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Sommerkind

Sommerkind

Titel: Sommerkind
Autoren: Diane Chamberlain
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brauchte sie wahrscheinlich
nicht
, wenn du … Wenn ihre Mutter sie in einem Krankenhaus geboren hätte und bereit gewesen wäre, die Verantwortung für sie zu übernehmen, wäre sie vermutlich kerngesund. Aber du warst ja selbst den beiden Mädchen, die du als deine Töchter anerkennst, eine üble Mutter.”
    Ted beugte sich vor. “Daria, du bist ja verrückt. Wenn du ein Hühnchen mit jemandem rupfen …”
    “Beschuldigst du mich etwa gerade, Shellys Mutter zu sein?”, unterbrach Ellen ihren Mann. “Willst du
das
damit sagen?”
    “Ja, das ist genau das, was ich sagen will.”
    “Jetzt bist du wohl völlig übergeschnappt”, ereiferte sich Ellen. “Ich habe nicht das Geringste mit Shellys Entsorgung am Strand zu tun.”
    Daria wollte aufstehen, doch Rory hielt sie am Arm fest. Sie schaute ihn an und hatte wohl seinen flehenden Blick bemerkt, denn sie ließ sich zurück auf ihren Stuhl fallen. Als sie erneut zum Sprechen anhob, war ihre Stimme ruhiger.
    “Ich weiß, das hier ist nicht der richtige Ort für diese Angelegenheit, und es tut mir leid, dass ich es vor allen anderen ausgespuckt habe. Aber es ist die Wahrheit, Ellen, und es wird Zeit, dass du es endlich zugibst. Ich habe damals direkt neben dem Baby deine Muschelkette gefunden. Ich wusste es also schon die ganze Zeit. Ich habe nur nichts gesagt, weil ich dich nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Aber inzwischen sind zweiundzwanzig Jahre vergangen, und du solltest endlich eingestehen, dass Shelly deine Tochter ist.”
    Rory sah zu Grace hinüber. Sie sah ernsthaft krank aus, ihr Gesicht war noch bleicher als sonst. Selbst die goldenen Flammen verliehen ihren Wangen keine Farbe. Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen. Doch Chloe kam ihr zuvor.
    “Ich habe mir an jenem Abend Ellens Kette ausgeliehen.”
    Alle Köpfe drehten sich zu ihr. Da er unmittelbar neben ihr saß, konnte Rory die Entschlossenheit in ihrem Gesicht sehen.
    “Ich habe sie mir ausgeliehen, ohne zu fragen”, sprach sie weiter. “Ich wusste nie, was damit geschehen ist. Ich vermute, ich habe sie verloren, während ich …” Ihre Stimme brach. Sie starrte ins Feuer. Dann sah sie wieder auf. Mit glasigen Augen schaute sie Daria flehend an. “Shelly ist von mir”, gestand sie.
    “
Chloe.”
Ungläubig hauchte Mrs. Wheeler ihren Namen.
    Rorys Gedanken überschlugen sich.
Sean Macy.
Der Priester war viele Jahre lang mit Chloe zusammen gewesen, hatte ihren Eltern sogar bei Shellys Adoption geholfen. Kein Wunder, dass er sich das Leben genommen hatte, als Rory Shellys Herkunft aufdecken wollte. Er legte seine Hand sanft auf Chloes Arm. “Von dir und Sean”, sagte er leise, denn er wollte nicht, dass die anderen es mitbekamen.
    “Nein”, flüsterte sie. Ihr durchbohrender Blick war nur für ihn bestimmt und jagte ihm einen Schauder über den Rücken. “Nicht von Sean.”
    Als Rory begriff, was sie ihm sagen wollte, wurde alles in ihm taub.
    “Chloe”, sagte Daria. “Ich verstehe das nicht.” Und Rory wusste, dass sie noch viel weniger verstand, als sie annahm.
    “Wo ist Shelly?” Die Stimme kam vom Strand, und als Rory sich umdrehte, sah er Andy auf sie zukommen.
    Einen Augenblick lang sagte niemand ein Wort; Chloes Geständnis hatte ihnen allen die Stimme geraubt. “Sie ist drüben bei den Kindern.” Mr. Wheeler zeigte auf das andere Lagerfeuer.
    “Nein, ist sie nicht”, erwiderte Andy. “Von dort komme ich gerade. Sie
war
bei ihnen, aber Zack sagte, sie wäre schwimmen gegangen. Er dachte, sie ist vielleicht hier bei euch aus dem Wasser gekommen.”
    “Schwimmen im Dunkeln?” Daria sprang auf. “Das weiß sie doch besser.”
    Auch Rory stand auf. “Zack!”, rief er und winkte in Richtung der zusammengedrängten Gruppe.
    “Was?”, schrie Zack zurück.
    “Komm her!”
    Zack musste den panischen Unterton in Rorys Stimme bemerkt haben, denn ohne Murren kam er zur Feuerstelle der Erwachsenen gerannt.
    “Wann ist Shelly ins Wasser gegangen?”, wollte Daria wissen.
    “Ich weiß nicht.” Zack zuckte mit den Schultern. “Vielleicht vor fünf, zehn Minuten? Ich dachte, sie wollte sich nur kurz erfrischen und zu euch schwimmen. Sie hat so wirres Zeug geredet.”
    “Was zum Beispiel?”, fragte Daria.
    “Sie hat mir erzählt … Sie sagte, sie will, dass du mit Dad nach Kalifornien gehen kannst und dass sie dir nicht länger Sorgen bereiten will oder so was. Ich war mir nicht sicher, ob du tatsächlich mit dem Gedanken spielst wegzugehen, oder ob
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