer Hand fegte Voncile sie in den Müll und zog ein Blatt Papier aus dem Umschlag.
    »Der hier«, sagte sie und wedelte mit dem Zettel, »der ist wichtig. Wir haben Quixie-Kunden gebeten, uns fünf Verschlüsse zusammen mit ihrem Namen und ihrer Adresse zu schicken. Dann können sie etwas hiervon gewinnen.« Sie zeigte auf eine Reihe nagelneuer Kühlboxen vor der hinteren Wand. Jede Kühlbox trug das ovale Quixie-Logo mit dem gegen die Flasche gelehnten Quixie-Pixie, eine Art Kobold, der lächelte und schelmisch zwinkerte.
    Annajane zählte zwei Dutzend Kühlboxen.
    »So«, sagte Voncile und reichte Annajane den Zettel. »Du gibst Namen und Adressen in unsere Datenbank ein. In Ordnung?« Sie beugte sich über den Computer, drückte auf verschiedene Tasten und öffnete eine leere Tabelle. »Schreib sie einfach in eine Zeile und springe dann in die nächste, wenn du fertig bist. Das schaffst du doch, oder?«
    »Ja, Ma’am«, sagte Annajane.
    »Wenn du fertig bist«, fuhr Voncile fort, »kommst du in mein Büro und sagst mir Bescheid. Ich drucke die Adressen auf Aufkleber, die kannst du dann auf diese Umschläge kleben.« Sie nahm einen Umschlag aus der Kiste und zeigte ihn Annajane. Das Quixie-Logo prangte oben links in der Ecke. »In jeden Umschlag steckst du einen Gutschein für eine kleine Flasche Quixie, klebst ihn zu und legst ihn in den anderen Postsack. Wie hört sich das an?«
    »Gut«, war alles, was Annajane dazu einfiel.
    »Gut.« Voncile blickte auf die Uhr. »Ich habe jetzt eine Besprechung, aber setz dich einfach hin und fang an. Ich komme später zurück und sehe nach, wie du dich zurechtfindest. In Ordnung?«
    »Ja, Ma’am.« Annajane setzte sich an den Computer, dehnte die Finger und legte los. Anfangs ging es nur langsam voran: Umschläge aufreißen, Adressen herausholen, Verschlüsse zählen. Sie war entsetzt, als sie feststellte, dass in manchen
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