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City of Lost Souls

City of Lost Souls

Titel: City of Lost Souls
Autoren: Cassandra Clare
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PROLOG
    Simon stand schweigend da und starrte wie betäubt auf die Eingangstür seines Elternhauses.
    Er hatte nie ein anderes Zuhause gekannt. An diesen Ort hatten seine Eltern ihn nach seiner Geburt gebracht und hier war er aufgewachsen: in den vier Wänden dieses Reihenhauses in Brooklyn. Im Sommer hatte er im Schatten der Bäume auf der Straße gespielt und im Winter aus einem umfunktionierten Mülltonnendeckel eine Art Schlitten improvisiert. In diesem Haus hatten er und seine Familie nach dem Tod seines Vaters gemeinsam das Schiwa- Sitzen, die sieben Tage der Trauer, verbracht. Hier hatte er Clary zum ersten Mal geküsst.
    Er hätte sich nie träumen lassen, dass diese Haustür für ihn einmal verschlossen sein könnte. Als er seine Mutter das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie ihn als Monster bezeichnet und Gebete gewispert, damit er verschwand. Mithilfe eines Zaubers hatte er sie vergessen lassen, dass er ein Vampir war, ohne genau zu wissen, wie lange die Wirkung anhalten würde. Als er nun in der kalten Herbstluft vor dem Haus stand, wurde ihm klar, dass der Effekt längst verflogen war.
    Die Eingangstür war mit Zeichen übersät: Jemand hatte mit Farbe Davidsterne und das geschweifte Symbol für Chai, Leben, aufgesprüht. Am Türknauf und am Türklopfer hingen Gebetsriemen, und eine Hamsa, die Hand Miriams, verdeckte den Türspion.
    Benommen legte Simon eine Hand auf die metallene Mesusa, die rechts am Türpfosten befestigt war. Er sah, wie Qualm von der Stelle aufstieg, an der seine Haut das geweihte Objekt berührte, aber er spürte nichts. Keinen Schmerz. Nur eine schreckliche Leere, die sich langsam in kalte Wut verwandelte.
    Zornig trat er mit dem Fuß gegen die Tür und hörte das Echo durch den Hausflur dröhnen. »Mom!«, brüllte er. »Mom, ich bin’s!«
    Keine Antwort – nur das metallische Klacken der Türschlösser, die verriegelt wurden. Mit seinem hochempfindlichen Vampirgehör konnte er die Schritte seiner Mutter wahrnehmen, ihre flache Atmung. Aber sie schwieg. Selbst durch das Holz hindurch witterte er den scharfen Geruch von Furcht und Panik. »Mom!« Seine Stimme brach. »Mom, das ist doch lächerlich! Lass mich rein! Ich bin’s, Simon!«
    Die Tür bebte, als hätte seine Mutter dagegengetreten. »Verschwinde!« Ihre Stimme klang heiser, vor Angst verzerrt. »Mörder!«
    »Ich bringe keine Leute um.« Simon lehnte den Kopf gegen die Tür. Er wusste, dass er sie mühelos öffnen konnte, aber wozu? »Das hab ich dir doch schon erklärt. Ich trinke Tier blut.«
    »Du hast meinen Sohn getötet«, stieß seine Mutter auf der anderen Seite der Tür hervor. »Du hast ihn getötet und ihn durch ein Monster ersetzt.«
    »Ich bin dein Sohn … «
    »Du trägst vielleicht sein Gesicht und sprichst mit seiner Stimme, aber du bist nicht mein Sohn! Du bist nicht Simon!« Ihr Ton steigerte sich fast zu einem Kreischen. »Verschwinde von hier, bevor ich dich umbringe, du Monster!«
    »Becky … «, setzte Simon an. Sein Gesicht fühlte sich feucht an, und als er sich mit den Händen über die Wangen fuhr, schimmerten seine Finger rötlich: Seine Tränen waren blutgetränkt. »Was hast du Becky erzählt?«
    »Halte dich ja von deiner Schwester fern.«
    Simon hörte aus dem Inneren des Hauses ein Rumpeln, als wäre irgendetwas zu Boden gestürzt. »Mom«, versuchte er es erneut, doch dieses Mal versagte ihm die Stimme und er brachte nur ein raues Krächzen heraus. Seine Hand hatte begonnen, dumpf zu pochen. »Ich muss es wissen – ist Becky da? Mom, mach die Tür auf. Bitte … «
    »Bleib weg von Becky!« Seine Mutter wich von der Tür zurück; Simon konnte es deutlich hören. Dann ertönte das unverkennbare Quietschen der Küchentür und das Knirschen ihrer Schritte auf dem Linoleumboden, gefolgt vom schleifenden Geräusch einer Schublade, die aufgezogen wurde. Plötzlich sah Simon vor seinem inneren Auge, wie seine Mutter nach einem Messer griff.
    Bevor ich dich umbringe, du Monster.
    Die Vorstellung ließ ihn zurückzucken. Wenn sie versuchte, mit dem Messer auf ihn loszugehen, würde das Kainsmal aufleuchten und seine volle Wirkung entfalten – und es würde seine Mutter vernichten, so wie es Lilith vernichtet hatte.
    Simon ließ seine Hand sinken und wich langsam zurück; er taumelte die Stufen hinunter, über den Gehweg bis zu einem der großen Bäume, deren Kronen die Dächer der Häuser überragten. Dort blieb er reglos stehen und starrte auf die mit Symbolen übersäte und verunstaltete
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